Dr. Jörg Bong

Dr. Jörg Bong wurde 1966 in Bad Godesberg geboren. Er studierte Germanistik, Philosophie, Geschichte und Psychologie in Bonn und Frankfurt am Main. Er promovierte über texttheoretische Fragen der Spätaufklärung und Frühromantik. Zwischen 1992 und 1995 betreute er die "Frankfurter Poetik Vorlesungen" 1997 wechselte er zum Frankfurter S. fischer Verlag, wo er seit 2002 als Programmgeschäftsführer tätig ist.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?
Die Studienzeit war für mein Leben von sehr großer Bedeutung. Mein Beruf wie viele andere Dinge, viele bis heute andauernde Freundschaften und persönliche Beziehungen gehen darauf zurück. Ein beträchtlicher Teil des Lektorates des Fischer Verlags kommt zum Beispiel von der Frankfurter Uni. Über meine ehemalige Dozentin Silvia Bovenschen bin ich überhaupt erst in den Verlag gekommen. Jetzt ist sie auch Autorin bei uns.

Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
Weniger ein einzelnes Ereignis als eine einzigartige Situation: Das große Glück, die große Freiheit, den eigenen intellektuellen Interessen, Leidenschaften und auch Spleens nachgehen zu können, im ganz eigenen Rhythmus. Ganz der Neugier folgen zu können, ohne jedwede "instrumentellen" Aspekte.

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?
Ich hatte immer Probleme mit dem Begriff "Freizeit". Lesen sicherlich. Die unterschiedlichsten Sachen. Aber das war eben auch der Kern des Studiums.

Wo trafen Sie sich mit Ihren KommilitonInnen außerhalb der Universitäts-Veranstaltungen?
Meistens bei einem von uns zu Hause; damals existierten diverse private „Arbeitsgruppen“. Man nahm sich ein umfassendes Werk vor, Die Phänomenologie des Geistes zum Beispiel, und traf sich über ein halbes Jahr regelmäßig mit Freunden zum Lesen und Diskutieren.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war - mit wem lebten Sie zusammen?
Ich bin, glaube ich, sieben, acht Male während meiner Frankfurter Studienjahre umgezogen und habe so fast in jeder Gegend Frankfurts einmal gewohnt, manchmal nur wenige Monate; die Wohnungsnot in der Stadt war schlimm damals, alles sehr teuer, in Ein-, und dann später in Zwei-Zimmerwohnungen.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?
„Erfolg“ im weiteren Sinne verstanden: In die Arbeitskreise von Professor Nobert Altenhofer und dann von Professor Volker Bohn aufgenommen worden zu sein, mit Silvia Bovenschen zusammen als wissenschaftlicher Mitarbeiter Seminare gegeben haben zu können; die Dissertation; bei S. Fischer das Programm leiten zu dürfen seit fünf Jahren.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?
Hochschullehrer: mit ganzem Herzen Lehrende sein zu wollen, die Studenten zu fördern und zu fordern. Mich haben die Einstellungen von den gerade genannten Professoren zutiefst beeindruckt und geprägt.

Studierende: Neugier, Neugier, Neugier. Dann Eigenständigkeit, Enthusiasmus, Engagement.

Was würden Sie heutigen Studierenden raten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Sie sollten sich radikal fragen, wofür sie sich am meisten begeistern, was ihre größten Leidenschaften sind – welche Materie, welches Fach, welcher Beruf Ihnen die größte Lust bereiten würde. Da und nur da werden Sie so gut werden, um wirklich "Erfolg" zu haben (den man, auch das ist eine eigene Verantwortung, selber definieren muss).

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Mein Wunsch: Kleine Kreise, direkte Kommunikation, ganz den Gegenständen verpflichtet, hohe Intensität, größte Freiheit und Unabhängigkeit, weil es um die Sache geht. Mehr Lehrende. Dass das Studium grundlegend unabhängig vom sozialen und materiellen Niveau der Herkunft funktioniert (wie es zur Zeit aussieht, ist ein großer gesellschaftlicher Skandal). Nicht nur „kulturell“ und „intellektuell“, auch gesamtökonomisch gesehen, ist die Investition in Bildung, in die Universitäten für unsere Gesellschaft von vitaler Bedeutung. Unbegreiflich, dass nicht politisch längst ganz anders gehandelt wird. Wir bringen uns um unsere Zukunft.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
Evolutionsbiologe, ich kenne keine spannendere, universellere Wissenschaft: die reale Geschichte von uns Menschen – und allem Leben.

Wie lautet heute ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
„Immer selber nachdenken!“ (Immanuel Kant)