Eugen Eckert

Ursprünglich hatte Eugen Eckert vor, nach dem Abitur und Grundwehrdienst Medizin zu studieren. Er musste jedoch auf einen Studienplatz warten und nahm daher, in der Hoffnung auf einen Quereinstieg, das Studium der Physik auf. 1976 wechselte er in die Slawistik, drei Jahre später fand er schließlich seine Berufung in der Evangelischen Theologie. Nach dem Vikariat in der Frankfurter Dreifaltigkeitsgemeinde wurde er 1990 Gemeindepfarrer in Offenbach-Lauterborn. Seit 1996 ist Eugen Eckert Studierendenpfarrer an der Goethe- Universität und seit 2007 mit halber Stelle Stadionpfarrer in der Commerzbank-Arena in Frankfurt.

Eckert ist seit vier Jahrzehnten Musiker in der kirchlichen Pop- und Rockgruppe HABAKUK. Er schrieb sechs Oratorien, zahlreiche Singspiele und Kantaten, hat 25 CDs herausgegeben und viele seiner mehr als 1.000 Lieder sind konfessionsübergreifend in den Gesangbüchern aller deutschsprachigen Kirchen zu finden. Der evangelische Geistliche ist verheiratet und hat einen knapp sechsjährigen Sohn.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?
Die Studienzeit habe ich als Lehr- und Wanderjahre empfunden, die bisweilen unglaublich schön und bisweilen extrem hart waren. Meine Eltern kamen als ungarndeutsche Flüchtlinge in die Bundesrepublik. Mein Vater, ein gelernter Porzellanmaler, fand in den Nachkriegsjahren lediglich eine Anstellung als Montagearbeiter. Meine Mutter verdiente zusätzliches Geld als Putzfrau. Das reichte, um meine beiden Schwestern und mich großzuziehen – aber nicht für ein Hochschulstudium. Insofern musste ich mein gesamtes Studium selbst finanzieren durch Nachtwachen in der Frankfurter Universitätsklinik und als Sozialarbeiter in einem kirchlichen Wohnheim für Mädchen aus zerrütteten familiären Verhältnissen.

Welche Ereignisse Ihrer Studienzeit sind Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
Als ich in den Jahren 1974 – 76 noch im FB Physik eingeschrieben war, begeisterte mich in der anorganischen Chemie Prof. Roesky mit spektakulären Faschingsvorlesungen und seiner Fähigkeit, Wissenschaft und Humor in eine lachexplosive Verbindung bringen zu können. Nach meinem Wechsel in die Slawistik bewegte es mich sehr, über den Polnisch-Unterricht hinaus durch private Begegnungen mit PD Piotr Roguski und seiner Frau Elzbieta aus erster Hand am schwierigen Leben in Polen unter dem Kriegsrecht Anteil nehmen zu können. Bis 1990 habe ich regelmäßig für die „Aktion Sühnezeichen“ Gruppenfahrten nach Polen geleitet, die immer auch mit Arbeitseinsätzen im ehemaligen KZ Auschwitz verbunden waren. Mit meinem letzten Studienfachwechsel an den FB Evangelische Theologie lernte ich Willy Schottroff, den viel zu früh verstorbenen Professor für Alttestamentliche Theologie, in besonderer Weise zu schätzen. Legendär waren seine Vorlesungen, in denen er die Geschichten der Hebräischen Bibel im Soloauftritt inszenierte. In der Geschichte vom Sündenfall etwa spielte er Adam und Eva und Gott zugleich.

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?
Da ich 1975 mit einigen Freunden aus der kirchlichen Jugendarbeit die Band HABAKUK gründete, wurde das Schreiben von Liedern, das Proben und öffentliche Auftreten zu meiner liebsten Freizeitbeschäftigung. Mit dieser Band habe ich seit Berlin 1977 bei jedem Deutschen Evangelischen Kirchentag und bei zahlreichen Katholikentagen mitgewirkt. Wir waren von Anfang an bundesweit tätig und haben inzwischen 18 CDs.

Wo trafen Sie sich mit Ihren KommilitonInnen außerhalb der Universitäts-Veranstaltungen?
Wir trafen uns bei Festen und Feiern, in den Räumen meiner Frankfurter Kirchengemeinde, in der ich die Jugendarbeit verantwortlich leitete, im Schwimmbad oder auf dem Tennisplatz.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war – mit wem lebten Sie zusammen?
Da ich bei meinen Eltern unter sehr beengten räumlichen Verhältnissen wohnte, trieb mich sehr früh die Sehnsucht nach einer eigenen Wohnung um. Mit 18 wurde ich zum Grundwehrdienst eingezogen (damals 18 Monate). Danach habe ich durch Freunde eine 2-Zimmer-Wohnung im 4. Stock eines Altbaus im Nordend vermittelt bekommen und fühlte mich von da an wie ein König.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?
Mein erster, mich fast umwerfender Erfolg war das Bestehen der Hebräisch-Prüfung im ersten Anlauf. Ich hatte Schlimmes befürchtet – aber es trat nicht ein. Grundlegende Voraussetzung für meinen beruflichen Werdegang war das Bestehen des ersten (1987) und zweiten (1989) theologischen Examens. Mit besonderem Stolz allerdings erfüllt mich, dass ich 2007 den berufsbegleitenden Studiengang „Management in Social Organisations“ an der Evangelischen Fachhochschule in Darmstadt als Magister Artium abgeschlossen habe.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?
Hochschullehrer sollten, über ihre Fachkompetenz hinaus, ständig an ihren pädagogischen Fähigkeiten arbeiten und daneben Sympathie und Verständnis für die ihnen anvertrauten Studierenden mitbringen. Der Druck, der mit der Studienreform einhergeht, hat den Druck auf Studierende deutlich erhöht. Studierende sollten, allem Lerndruck zum Trotz, ihre sozialen Ressourcen nicht vernachlässigen und die Studienzeit auch nutzen für Begegnung, Austausch und manches schöne Fest.

Was würden Sie heutigen Studierenden raten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Ich rate allen, die mich fragen, das zu studieren, was sie wirklich interessiert. Das Berufsleben ist einem rasanten Wandel unterzogen. Kaum ein Studiengang beinhaltet die Garantie, am Ende des Studiums im gewünschten Feld arbeiten zu können. Umschulungen und berufliche Zusatzqualifikationen werden (fast) überall angeboten und verlangt. Zugleich bietet der demographische Effekt eine hohe Wahrscheinlichkeit, in Zukunft wieder leichter zwischen Berufen wählen zu können. Dafür ist fast jeder Studienabschluss eine gute Voraussetzung.

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Gelassener, wieder mit mehr Zeit für das Ausprobieren, Experimentieren und sich Engagieren. Als Ziel wird Persönlichkeitsbildung genauso wichtig wie der Erwerb von Fachkompetenz.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
Ich wäre am liebsten Arzt, Musiker und Theologe geworden, wie mein Vorbild: Albert Schweitzer. Immerhin – zwei von drei Berufsfeldern kann ich ausüben.

Wie lautet heute ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
Halte deine Träume fest – lerne, sie zu leben.