(Im Rahmen der "Kleinen Genderprojekte" der Goethe-Universität Frankfurt)

Das Institut für Musikwissenschaft verfügt über ein Rollenarchiv mit ca. 900 Künstler-Rollen der Marke "Ducartist" sowie ein dazugehöriges Reproduktionsklavier "Duca" der Frankfurter Musik-Werke-Fabrik J. D. Philipps & Söhne, die bis 1929 in Frankfurt-Bockenheim ansässig war. Die Firma Philipps war die jüngste der drei namhaften deutschen Firmen, die sich mit der mechanischen Reproduktion von Klaviermusik erfolgreich beschäftigt haben. Sie entwickelte ein eigenes Aufnahmeverfahren und verbesserte die bestehende Abspieltechnologie.

Die Rollen-Sammlung bietet ein ambivalentes Repertoirebild: Eine große Anzahl an Titeln der U-Musik (Operettenmelodien, Schlager, Tänze oder Filmmusik), daneben Standardklavierwerke der Klassik und Romantik (Beethoven-Sonaten, Liszt-Etüden, Chopin-Walzer), ergänzt durch Arrangements von Balletten, Opernarien, Ouvertüren, Liedern und Konzerten.

Unter den Interpreten finden sich solche berühmten Namen wie Alfred Cortot, Ferruccio Busoni, Eugen d’Albert oder Camille Saint-Saëns. Auch regionale Künstler wie der am Frankfurter Konservatorium lehrende Pianist Willy Rehberg haben zwischen 1910 und 1911 Werke für das Duca-Reproduktions-Instrument eingespielt.

Ein Verkaufskatalog aus den Jahren 1911/12 stellt neben männlichen Kollegen eine Anzahl an Pianistinnen vor. Hier beginnt der Forschungsansatz des Projekts "Musen der mechanischen Musik". Untersucht werden Anteil und Einfluss von Pianistinnen im Umfeld industrieller Herstellung und Verbreitung mechanischer Musik. Ausgangspunkt ist die quantitative und qualitative Erschließung der Rollensammlung. Die Auswertung dieses Datenpools ermöglicht Antworten auf Fragen nach einem frauenspezifischen Repertoirebild, nach frauenspezifischer Urteilsästhetik zur neuen Musiktechnologie, nach der Stellung der Künstlerin im beginnenden medial-technisierten Musikbetrieb.

Die Veröffentlichung des Rollenkatalogs in einem eigenen Internetportal sowie erste Repertoirestudien sind ab Oktober 2010 geplant.

Mitarbeiterinnen: Amanda Lischke, Juliane Schöne
Projektleitung: Dr. Kerstin Helfricht