Antragsteller: Prof. Dr. Rüdiger Krause

Förderung: DFG im Rahmen des Schwerpunktprogramms 1171 „Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse - Zur Genese und Entwicklung 'frühkeltischer Fürstensitze' und ihres territorialen Umlandes“ von 2004 bis 2010

Wissenschaftliche Mitarbeiter: Daniela Euler M.A.

Kooperationspartner: Katharina Fuhrmann M.A. (Rechteckhöfe Osterholz), Dr. Astrid Stobbe (Vegetationsgeschichte)


Der Ipf liegt 668 m hoch über der ehemaligen freien Reichsstadt Bopfingen am Westrand des Nördlinger Rieses, das sich im Zentrum Süddeutschlands an der Trennlinie zwischen der Schwäbischen Alb und der Frankenalb befindet. Der kegelstumpfförmige Berg aus härterem Kalkgestein stellt einen sog. Zeugenberg der Schwäbischen Alb dar. Seine Form und die Topographie eigneten sich hervorragend für die Errichtung von Befestigungen. Bereits seit dem Lesefund einer attischen schwarz gefirnisten Scherbe in den 1960er Jahren vermutete man für den Ipf die Zugehörigkeit zum Kreis der sogenannten frühkeltischen Fürstensitze, in seinem direkten Umfeld entdeckte Großgrabhügel bestärkten diese These. In den Jahren 2004 bis 2008 wurden im Rahmen des Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft gezielte archäologische Ausgrabungen auf dem Plateau und der Unterburg des Ipf sowie im Bereich der Rechteckhöfe Zaunäcker und Bugfeld bei Osterholz vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und der Goethe-Universität Frankfurt durchgeführt. Ziel war es, eine chronologische und funktionale Einordnung des Ipf in das Siedlungsgefüge des Nördlinger Rieses während der Bronze- und Eisenzeit vorzunehmen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Genese und Entwicklung des Fürstensitzes im Zusammenhang mit möglichen Zentralisierungsprozessen zu legen.

 

Abb. 1: Der Ipf von Nordosten. Gut erkennbar ist die mehrfache Befestigung durch mächtige Wälle.

(Luftbild Otto Braasch)

 

Die Bebauungsstrukturen auf dem Ipf wurden anhand der in der Magnetik erkennbaren Anomalien sowie der Befunde aus den Grabungsschnitten rekonstruiert. Deutlich sind Unterschiede zwischen der Bebauung der beiden Areale zu erkennen: Für das Plateau haben wir kleine, dicht aneinander gebaute Einheiten rekonstruiert, auf der Unterburg ist die Bebauung großflächiger, es handelt sich um ca. 60 x 60 m große annähernd quadratische Palisadeneinfriedungen ohne nennenswerte Innenbebauung. Darin eingebunden ist eine kleinere quadratische Struktur mit einer Seitenlänge von ca. 22 m mit unbekannter Funktion.

 

Abb. 2: Geomagnetik des Ipf-Plateaus mit Interpretation der Baustrukturen.

(Geomagnetik Harald von der Osten-Woldenburg mit thematischen Ergänzungen)

 

An Funden sind neben großen Mengen typischer Siedlungskeramik vor allem die Fibeln zu erwähnen, die das gesamte Spektrum der späten Hallstattzeit bis zur frühen Latènezeit abdecken. Darunter mehrere zweischleifige Schlangenfibeln des Typs S 5 nach Mansfeld aus einem hallstattzeitlichen Grubenhaus in Schnitt 3 auf der Unterburg sowie eine nur 2,7 cm große Vogelkopffibel der Stufe LT A, die an der Innenseite der äußeren Befestigung in den Kulturschichten gefunden wurde. Zu dem bereits bekannten Lesefund einer attischen Scherbe vom Ipf kamen im Laufe der neuen Grabungen auf dem Gipfelplateau neun weitere griechische Scherben hinzu, die alle von attisch-schwarzfigurigen Gefäßen stammen; darunter sind Fragmente einer Halsamphora, die um 530/520 v. Chr. in Athen hergestellt wurde. Hinzu kommt die Glimmer-gemagerte Scherbe einer Transportamphore von der Unterburg des Ipf.

Abb. 3: Grabungsbefund auf dem Plateau – Schnitt 1.

Aus dem Fels wurden Gräbchen und Pfostenlöcher herausgehauen.

Abb. 4: Die Vorderfront der Pfostenschlitzmauer auf der Außenseite des äußeren Walls (Schnitt 5).

In den Jahren 1907 und 1908 führte der Gymnasialprofessor Friedrich Hertlein aus Heidenheim erste systematische Ausgrabungen auf dem Ipf durch. Ihm verdanken wir ausführliche Beschreibungen und die Skizze der Vorderfront einer Pfostenschlitzmauer, die er in der äußeren Befestigung freigelegt hat und die in der Folge zu Diskussionen um das Alter der äußeren Befestigung führte. Zwischen 2006 und 2008 wurden an dieser Stelle der äußeren Befestigung am Osthang erneute Ausgrabungen durchgeführt. Den Untersuchungen lagen mehrere wichtige Fragestellungen zugrunde, die für die zentralen Fragen des Schwerpunktprogramms hier am Ipf von grundlegender Bedeutung waren. Es war das Ziel, Alter und Konstruktion der äußeren Befestigung zu klären. Im Vordergrund stand dabei die Frage, ob die äußere Befestigung bereits in der späten Bronzezeit oder erst in der älteren Eisenzeit im Rahmen eines Zentralisierungsprozesses und der Herausbildung einer frühkeltischen Elite errichtet wurde. Außerdem sollten Anhaltspunkte zum Alter der Pfostenschlitzmauer gewonnen werden, da sie immer wieder mit einer Befestigung des Ipf in der jüngeren Latènezeit in Verbindung gebracht wurde. In der letzten Grabungskampagne konnte an der Außenseite des Walls die steinverkleidete Vorderfront der Pfostenschlitzmauer erreicht werden, von der drei bis vier Lagen Steine mit einer ca. 30 cm breiten Aussparung für einen Pfosten erhalten waren. Die untersten Steinlagen der Vorderfront wurden im oberen Drittel der Wallanlage freigelegt, woraus geschlossen werden muss, dass sie auf eine bereits vorhandene oder eigens dafür errichtete Anschüttung aufgesetzt wurde. In der Wallschüttung konnten aus den umgelagerten Kulturschichten zahlreiche Funde geborgen werden. Auch wenn die meiste Keramik in die Hallstattzeit datiert, sprechen einige frühlatènezeitliche Scherben, unter anderem ein fast vollständig erhaltenes Schälchen mit einbiegendem Rand, für eine Errichtung der Befestigung am Beginn der Latènezeit. Besonders hervorzuheben ist die bereits erwähnte Vogelkopffibel der Stufe LT A, die an der Innenseite der Befestigung in den Kulturschichten gefunden wurde und einen wichtigen Beleg für eine bis in die frühlatènezeitliche Stufe A reichende Besiedlung des Ipf darstellt.

 

Abb. 5: Rekonstruktion des äußeren Walls mit der Pfostenschlitzmauer.

(Grafik: Gerhard Lanz)

 

Bereits seit den Grabungen Bersus in den Jahren 1911 bis 1929 auf dem Goldberg und seiner Interpretation eines gut erhaltenen Hausgrundrisses als Sitz eines hallstattzeitlichen Burgherrn, bestand die Frage nach dem Verhältnis der beiden nur 4,5 km entfernt gelegenen Höhenburgen Ipf und Goldberg zueinander. Bersu ging 1930 noch von dem Modell aus, dass auf dem topographisch prominenteren Ipf eine „Königsburg“ bestand, zu der eine Reihe kleinerer „Fürstenburgen“ wie auf dem Goldberg zählten. Neue Aktualität erfuhr diese Frage mit der Entdeckung und den Ausgrabungen einer der Großgrabhügel sowie der beiden Rechteckhöfe auf dem Höhenrücken bei Osterholz und schließlich den Ausgrabungen auf dem Ipf selbst. Wir verfügen nun über eine umfassende Datengrundlage, um etwas zur Besiedlungsdauer der einzelnen Plätze und ihres Verhältnisses zueinander sagen zu können. So ist auf dem Ipf anhand der Keramik und der Fibelfunde ein Höhepunkt der Siedlungstätigkeit ab Ha D2 bis zu Latène A auszumachen. Genau in dieser Phase bricht die Besiedlung auf dem Goldberg ab und es kommt dort zu einer Unterbrechung der Besiedlung bis zum Ende der Frühlatènezeit. Ab Ha D2 sehen wir also einen Bedeutungsverlust des Goldbergs, möglicherweise einhergehend mit der Verlagerung des Herrschaftssitzes eines Burgherrn auf den Ipf.

 

Abb. 6: Importkeramik aus Schnitt 2 am Rande des Plateaus: Scherben einer attisch-schwarzfigurigen Halsamphora (Datierung um 520/530 v. Chr.).

 

Literatur:

G. Bersu, Vorgeschichtliche Siedlungen auf dem Goldberg bei Nördlingen. In: Neue Deutsche Ausgrabungen 23/24 (Münster 1930) 130-143.

D. Euler/R. Krause, Besiedlungsstrukturen des frühkeltischen Fürstensitzes auf dem Ipf bei Bopfingen, Ostalbkreis. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 2006 (2007) 71-75.

D. Euler/R. Krause, Prospektionen und Ausgrabungen im Umfeld des frühkeltischen Fürstensitzes auf dem Ipf in Unterriffingen, Stadt Bopfingen, Ostalbkreis. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 2006 (2007) 75-78.

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D. Euler, R. Krause, Der keltische Fürstensitz auf dem Ipf bei Bopfingen, Ostalbkreis. Arch. Ausgr. Baden-Württemberg 2008 (2009) 82-87.

D. Euler/R. Krause, Genèse et développement de la résidence princière sur le mont Ipf près de Bopfingen (Ostalbkreis, Baden-Württemberg) et de son territoire environnant dans le Nördlinger Ries au début de l'époque celtique. In: Akten des 34. Internationalen Kolloquiums der AFEAF vom 13.-16. Mai 2010 in Aschaffenburg. Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte 16 (Bonn 2012) 29-56.

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R. Krause, D. Euler, K. Fuhrmann, Der frühkeltische Fürstensitz auf dem Ipf bei Bopfingen im Nördlinger Ries (Ostalbkreis, Baden-Württemberg). Neue Forschungen zur Burg und deren Siedlungsumfeld. In: D. Krauße (Hrsg.), Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse. Zur Genese und Entwicklung frühkeltischer Fürstensitze und ihres territorialen Umlandes. Kolloquium des DFG-Schwerpunkt­pro­gramms 1171 in Blaubeuren, 9.-11. Oktober 2006 (Stuttgart 2008) 249­279.

R. Krause, A. Stobbe, D. Euler, K. Fuhrmann, Zur Genese und Entwicklung des frühkeltischen "Fürstensitzes" auf dem Ipf und seines territorialen Umlandes. In: D. Krauße (Hrsg.), Publikation des Abschlusskolloquiums des DFG-Schwerpunkt­pro­gramms 1171 in Stuttgart, 12.-15. Oktober 2009 (Stuttgart 2010), 169-207.