Vom „Seitensprung“ der Elektronen

Neue DFG-Forschergruppe untersucht Übertragung von Energie angeregter Elektronen

Veröffentlicht am: Donnerstag, 03. Mai 2012, 10:05 Uhr (014)

 

1,7 Millionen Euro hat die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Einrichtung einer neuen Forschergruppe in der Physik bewilligt. Ihr Ziel ist die Erforschung eines neuartigen Übertragungsmechanismus für elektronische Energie zwischen Atomen oder Molekülen in einem schwach gebundenen Aggregat. Beispiele wären Edelgasmoleküle oder benachbarte Wassermoleküle in Flüssigkeiten. Der Sprecher der europäischen Kooperation ist Prof. Reinhard Dörner vom Institut für Kernphysik der Goethe-Universität.

Am "Intermolecular or Interatomic Coulombic Decay“ (ICD) sind zwei verschiedene Zentren beteiligt: Am ersten wird ein Elektron in einen angeregten Zustand versetzt. Kehrt es in den Grundzustand zurück, wird die frei werdende elektronische Energie auf das zweite Zentrum übertragen. Dort kommt es dann zur Freisetzung eines schwach gebundenen Hüllenelektrons. Neben dem reinen Verständnis von ICD liegt ein weiterer Schwerpunkt der Forschergruppe darin, mögliche Anwendungen dieses Effekts zu entwickeln und seine Relevanz für bisher nicht vollständig verstandene Prozesse in der Natur auszuleuchten. Einer davon ist die Entstehung sekundärer Elektronen bei der Strahlentherapie von Krebs.

Vorhergesagt wurde der ICD-Mechanismus  1997 von dem theoretischen Chemiker  Lorenz Cederbaum in Heidelberg. 2003 fand Uwe Hergenhahn vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Berlin erste experimentelle Hinweise auf den Effekt. Till Jahnke gelang dann der eindeutige experimentelle Nachweis in seiner Dissertation bei Reinhard Dörner in Frankfurt. Diese Arbeitsgruppen haben sich nun mit weiteren europäischen Institutionen in der DFG-Forschergruppe zusammengeschlossen.  Weitere Partner sind die Universität Hamburg, das Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie (BESSY) in Berlin, die Universität Innsbruck, die Université Pierre et Marie Curie in Paris und das Imperial College in London.