Zwischen dem Orient und Europa: Das Alte Testament

Im Seminar für Altes Testament der Goethe-Universität arbeiten zur Zeit drei festangestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen:

Außerdem wird das Team regelmäßig durch Lehrbeauftragte verstärkt.

Gemeinsam sorgen wir dafür, dass das Alte Testament in Lehrveranstaltungen an Studierende aller Studiengänge vermittelt wird. Unter der Rubrik "Lehre" auf dieser homepage haben wir Materialien hinterlegt, die grundlegende Bestandteile unserer Lehre und den darin vermittelten Inhalten sind.

Unsere Forschungen decken ein breites Feld alttestamentlicher Wissenschaft ab.

Das Alte Testament ist der erste Teil der Bibel. Die Schriften des christlichen Alten Testaments sind unter der Bezeichnung Tanak auch die Heilige Schrift des Judentums. Viele Texte aus dem Alten Testament sind außerdem in den Koran eingegangen. Das Alte Testament verbindet damit Judentum, Christentum und Islam, es ist ihre gemeinsame Wurzel.

Die Wissenschaft vom Alten Testament umfasst die Entstehung und Auslegung der alttestamentlichen Schriften und der weiteren Literatur des frühen Judentums in vorchristlicher Zeit. Doch nicht nur die Texte selbst werden untersucht, sondern auch die Welt des Alten Testaments, die den ganzen Alten Orient von Persien bis Äthiopien umfasst. Die Kulturen des Alten Orients haben bei der Entstehung des Alten Testaments Pate gestanden. Im Kontakt mit den Ägyptern, Phöniziern, Assyrern, Babyloniern, Persern, Griechen und Römern hat das Volk Israel sein ganz eigenes, unverwechselbares und faszinierendes Profil entwickelt, das wir in den Schriften des Alten Testaments finden. Im Zuge der Geschichte des Judentums und Christentums ist dieses Profil nach Westen gewandert und Teil des (christlichen) Europas geworden. Nicht nur die Theologie, sondern auch die Literatur, die Kunst, der Film und sogar die Politik haben Impulse aus dem Alten Testament aufgenommen.

Die alttestamentliche Wissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt ist dreifach ausgerichtet: Als theologische Wissenschaft, als historische Wissenschaft und als Kulturwissenschaft.

Theologisch wird das Alte Testament als unverzichtbarer und unaufgebbarer Teil der einen Bibel aus Altem und Neuem Testament bearbeitet, auf dessen Schriften die christliche Theologie fußt. Einen Schwerpunkt der Forschung und Lehre bilden daher Texte und Theologien, die Altes und Neues Testament teilen. Hier stehen Religions- und Theologiegeschichte, Wirkungsgeschichte und hermeneutische Fragen im Zentrum der Arbeit.

Historisch fragt die Wissenschaft vom Alten Testament nach dessen Entstehungsbedingungen. Grundlegend dafür sind die Auslegungsschritte der „historisch-kritischen Methode“, die im Proseminar und den Lehramtsseminaren kennengelernt und in weiterführenden Veranstaltungen vertieft werden. Die Verständigung über den geschichtlichen Ursprung der Texte bietet einen Ausgangspunkt für die vielfältigen Fragen nach ihren heutigen Anwendungsmöglichkeiten.  Zur sachgemäßen Erforschung des Alten Testaments gehört die Kenntnis der alttestamentlichen Sprachen Hebräisch und Aramäisch. Diese werden in den entsprechenden Sprachkursen gelehrt. Herr Dr. Johannes Diehl bietet darüber hinaus auch regelmäßig Kurse in weiteren Sprachen des semitischen Sprachraums sowie die Lektüre außerbiblischer Texte auf Hebräisch an (Inschriften, Briefe). Die sorgfältige Erarbeitung der Sprachgestalt des Alten Testaments ist ein Kennzeichen der alttestamentlichen Arbeit in Frankfurt.

Unter kulturwissenschaftlichem Aspekt verstehen wir das Alte Testament und seine Welt als (vergangene) Kultur mit ihren typischen schriftlichen und nicht-schriftlichen Äußerungsformen: Texte, Bilder, soziale Formationen, Religion usw. Wir versuchen, diese Äußerungsformen zu verstehen und zu beschreiben und vor allem ihre verschiedenen Wanderungsformen zwischen Orient und Europa darzustellen. Im Vordergrund steht dabei die Wahrnehmung, dass das alttestamentliche Israel Teil einer außerordentlich pluralen Welt war, in der unterschiedlichste Sprachen, Religionen, gesellschaftliche und politische Konstellationen in Kontakt miteinander standen. Ein besseres Verständnis dieser Diversität trägt auch zur Wahrnehmung moderner Phänomene der Globalisierung und des Pluralismus bei. In Forschung und Lehre gehört zu diesem Aspekt u.a. die Darstellung der alttestamentlichen Texte als Literatur und die Klärung der Bedingungen ihres Weiterwirkens (Rezeption).