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Relationales Denken und (Hebräische) Bibel: Eine komparative Studie zu Dietrich Bonhoeffer und Abraham J. Heschel unter besonderer Berücksichtigung ihrer geistesgeschichtlichen Aktualität

Forschungsprojekt zur Promotion von Philipp Mertens

Das Dissertationsprojekt vergleicht den wohl bekanntesten deutschen Theologen des 20. Jahrhunderts, Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), mit einem der in Amerika bekanntesten jüdischen Religionsphilosophen, Abraham J. Heschel (1907-1945). Obwohl aus unterschiedlichsten religiös-sozio-kulturellen Hintergründen stammend, schlugen beide im Laufe ihres jungen Lebens ähnliche biographische Entwicklungen ein: Angefangen mit intensiven geistesgeschichtlichen Studien an der damaligen Berliner Wilhelms-Universität, brachten Bonhoeffer und Heschel ihre philosophisch-theologischen Studien in ein intensives Gespräch mit ihrer traditionell-religiösen Erziehung. In einer zweiten Phase setzten sie sich intensiv mit der Thematik des Gebets und der Spiritualität auseinander. Beide zeichnen sich zudem durch ein intensives politisch-soziales Engagement aus, das Bonhoeffer in den Widerstand gegen Hitler führte, während Heschel gegen Ende seines Lebens an der Seite Martin Luther Kings an der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung teilnahm und den Vietnam-Krieg anprangerte.

Neben diesen äußeren Ähnlichkeiten finden sich aber auch theologische Affinitäten zwischen Bonhoeffer und Heschel, obwohl der eine Protestant war und der andere seine chassidische Frömmigkeit mit westlicher Philosophie verband. Anhand des sog. “relationales Denkens“ bzw. des Elements der “Relationalität“ soll deshalb in einem ersten Teil der Dissertation die Vergleichbarkeit beider Denker dargelegt werden. Diese Betrachtungsweise ist sowohl für Bonhoeffer als auch für Heschel bezeichnend: An die Stelle der Substanz (Ontologie) tritt die Relation/Beziehung bzw. das Verhältnis zum Untersuchungsgegenstand. Im Zuge seiner Christologie-Vorlesung etwa negiert Bonhoeffer die Wie-Frage bzgl. Christus, die in der Alten Kirche ihren Höhepunkt in der sog. “Zwei-Naturen-Lehre“ fand (d.h. die Frage nach einer möglichen substantiellen Einheit zwischen Gott und Mensch in einer Person), während er vielmehr die Wer-Frage in den Fokus rückt (“Wer bist Du?“), die der Betrachtende selbst nie allein beantworten könne. Unter relationaler Perspektive tritt außerdem mehr und mehr die grundlegende Bedeutung der Hebräischen Bibel im Leben und Denken der beiden Theologen zutage, sodass ein Vergleich unter diesen beiden Aspekten naheliegt.

In einem zweiten Teil der Dissertation soll das wissenschaftliche Ergebnis des ersten Teils für den gegenwärtigen christlich-jüdischen Dialog fruchtbar gemacht werden, der besonderes Augenmerk auf die Hebräische Bibel unter relationaler Perspektive richtet.