Mike Josef

Als Mike Josef als kleiner Junge mit seiner Familie aus Syrien flüchtete, ahnte bestimmt niemand aus seinem Verwandtenkreis, dass er es so weit bringen würde.

Er ist ein junger erfolgreicher Politiker und ein engagiertes Mitglied des Hochschulrates der Goethe-Universität, der anfangs eine Karriere als Fachkraft für Lagerwirtschaft beginnen wollte. Doch nach dem Fehlstart ins Berufsleben war Mike Josef mutig genug, neue Wege auszuprobieren: Er erwarb seine Fachhochschulreife im Bereich Wirtschaft und Verwaltung und leistete seinen Zivildienst beim Deutschen Roten Kreuz in Ulm. Nach dem Vordiplom im Fach Sozialarbeit an der Fachhochschule Frankfurt folgte das Studium der Politikwissenschaft an der Goethe-Universität und das Engagement im Bundesvorstand der JUSO-Hochschulgruppe und des AStA. Während dieser Zeit war er auch mehrfach als Werkstudent im Bundesumweltministerium tätig. Die Klage gegen die Einführung der Studiengebühren in Hessen beim Verfassungsgericht ging auch auf seine Initiative zurück. Seit 2011 ist der gebürtige Syrer Mitglied des Stadtparlaments von Frankfurt und Gewerkschaftssekretär. Im März 2013 wurde er mit 94 Prozent der Stimmen der mehr als 300 Delegierten zum Vorsitzenden der Frankfurter SPD gewählt. Seine Ziel es jetzt, dass seine Partei nach der Kommunalwahl 2016 wieder Regierungsverantwortung übernimmt.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?

Meine Studienzeit hat mich in zweierlei Hinsicht geprägt: Zum einen in meiner persönlichen Entwicklung und Entfaltung. Das Studium und den Lebensalltag selbst- und eigenständig zu bewerkstelligen, eine neue Stadt wie Frankfurt mit all ihren Facetten kennenzulernen war ein menschlicher Reifeprozess.
Zum anderen ermöglichte mir das Studium, auch durch meine hochschulpolitischen Aktivitäten in der Juso-Hochschulgruppe und im AStA, Einblicke in Abläufe und Zugänge zu Menschen und Institutionen, die mich in meiner Entscheidung, politisch aktiv zu werden, bestärkten und mir die Grundlage für meinen politischen und beruflichen Werdegang verschafften.

Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Ich durfte als eine von drei Vertrauenspersonen die Verfassungsklage der hessischen Bevölkerung gegen das Studienbeitragsgesetz beim Hessischen Staatsgerichtshof einbringen. Über 70.000 Klageformulare konnten wir dem Staatsgerichtshof übergeben – die benötigte Zahl von 43.308 Unterschriften wurde damit bei weitem übertroffen.
Die Abschaffung der Studiengebühren war schlussendlich ein großer Erfolg.

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?

Am Wochenende die Spiele der Eintracht zu verfolgen. Das hat sich im Übrigen nicht geändert.

Wo trafen Sie sich mit Ihren KommilitonInnen außerhalb der Universitätsveranstaltungen?

Im Café Albatros in Bockenheim, wo wir uns zu Gesprächen oder einfach zum Entspannen trafen. Auch die WGs von KommilitonInnen waren oftmals Rückzugsort. Mit der Zunahme meiner politischen Aktivitäten wurde der Club Voltaire Anziehungspunkt für thematische Veranstaltungen und inhaltlichen Austausch.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war – mit wem lebten Sie zusammen?

In einer WG im Frankfurter Ostend, direkt gegenüber der Großmarkthalle bzw. dem Neubau der Europäischen Zentralbank. Mein Mitbewohner und ich stammten beide aus Ulm und gingen dort zusammen zur Schule. Wir hatten uns in Ulm gegenseitig davon überzeugt, das Studium in Frankfurt aufzunehmen.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?

Meine Diplomarbeit und der damit verbundene Abschluss als Diplompolitologe.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?

Die Begeisterungsfähigkeit als Hochschullehrer für Forschung und Lehre zugleich. Die Begeisterungsfähigkeit als Studierender, über den Tellerrand des Erlernten hinauszuschauen.

Welche Bedeutung haben Alumni für die Universität, was können Alumni für die Universität tun?
Sie können mit ihrem Know-how und Erfahrungsschatz eine Vorreiterrolle als Brückenbauer zwischen Hochschule und Gesellschaft einnehmen und auf verschiedenste Art und Weise als Türöffner und Ratgeber für die Studierenden fungieren.

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Als öffentlich-gesellschaftliche Einrichtung, die Forschung, Lehre und wissenschaftliche Weiterbildung als eine einheitliche Aufgabe betrachtet. Sie gibt Impulse und öffnet Perspektiven für gesellschaftliche Herausforderungen. Sie gewährleistet die soziale Öffnung und erhöht die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung. Die Wissenschaftsfreiheit und der Zugang zur Hochschule sind durch die öffentliche Finanzierung garantiert.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
Ich hatte mich nach meiner Mittleren Reife erfolglos als Fachkraft für Lagerwirtschaft beworben. Ernsthaft, so überraschend kann es im Leben verlaufen. Danach entschied ich mich für die Fachoberschule und machte meine Fachhochschulreife. Über diese Fügung und das, was ich heute machen darf, bin ich sehr glücklich.

Wie lautet heute Ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
Den eigenen Weg zu finden und ihn im Bewusstsein zu gehen, dass man es nicht jedem recht machen kann.

(Stand: 07.09.2014)