Die Pflegestärkungsgesetze der Bundesregierung von 2014-2017

Die Pflegestärkungsgesetze der Bundesregierung von 2014-2017

Im Jahr 2014 und 2015 verabschiedete die Bundesregierung die Pflegestärkungsgesetze.

Diese stärken die Pflege in verschiedenen Perspektiven: u.a.

  • die der Pflegebedürftigen
  • die der pflegenden Angehörigen
  • die der Fachkräfte

2015 sind das erste Pflegestärkungsgesetz sowie gesetzliche und finanzielle Förderungen

zur Vereinbarkeit von Familie und Pflege in Kraft getreten.

Im Einzelnen bedeutete dies:

Pflegeunterstützungsgeld

Neu ist ab dem 1.1.2015: Begrenzt auf insgesamt zehn Arbeitstage besteht Anspruch auf eine Lohnersatzleistung - das Pflegeunterstützungsgeld. Dieses kann bei der Pflegeversicherung der / des Angehörigen beantragt werden.

  • Dieses Recht gilt gegenüber allen Arbeitgebern, unabhängig von der Größe des Unternehmens

Pflegezeit

  • Es gab bisher einen Rechtsanspruch auf teilweisen oder vollständigen Ausstieg
    aus dem Job zur Pflege eines nahen Angehörigen in der häuslichen Umgebung.
    Diese Möglichkeit gibt es weiterhin.
  • Neu ist seit dem 1.1.2015: Beantragung eines zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zur Reduktion von Einkommensverluste. Dieses muss am Ende der Pflegezeit zurückgezahlt werden.
  • Zusätzliche Härtefallregelungen
  • Es besteht kein Rechtsanspruch gegenüber Arbeitgebern mit 15 oder weniger Beschäftigten

Familienpflegezeit

  • Seit dem 1. Januar 2015: Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Stunden, wenn ein pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung gepflegt wird.
  • Einschränkung: nicht bei Arbeitgebern mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten, wobei Auszubildende nicht mitgezählt werden.

Die Dauer der Reduzierung der Arbeitszeit beträgt auch bei Kombination der verschiedenen Freistellungsansprüche beider Gesetze maximal 24 Monate.

Betreuung minderjähriger, pflegebedürftiger naher Angehöriger

  • Beantragung einer teilweisen oder vollständigen Freistellung bei Betreuung von minderjährigen Pflegebedürftigen auch bei außerhäuslicher Betreuung möglich.
  • Die Pflegezeit setzt eine Pflegebedürftigkeit voraus; eine schwere Krankheit alleine führt nicht zu einem Anspruch auf Freistellung.

Bis zu drei Monate für die Begleitung in der letzten Lebensphase

  • Seit 1.1.2015: Rechtsanspruch auf Reduktion oder vollständige Freistellung in den letzten 3 Lebensmonaten einer/eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen.

Erweiterte Gruppe der nahen Angehörigen

  • Bislang umfasst ist schon die Pflege von: Großeltern und Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner/inne/n, Partner/inne/n einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwistern sowie von Kindern, Adoptiv- oder Pflegekindern, den Kindern, Adoptiv- oder Pflegekindern der/des Ehegattin/en oder Lebenspartners/Lebenspartnerin, der Schwiegerkinder und Enkelkinder.
  • Seit 01.01.2015 sind auch die Stiefeltern, Schwägerinnen und Schwäger sowie lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften einbezogen.

Pflegestärkungsgesetz II

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ab 2017:

Mit Inkrafttreten des zweiten Pflegestärkungsgesetzes werden folglich Menschen als pflegebedürftig gelten, die

Gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten aufweisen und deshalb auf Hilfe durch andere angewiesen sind. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate bestehen.

Demnach rückt die Selbstständigkeit der Betroffenen viel stärker in den Vordergrund, was auch maßgeblichen Einfluss auf das neue Bewertungssystem haben wird.

Maßgeblich dafür sind Beeinträchtigungen in folgenden sechs Bereichen:

Mobilität:

  • z.B. körperliche Beweglichkeit: z.B. morgens vom Bett aufstehen und ins Bad gehen; Fortbewegen innerhalb der Wohnung, des Wohnbereichs oder Treppensteigen

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten:

  • z.B. Verstehen und Sprechen: Orientierung zu Ort und Zeit, Sachverhalte begreifen, Risiken erkennen, andere Menschen im Gespräch verstehen

Verhaltensweisen und psychische Problemlagen:

  • z.B. Unruhe in der Nacht, Ängste und Aggressionen, die für den Betroffenen selbst und andere belastend sind; Abwehr pflegerischer Maßnahmen

Selbstversorgung:

  • z.B. selbstständiges Waschen und Anziehen, Essen und Trinken, selbstständige Benutzung der Toilette

Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:

  • z.B. die Fähigkeit, Medikamente selbst einnehmen zu können; Blutzuckermessungen, selbstständige Arztbesuche, Umgang mit Prothesen und Rollatoren

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte:

  • z.B. den Tagesablauf selbstständig gestalten zu können; mit anderen Menschen in direkten Kontakt zu treten oder Gesprächskreise ohne Hilfe aufsuchen zu können

Nummer Bereich/Modul Prozentuale Gewichtung
1 Mobilität 10%
2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten ca. 7,5%
3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen ca. 7.5%
4 Selbstversorgung 40%
5 Bewältigung von Anforderungen und Belastungen 20%
6 Alltagsleben 15%
 
  • Die Beurteilung: Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen (MDK) oder ähnliche Institutionen.
  • Jeder der sechs Bereiche hat unterschiedliche prozentuale Anteile.
  • Bei der Begutachtung werden künftig Punkte vergeben und aufaddiert.
  • Neu ist, dass die Zeitorientierungswerte, die bislang noch für die Einstufung so wichtig waren, keine Rolle mehr spielen.
  • Die erheblichen Auswirkungen einer Demenz auf die täglichen Verrichtungen wie Körperpflege, Ernährung/Flüssigkeitsversorgung und Ausscheidung werden damit berücksichtigt.