(Im Rahmen der „Kleinen Genderprojekte“ der Goethe Universität Frankfurt)

Bei der Zeitschrift Die Stimme seines Herrn. Zeitschrift für Grammophonkunst handelt es sich um die Hauszeitschrift der Deutschen Grammophon AG, die zunächst von November 1909 bis April 1918 als Werbezeitschrift erschienen ist. Bisher wurde diese musik- und kulturhistorische Text- und Bildquelle ersten Ranges lediglich auf die frühe Repertoirebildung der Tonträger hin untersucht. Darüber hinaus steht eine inhaltliche Erschließung noch aus. Neben dem diskographischen Wert enthält dieses Zeitdokument jedoch eine Fülle auszuwertender Informationen zur Geschichte der Frühzeit der Schallplatte.

Eine genderspezifische Untersuchung drängt sich geradezu auf, denn bereits der Titel der Zeitschrift, der mit dem Schallplattenlabel der Grammophon AG übereinstimmt, ist geschlechtsspezifisch konnotiert. „Die Stimme seines Herrn (His Masters Voice)“ ist bis heute bekannt – besonders in Kombination mit der zugehörigen Bildmarke, die einen Hund (Foxterrier) zeigt, der vor dem Trichter eines Grammophons sitzt und der daraus tönenden Stimme lauscht, wie der seines Herrn. Damit wird die Dominanz des Männlichen (Stimme seines Herrn) mit einem starken Bild der Hierarchisierung verkoppelt („Herr und Hund“; der Hund ist stets dazu bereit, der gebieterischen Stimme des Herrn zu folgen). Religiöse Assoziationen schwingen ebenfalls mit, die Stimme des Herrn kann assoziativ zur „Stimme Gottes“ überhöht werden.

Obgleich die kulturelle Codierung des Grammophons in seiner Frühzeit mit solchen männlichen Autoritätsbildern verbunden ist, zeigt die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, dass Frauen hinsichtlich technischer Innovationen in den Künsten eine große Rolle spielen. Medien-Pionierinnen wie z.B. Maryanne Amacher, Pauline Oliveros, Christina Kubisch und Kirsten Reese setzten in der zweiten Jahrhunderthälfte bis in die Gegenwart Maßstäbe im künstlerischen Umgang mit neuen Techniken.

Aus diesen Sachverhalten ergibt sich die Fragestellung des Projekts "Frau und Technik in der Frühzeit der Phonographie". Die textanalytische Studie untersucht, inwieweit sich in der Zeitschrift Die Stimme seines Herrn Ansätze einer frauenspezifischen Haltung gegenüber Technik bzw. frauenspezifische Medienpraxen belegen lassen. Von besonderem Interesse ist diese Fragestellung auch deshalb, weil es sich bei dem Thema „Frau und Technik“ um einen völlig neuen Diskursstrang innerhalb des künstlerischen Diskurses handelt, der ohne Vorbild ist.

Projektmitarbeiter: Elisabeth Treydte, Florian Mayer
Projektleitung: Prof. Dr. Marion Saxer