Nerven

Der Alltag erfordert häufig „Starke Nerven“. Steigt der Stress, äußert sich das nicht selten in Nervosität, Schlafstörungen und Unruhe; dazu können dann noch Niedergeschlagenheit und die Angst kommen, dass man „das Ganze nicht mehr schafft“.
Sicherlich die bekannteste Pflanze, die als Beruhigungsmittel verwendet werden kann, ist der Baldrian. Daneben sind Hopfen, Lavendel, Melisse und Passionsblume zu nennen. Die Wirkungen dieser Pflanzen sind darin zu sehen, dass sie die Erregungsschwelle erhöhen, wodurch der Mensch unempfindlicher gegenüber äußeren Reizen wird — er reagiert gelassener und entspannter. Diese Effekte können entweder durch direkte Wirkung auf das Zentralnervensystem ausgelöst werden oder indirekt durch olfaktorische (den Geruchssinn beeinflusssende) oder spasmolytische (krampflösende) Mechanismen.
Johanniskraut ist ein Stabilisator der Psyche und dient als Stimmungsaufheller bei Angst, nervöser Unruhe und Niedergeschlagenheit.

Wirksame Inhaltsstoffe:
Man kennt noch nicht alle Wirkstoffe, die an der Nervenstärkung beteiligt sind. Nachfolgend sind einige aufgeführt, denen man eine Wirksamkeit zuspricht:

ÄTHERISCHE ÖLE: In Lavendelblüten und Melissenkraut.

FLAVONOIDE: Johanniskraut, Passionsblumenkraut

HYPERFORIN UND HYPERICIN: Die Stoffe kommen in der Natur nur hier im Johanniskraut vor. Sie sind geruchlos und z.T. farbig.

POLYPHENOLE (LAMIACEENGERBSTOFFE): Lavendelblüten und Melissenkraut

HOPFENBITTERSTOFFE: Hopfenzapfen.

UNBEKANNTE WIRKSTOFFE: Hier sind vor allem Inhaltsstoffe im BaldrianHopfen und in der Passionsblume zu nennen.

Erntegut und Sammelzeit

Arzneipflanze

Erntegut

Erntezeit

Baldrian Unterirdische Organe (Wurzel und Rhizom) Herbst oder Frühjahr
Hopfen Fruchtstände (Hopfenzapfen) Zu Beginn der Reife
Johanniskraut Obere Sprossteile Blütezeit (Juni bis August)
Lavendel Blüten mit Kelch Vor der vollen Entfaltung
Melisse Triebe ab 10 cm über dem Erdboden Juni bis August
Passionsblume Triebe ab 10 bis 15 cm über dem Erdboden Zur Blütezeit

Anwendungsweise

TEEAUFGUSS: Einzeldrogen oder Drogengemische, wobei nicht mehr als drei Drogen zusammen gegeben werden sollten. Außerdem werden zahlreiche Fertigpräparate industriell hergestellt und in der Apotheke angeboten.

CAVE: Präparate aus dem Reformhaus oder Supermarkt sind häufig unterdosiert und führen deshalb nicht immer zu der erwarteten Wirkung!
Das Johanniskraut nimmt eine besondere Stellung ein: Im Teeaufguss wird es wegen seines Gehaltes an Gerbstoffen gegen Durchfälle eingesetzt. Industriell aufgearbeitete, alkoholische oder acetonische Auszüge sind dagegen vielgebrauchte Nervenmittel. Allerdings setzt die Wirkung nicht sofort ein, sondern erst nach 4 bis 6 Wochen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker darüber, dass Sie Johanniskrautpräparate einnehmen (wollen) — es kann, je nachdem, welche Medikamente Sie zusätzlich einnehmen, zu nicht unerheblichen Wechselwirkungen kommen.

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Gewöhnlicher Hopfen (Common Hop) Humulus lupulus L.

Botanik
FAMILIE: Hanfgewächse (Cannabaceae).
HABITUS: Krautige, ausdauernde, windende Schlingpflanze. Zweihäusig. Triebe bis 6 m lang, in Kulturen bis 12 m lang. Raue Sprossachsen mit kleinen Klimmhaken.
BLÄTTER: Bis 15 cm breit, 3- bis 5-lappig.
BLÜTEN: Männl. Blüten grünlich, etwa 5 mm im Durchmesser, in Rispen. Weibl. Blüten in dichtblütigen, stark verzweigten Scheinähren. Vergrößern sich später.
BLÜTEZEIT: Juli/August.
FRÜCHTE: Eiförmige Fruchtstände, so genannte Hopfendolden, grünlich-gelb, 2 bis 4 cm lang.
VERBREITUNG: Gemäßigte Zonen Eurasiens und Amerikas. Bei uns an Hecken und Waldrändern, in Auenwäldern und Gebüschen auf mehr oder weniger feuchten, nährstoffreichen Böden. Wichtig ist der Anbau bestimmter Sorten in Bayern (Hallertau).

Pharmazie
ERNTEGUT: Fruchtstände, Sammlung im August.
INHALTSSTOFFE: • Bitterstoffe.
 Die Hopfenbitterstoffe (7,5 – 15 %) sind prenylierte Derivate von 1-Acylphloroglucinol. Aus dieser Gruppe ragen die Humulone (= alpha-Hopfenbittersäuren) und Lupulone (= beta-Hopfenbittersäuren) heraus. Die Verbindungen sind instabil. Aus ihnen werden allmählich Isoverbindungen, die im Wesentlichen die Bitterstoffe im Bier darstellen. Außerdem entsteht im Verlauf der Lagerung durch Oxidation 2-Methyl-3-buten-2-ol zu 0,15 %. • Phenolische Verbindungen (2 – 4 %). Dazu gehören Chalkone mit dem erwähnenswerten Xanthohumol. Die Verbindung hat die Bedeutung einer Leitsubstanz. Sein Gehalt nimmt während einer Lagerung von 6 Monaten um etwa 50 % ab. Wenn er unter 0,2 % sinkt, handelt es sich um überlagerte Droge. - Weitere Phenolderivate sind die Flavonoide  Kaempferol- und Quercetin-3-O-glykosid. • Ätherisches Öl (bis zu 1 %). Dieses enthält überwiegend Sesquiterpene, wie alpha-Caryophyllen (= alpha-Humulen) und beta-Caryophyllen, Farnesen sowie beta-Myrcen. Insgesamt sind im Öl etwa 150 Bestandteile identifiziert worden.
VERARBEITUNG: Teeaufguss oder Abkochung. Hopfen als Bestandteil von Fertigpräparaten.

Medizinische Verwendung
Befindlichkeitsstörungen, wie Unruhe, Angstzustände, Schlafstörungen.

Teebereitung: 1 bis 2 Teelöffel Hopfenzapfen werden mit etwa 150 mL heißem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 Minuten durch ein Teesieb gegeben. 2- bis 3-mal täglich und vor dem Schlafengehen trinkt man 1 Tasse frisch bereiteten Teeaufguss. Da der Aufguss nicht angenehm schmeckt, empfiehlt sich die Beimischung von Melisse und Lavendelblüten. In Fertigpräparaten wird Hopfen sehr oft mit Baldrian kombiniert.
Homöopathie. „Humulus lupulus“ (Lupulus). Die frischen, kurz vor dem Zeitpunkt der Samenreife gesammelten, möglichst samenarmen Fruchtzapfen. Anwendungsgebiet: Erkrankungen des Zentralnervensystems, wie Nervosität und Schlafstörungen.

Bewertung. Die der Droge immer wieder zugeschriebene sedative Wirkung war bislang im Tierversuch und beim Menschen nicht eindeutig nachzuweisen. Die beruhigende Aktivität beruht möglicherweise auf dem oben erwähnten 2-Methyl-3-buten-2-ol, das bereits in der Droge vorhanden oder nach der oralen Aufnahme im Körper gebildet wird. Allerdings kann die insgesamt anfallende Menge höchstens zum Bruchteil an der beruhigenden Wirkung beteiligt sein. Die Verbindung ist flüchtig, und könnte verantwortlich gemacht werden für die unten erwähnte Anwendung der Droge als beruhigend wirkendes Hopfenkissen. Die bereits erwähnte Kombination von Hopfen mit Baldrian erscheint sinnvoll, weil sich theoretisch beide Drogen gut ergänzen: Hopfen ist als Beruhigungsmittel und Baldrian als Mittel zur Erhöhung der Erregbarkeitsschwelle anzusehen.- Humulon und Lupulon wirken antibakteriell (sie wirken im Bier als natürliche Konservierungsstoffe, haben aber kaum Einfluss auf Hefen und andere Pilze) und möglicherweise östrogen. Die Bitterstoffe regen den Appetit und die Magensaftsekretion an.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Nervliche Überbelastung, Magenbeschwerden, Anaphrodisiakum. Äußerlich als "Hopfenkissen" und bei schlecht heilende Wunden sowie Geschwüren. Die Teebereitung erfolgt wie oben angegeben.

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Geflecktes Johanniskraut, Vierkantiges Johanniskraut, Kanten-Hartheu (Spotted Saint John's Wort) Hypericum maculatum CRANTZ

Botanik
FAMILIE: Hartheugewächse (Clusiaceae, Syn. Hypericaceae).
HABITUS: Bis 60 cm hohe, krautige Staude mit kriechender Grundachse. Sprossachsen kahl, hohl und vierkantig mit zarten Längsleisten.
BLÄTTER: Oval-länglich, durchscheinend punktiert, ganzrandig, gegenüber stehend.
BLÜTEN: Rispige Blütenstände. 5 Kronblätter frei, goldgelb mit schwarzen Flecken. Bis 100 büschelartig gruppierte Staubblätter.
BLÜTEZEIT: Juni bis August.
VERBREITUNG: Europa, Asien. Die Pflanze gehört zur sog. Borstgrasrasengesellschaft; sie bevorzugt mehr oder weniger feuchte, kalk- und nährstoffarme, saure Böden und kommt verbreitet bei uns vor. Die Pflanze kommt vergesellschaftet mit dem arzneilich verwendeten Johanniskraut vor.

Pharmazie
Das Gefleckte Johanniskraut hat keine pharmazeutische Bedeutung; es kann mit der Arzneipflanze Johanniskraut (Hypericum perforatum) verwechselt werden. Unterscheidungsmerkmale: Vierkantiger, nicht geflügelter Stängel mit breit-eiförmigen, spärlich punktierten Laubblättern, Kronblätter symmetrisch, 3- bis 4- mal so lang wie die stumpf-elliptischen Kelchblätter.

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Berg-Johanniskraut, Berg-Hartheu (Pale Saint John's Wort) Hypericum montanum L.

Botanik
FAMILIE: Hartheugewächse (Clusiaceae, Syn. Hypericaceae).
HABITUS: Aufrechte, krautige Staude. Sprossachsen kahl, stielrund.
BLÄTTER: 2 bis 8 cm lang, mit fast herzförmigem Grund, stängelumfassend, unterseits blaugrün; am Rand mit schwarzen Drüsenpunkten.
BLÜTEN: Wenigblütige, trugdoldige Blütenstände. 5 Kronblätter frei, gelb. Kelchblätter spitz mit gestielten Drüsen am Rand.
BLÜTEZEIT: Juni bis August.
VERBREITUNG: Europa, Asien. Bei uns in lichten Laubwäldern, an Waldrändern und Lichtungen, auf frischen, nährstoffreichen, meist kalkhaltigen Böden. Die Pflanze ist Wärme liebend und tritt vergesellschaftet mit der Arzneipflanze „Johanniskraut“ auf.

Pharmazie
Das Berg-Johanniskraut hat keine pharmazeutische Bedeutung. Die Verwechslung mit der Arzneipflanze Johanniskraut (Hypericum perforatum) ist möglich. Unterscheidungsmerkmale sind: Stängel stielrund, Laubblätter mit nur randständigen, schwarzen Drüsen, Kronblätter ganz ohne Drüsen.

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Johanniskraut, Tüpfel-Hartheu (Saint John's Wort) Hypericum perforatum L.

Botanik
FAMILIE: Hartheugewächse (Clusiaceae, Syn. Hypericaceae).
HABITUS: Bis 1 m hohe, aufrechte, krautige Staude. Sprossachsen kahl, stielrund, 2-kantig und markig.
BLÄTTER: Oval-länglich, durchscheinend punktiert, ganzrandig, gegenüber stehend.
BLÜTEN: Trugdoldige Blütenstände. 5 Kronblätter frei, unsymmetrisch, goldgelb. Beim Zerdrücken geben sie einen purpurroten Farbstoff ab. 50 bis 60 Staubblätter.
BLÜTEZEIT: Juli bis August.
VERBREITUNG: Europa, Westasien, Nordafrika. Bei uns verbreitet auf Mager- und Trockenrasen, in Gebüschsäumen, an Waldrändern, Wegen und Böschungen, in Ginster- und Heidekrautheiden, in Brachen und Waldlichtungen als Pionierpflanze. Das echte Johanniskraut wird landwirtschaftlich angebaut.

Pharmazie
ERNTEGUT: Kurz vor der Blüte oder während der Blüte gesammelte, oberirische Teile.
INHALTSSTOFFE: • Phloroglucine zu 2 – 4 %. Hyperforin ist der Hauptbestandteil und arzneilich der wichtigste Stoff der Droge. Die Verbindung  ist trizyklisch und trägt mehrere Prenyleinheiten am Ringsystem (C35H52O4). • Naphthodianthronderivate der sog. Hypericin-Gruppe (0,1 – 0,15 %). • Flavonoide (2 - 4 %) mit Hyperosid (0,7 %) und jeweils zu 0,3 % Quercitrin, Rutosid sowie Isoquercitrin. • Gerbstoffe des Catechin-Typs (6,5 – 15 %). • Ätherisches Öl (0,1 – 1 %). Die Hauptbestandteile sind Kohlenwasserstoffe und Sesquiterpene.
VERARBEITUNG: Teeaufguss; methanolische oder äthanolische Extrakte in Form von flüssigen oder festen Fertigpräparaten.

Medizinische Verwendung
Antidepressivum, d. h. antriebssteigernd und stimmungsaufhellend. Das medizinische Anwendungsgebiet sind leichte (bis mittelschwere) depressive Störungen, nicht schwere depressive Episoden, da die Wirksamkeit nicht belegt ist. Entsprechende Besserungen sind in der Regel erst nach mehrwöchiger Therapie zu erwarten.
Dosierungen. Bereitung eines Tee-Aufgusses: 2 Teelöffel Johanniskraut werden mit 150 mL siedendem Wasser überbrüht und nach 10 Minuten abgeseiht. Morgens und abends werden 1 bis 2 Tassen des frisch bereiteten Tees getrunken. Die mittlere Tagesdosis entspricht 2 bis 4 g Droge. 
Johanniskrautextrakte von Pharmafirmen: Die Hersteller empfehlen Dosierungen von 2 - 3 x tgl. 180 - 400 mg bzw. 1 - 2 x tgl. 306 - 540 mg oder 1 x tgl. 600 - 750 mg.

Wirkstoffe. Der Hauptwirkstoff im Johanniskraut ist das Hyperforin. Das Ausmaß der Beteiligung der charakteristischen Hypericine an der Wirkung ist nicht vollständig geklärt. Zudem wird für die Flavonoide eine Mitwirkung vermutet.

Bewertung. Nach heutigem Stand des Wissens müssen Johanniskraut-Präparate in geeigneter Zubereitung und Dosierung als Antidepressiva klassifiziert werden. Psychovegetative Störungen, Angst und/oder nervöse Unruhe können nur im Rahmen der antidepressiven Gesamtwirkung beeinflusst werden. Entsprechende Besserungen sind in der Regel erst nach mehrwöchiger Therapie zu erwarten. Demgegenüber haben Johanniskraut-Präparate keine Akutwirkungen und sind in diesem Sinne weder als Tagessedativa noch als Schlafmittel zu gebrauchen. - Für die Schulmedizin stellen Johanniskrautextrakte ein umstrittenes Therapieprinzip dar. Zwar gibt es In-vitro-Daten zum Einfluss von Johanniskraut auf verschiedene Neurotransmitter wie Serotonin und Noradrenalin, doch bleibt offen, ob Bestandteile des Extraktes in vivo überhaupt hinreichend die Blut-Hirn-Schranke überwinden.

Zur Verschreibungspflicht von Johanniskrautpräparaten: Der Bundesrat hat sich im Jahre 2008 mit der Frage beschäftigt, ob Johanniskrautpräparate ab 1. April 2009 unter die Rezeptpflicht zu stellen sind. Danach hängt dies von der jeweiligen Zulassung ab. Während Präparate mit der Indikation „mittelschwere Depression“ künftig nur noch auf Rezept abgegeben werden dürfen, kann eine Zubereitung mit derselben Dosierung lediglich apothekenpflichtig bleiben, solange es „nur“ zur Therapie von leichter depressiver Verstimmung, Angst, psychovegetativen Störungen oder anderen nervlichen Indikationen zugelassen ist. Dem Bundesratsbeschluss liegen keine Sicherheitsbedenken zugrunde, sondern die Überzeugung, dass mittelschwere Depressionen in fachärztliche Behandlung gehören. Der Apotheker darf dabei keine konkrete Diagnose stellen, muss auffällige Patienten jedoch an den Arzt verweisen.

Unerwünschte Wirkungen. U. a.
- Mundtrockenheit,
- Schwindel und
- Kopfschmerzen.


Interaktionen. Obwohl das Johanniskraut nicht zu den Giftpflanzen zählt, gibt es für die Anwendung einige Einschränkungen. Ende der 1990er Jahre wurde beobachtet, dass Johanniskrautextrakte die Aktivität von Enzymen der Cytochrom-P450-Familie induzieren, die für den oxidativen Abbau zahlreicher körpereigener und körperfremder Substanzen verantwortlich sind. Damit geht auch ein beschleunigter Abbau von bestimmten Arzneistoffen einher; d.h., die Wirkungen dieser Arzneimittel lassen schneller nach als im Normalfall. Die Anzahl der in dieses Geschehen einbezogenen Arzneistoffe ist vergleichsweise groß. Nachfolgend werden einige typische Beispiele angeführt.
Wirkungsverminderungen wurden u.a. beobachtet bei:
- Ciclosporin A (ein Immunsuppressivum, wichtig bei Transplantat-Empfängern),
- Digoxin (ein herzwirksames Glykosid gegen Herzschwäche),
- Indinavir (ein Virustatikum zur Behandlung von HIV-Infektionen),
- Methadon (ein Opioid; Anwendung im Rahmen von Heroin-Substitutionsprogrammen),
- oralen Kontrazeptiva (Mittel zum Empfängnisschutz),
- Omeprazol (eine Verbindung zur Hemmung der Säuresekretion im Magen),
- Paroxetin (ein Antidepressivum),
- Theophyllin (ein Naturstoff zur Behandlung von Atemwegserkrankungen),
- Warfarin (Hemmstoff der Blutgerinnung. Anwendung zur Vorbeugung von Herzinfarkten und anderen thromboembolischen Erkrankungen) und
- Zoplicon (ein Schlafmittel).

Die Interaktionen schränken die Anwendbarkeit insbesondere für ältere, multimorbide Patienten ein. Die Problematik liegt darin, dass die rezeptfreien Johanniskrautpräparate oft ohne Wissen des behandelnden Arztes eingenommen werden. Deshalb sind Fehlinterpretationen über die Wirkungen anderer Arzneimittel nicht ausgeschlossen. 


Homöopathie. „Hypericum perforatum“ (Hypericum). Verwendet wird die ganze, frische, blühende Pflanze. Anwendungsgebiete sind Verletzungen des peripheren oder zentralen Nervensystems, Verstimmungszustände, Gehirngefäßverkalkung, Asthma.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Bettnässen, Diarrhö, Gallenblasenerkrankungen, Gastritis, Bronchitis und Rheumatismus. Die Wirksamkeit bei diesen Anwendungen ist wissenschaftlich nicht belegt.

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Echter Lavendel (English Lavender) Lavandula angustifolia MILL.

Botanik
FAMILIE: Lippenblütler (Lamiaceae).
HABITUS: 60 cm hoher Halbstrauch. Stark duftend.
BLÄTTER: 2 bis 5 cm lang, 2 bis 6 mm breit, weißfilzig, die oberen graugrün. Kreuzgegenständig.
BLÜTEN: Blau in Scheinquirlen an langen, behaarten Stielen.
BLÜTEZEIT: Juli bis August.
VERBREITUNG: Mittelmeergebiet. Bei uns im Garten, am besten als Beeteinfassung in kalkhaltigen Böden und in sonniger Lage. Vermehrt werden die am besten duftenden Pflanzen durch Stecklinge.

Pharmazie
ERNTEGUT: Zweigspitzen. Sammlung, wenn der mittlere Teil des Blütenstandes blüht.
INHALTSSTOFFE: •1 – 3 % Ätherisches Öl. Die Hauptbestandteile des Öls sind die Monoterpene (R)-(-)-Linalylacetat (30 – 40 %) und (R)-(-)-Linalool (20 – 50 %). Zusammen bilden sie einen Anteil von 50 – 60 %. Weitere Monoterpene sind cis-Ocimen (3 – 7 %), Terpinen-4-ol (3 – 5%), 1,8-Cineol (1 – 2 %) und andere. Das Sesquiterpen ß-Caryophyllen ist zu 3 – 5 % vorhanden. • Nach älteren Angaben um 10 % Lamiaceen-Gerbstoffe. • Phenolcarbonsäuren, wie Cumarsäuren, Gentisinsäure, Kaffeesäure u. a. Mengenangaben fehlen.
VERARBEITUNG: Teeaufguss. Badezusatz. Gewinnung von ätherischem Öl (= Lavendelöl).

Medizinische Verwendung
Innerlich: Befindlichkeitsstörungen, wie Unruhezustände, Einschlafstörungen, funktionelle Oberbauchbeschwerden (nervöser Reizmagen, Meteorismus, nervöse Darmbeschwerden). Äußerlich: In der Balneologie bei funktionellen Kreislaufstörungen.

Dosierungen. Zur Teebereitung werden 1 bis 2 Teelöffel Droge mit 150 mL heißem Wasser übergossen und nach etwa 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Als Badezusatz verwendet man 20 bis 100 g Droge auf 20 Liter Wasser.

Bewertung. Einige Untersuchungen am Menschen und Tier aus den 1930er Jahren sprechen für eine choleretische und cholagoge Wirkung. Die übrigen Anwendungen beruhen auf Erfahrung.
Die Wirkungen sind wohl durchweg dem ätherischen Öl anzulasten. Sie sind sensorischer Art (Einatmen des Wohlgeruchs) und nach älteren Angaben auch organisch. So soll die Produktion von Galle gefördert werden und nach Inhalation von Lavendelöl-Dämpfen soll ein zentraldämpfender Effekt beobachtet worden sein. Die Wirkungen sind nicht ausreichend durch wissenschaftliche Studien belegt.

Homöopathie. „Lavandula angustifolia“ oder „Lavandula“. Verwendet werden die frischen Blüten. Anwendungsgebiete sind Erkrankungen des Zentralnervensystems. Die Anwendung wird in der Aufbereitungsmonographie der Kommission D am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) negativ bewertet. - „Lavandula angustifolia e floribus siccatus“ oder „Lavandula siccata“. Verwendet werden die getrockneten Blüten. Die Zubereitung gehört in das Gebiet der anthroposophischen Therapierichtung.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Asthma bronchiale, Krämpfe, Migräne. Äußerlich als Kräuterkissen zum Einschlafen; als Badezusatz zur Beruhigung und Entspannung. Die Dosierung erfolgt wie oben angegeben; innerlich werden 3 Tassen täglich eingenommen. Das Lavendelöl ist bedeutungsvoll für die sog. Aromatherapie. Es zählt hier zu den beliebtesten und wichtigsten Aromen. Der Wohlgeruch soll harmonisierend, anregend und beruhigend wirken sowie die Stimmung heben. Ferner sollen das körperliche und seelische Wohlbefinden gefördert und zahlreiche Beschwerden auf eine sanfte Weise gelindert werden.
- Parfümerie.

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Zitronen-Melisse (Bee Balm) Melissa officinalisL.

Botanik
FAMILIE: Lippenblütler (Lamiaceae).
HABITUS: Bis 90 cm hohes, ausdauerndes Kraut mit aufrechten Sprossen. Zitronenähnlich duftend.
BLÄTTER: Ei- bis rautenförmig, grob regelmäßig gesägt-gekerbt, etwa 6 cm lang. Hochblätter sind nicht von den Laubblättern verschieden.
BLÜTEN: Weiß, in Scheinquirlen.
BLÜTEZEIT: Juni bis August.
VERBREITUNG: Südeuropa bis Mittelasien. Bei uns angebaut als Heil-, Gewürz- und Bienenfutterpflanze. Melisse bevorzugt geschützte Lagen. Sie wird im April/Mai im Frühbeet ausgesät. Keimdauer 25 bis 30 Tage. Die Pflanzen können auch durch Teilung vermehrt werden. Selten tritt Verwilderung auf. Im Garten vermehrt sie sich meist von selbst.

Pharmazie
ERNTEGUT: Blätter vor der Blüte gesammelt.
INHALTSSTOFFE: • 0,02 – 0,08 % Ätherisches Öl in frischen Blättern mit den Monoterpenaldehyden Citral (Hauptkomponente) und Citronellal. Das Citral ist ein Gemisch aus (E)-Citral (= Citral a oder Geranial) und (Z)-Citral (= Citral b oder Neral) in einem recht gleich bleibenden Verhältnis von 4: 3. Weitere Monoterpene sind Citronellal, Geraniol, Geranylacetat und Linalool; Sesquiterpene sind ß-Caryophyllen, Caryophyllenepoxid und Germacran D. Das ätherische Öl geht beim Trocknen der Pflanzen teilweise durch Verdunstung oder Verharzung verloren. • Lamiaceen-Gerbstoffe (3 – 5 %; gelegentlich >8 %). Diese bestehen aus Depsiden der Kaffeesäure mit verschiedenen Phenolcarbonsäuren. Der Hauptbestandteil ist Rosmarinsäure [= 2-O-Caffeoyl-3-(3,4-dihydroxyphenyl)milchsäure] in Mengen von 0,9 bis 2,8%. • Wenig Flavonoide (< 0,1 %).
VERARBEITUNG: Teeaufguss.

Medizinische Verwendung
Innerlich: Nervös bedingte Einschlafstörungen, funktionelle Magen-Darm-Beschwerden. Dosierung. 1,5 bis 4,5 g Droge auf 1 Tasse als Aufguss (heißes Wasser, nach 10 Minuten abseihen) mehrmals täglich nach Bedarf trinken. Häufig wird Melisse zusammen mit Baldrian oder Passionsblumenkraut verabreicht. Äußerlich: Ein Trockenextrakt, der in eine Salbe eingearbeitet ist, wird gegen Herpes-simplex-Infektionen vor allem an den Lippen aufgetragen.
(Anmerkung: Klosterfrau Melissengeist ist keine einheitliches Melissenprodukt, sondern ein Gemisch von mehr als 12 Kräutern, das Melisse enthält.)

Bewertung.
 Für die häufigste Anwendung der Arzneipflanze, nämlich als Nervenmittel, gibt es bis heute keine exakten Belege. Potentiell wirksame Inhaltsstoffe, die hierfür in Betracht kommen, sind bislang nicht erkannt worden. Das Gleiche gilt für die Beobachtung eines Effektes als Galle-treibendes Mittel. In älteren Untersuchungen bei Versuchen am Hund ist ein solcher nach intravenöser Gabe eines Dekoktes beschrieben worden. - Die antiviralen Aktivitäten gehen wahrscheinlich auf die Anwesenheit der Rosmarinsäure und verwandte Verbindungen zurück.


Homöopathie: „Melissa“. Verarbeitet werden die frischen Blätter. „Melissa officinalis ex herba“. Anwendungsgebiete sind Regelstörungen. Die Aufbereitungskommission D am Bundesgesundheitsamt (BGA) beurteilt beide Zubereitungen negativ.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Nervenmittel bei Unterleibsleiden auf nervöser Basis, Gallenleiden, Magenkrämpfe, Hysterie. Die Tee-Zubereitung ist die gleiche wie oben angeführt.

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Winterharte Passionsblume (May Apple) Passiflora incarnata L.

Botanik
FAMILIE: Passionsblumengewächse (Passifloraceae).
HABITUS: Ausdauernder, bis 10 hoher Kletterstrauch mit korkenzieherartigen Ranken. Botanisch den Veilchengewächsen nahe stehend.
BLÄTTER: Tief 3-teilig, gelappt, bis 15 cm lang.
BLÜTEN: Weiß bis blassrötlich, strahlig, bis 9 cm im Durchmesser. Charakteristischer Bau: Über der Korolle steht eine Nebenkorolle, die einen Fadenkranz mit purpurroten Enden bildet. Darüber erheben sich 5 Staubblätter und 3 Griffeläste.
BLÜTEZEIT: Mai bis Juli.
FRÜCHTE: 60 mm lange, essbare Beeren.
VERBREITUNG: Passiflora incarnata ist in den südöstlichen Staaten Nordamerikas (Florida, Texas, Virginia, Oklahoma, Missouri, North Carolina) heimisch, ferner auf den Bermuda-Inseln, den Antillen, in Mittelamerika, besonders Mexiko, sowie in Brasilien und Argentinien. Die Pflanze bevorzugt trockene, nicht allzu fruchtbare (in Europa eher selten zu findende) Böden und wächst als Schlingpflanze vorzugsweise in trockenen Hecken und an Straßenböschungen. In Europa kann sie in milden, frostfreien Lagen im Freien überwintern und ist vermutlich die gegen Kälte resistenteste Art der Gattung.

Pharmazie
ERNTEGUT: Blühende Triebe.
INHALTSSTOFFE: • Cyanogenes Glykosid („Gynocardin“). Diese arttypische Verbindung gehört zu den Blausäure abspaltenden Glykosiden; sie kommt in Mengen von 10 mg auf 100 g frische Blätter vor. • Flavonoide. Es handelt sich um sog. 
C-Glykoside, die sich vom Apigenin und Luteolin ableiten, wie Isovitexin und  Schaftosid bzw. Orientin. Der Gehalt beträgt bis 2,8 %; er soll nach der Europäischen Pharmakopoe mindestens 1,5% betragen, berechnet als Vitexin. • Alkaloide. Das früher oft zitierte Vorkommen von Alkaloiden der Harmangruppe ist umstritten und scheint für Passiflora incarnata nicht zuzutreffen.
VERARBEITUNG: Teeaufguss.

Medizinische Verwendung
Die bewährten Anwendungen der Droge beruhen auf Erfahrung. Es sind nervöse Unruhe; Leichte Einschlafstörungen und Beruhigung. Dazu kommen nervös bedingte Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. Teebereitung: 1 Teelöffel (2 – 3 g) voll Droge wird mit 150 mL heißem Wasser übergossen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Frisch zubereiten. Mehrmals täglich 1 Tasse trinken oder 1 bis 2 Tassen vor dem Schlafengehen. Tagesdosis: 4 bis 8 g Droge.


Heutzutage wird die Passionsblume fast ausschließlich in Kombinationen mit anderen Drogen eingesetzt. So liegen fixe Rezepturen vor mit Mischungen aus Baldrianwurzel, Hopfenzapfen und Passionsblumenkraut oder aus Baldrianwurzel, Melissenblättern und Passionsblumenkraut. 


Bewertung. Über die Wirksamkeit und die Wirkstoffe gibt es im humanmedizinischen Bereich keine auswertbaren Beobachtungen. In tierexperimentellen Untersuchungen wurde mehrfach eine motilitätshemmende Wirkung beschrieben. Es wird vermutet, dass die wirksamen Inhaltsstoffe an zentrale und periphere Benzodiazepinrezeptoren binden. - Phytotherapeutisch nimmt die Passionsblumen-Droge eine Mittelstellung ein zwischen dem ebenfalls C-Flavonglykoside enthaltenden Weißdorn und den bekannten anderen pflanzlichen Sedativa, wie z.B. Baldrian.

Homöopathie. „Passiflora incarnata“. Verwendet werden die frischen, oberirdischen Teile. Anwendungsgebiete sind Schlafstörungen, Krampfleiden und Unruhezustände.
 Gebräuchlich sind die Urtinktur und Verdünnungen bis D2. Die Dosierung als Einschlafmittel beträgt 5 bis 20 Tropfen der Urtinktur. Als Beruhigungsmittel bei vegetativer Nervosität werden kleinere Mengen eingenommen.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Hysterie, Depressionen. Äußerlich zur Behandlung von Hämorrhoiden.

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Echter Baldrian (Common Valerian) Valeriana officinalis L.

Botanik
FAMILIE: Baldriangewächse (Valerianaceae).
HABITUS: Bis 1 m hohe Staude. Stängel wenig beblättert. Wurzelstock walzenförmig, Ausläufer aussendend, mit typischem Geruch. Der echte Baldrian ist eine außerordentlich vielgestaltige Sammelart mit einer großen Mannigfaltigkeit an Formen, Varietäten und Unterarten.
BLÄTTER: Unpaarig gefiedert, aus 11 bis 23 lanzettlichen, grob gesägten Fiedern zusammengesetzt. Am Stängel gegenständig.
BLÜTEN: Hellrosa, klein, asymmetrisch, 3 Staubblätter; in doldenartiger Anordnung mit kegelförmigem Umriss.
BLÜTEZEIT: Mai bis September.
FRÜCHTE: Einsamig, nussähnlich mit Haarkrone (Pappus).
VERBREITUNG: Europa, gemäßigte Zonen Asiens. Bei uns findet man Baldrian als Bestandteil der sog. Hochstaudenfluren an feuchten und schattigen Orten, wie feuchten Laubwäldern und Waldwiesen, Gebüschen und Grabenrändern. Die Pflanze gedeiht in mäßig nährstoffreichen, basenreichen Lehm- und Tonböden, auch auf torfigen Böden. Der feldmäßige Anbau von Baldrian ist möglich. Ein tiefgründiger Boden ohne Staunässe ist günstig. Die Aussaat erfolgt Mitte März bis Ende Mai in Reihen; das Saatgut nicht abdecken, da Baldrian ein Lichtkeimer ist. Die Kulturen sind mehrjährig. - Von dem typischen Baldriangeruch fühlen sich Katzen und auch Ratten angezogen.

Pharmazie
ERNTEGUT: Unterirdische Organe. Sammlung September bis Oktober. Schnelltrocknung bei 40° C ist notwendig.
INHALTSSTOFFE: • Ätherisches Öl. Der Gehalt beträgt 0,3 bis 2,1 %. Die Europäische Pharmakopoe fordert mindestens 0,4 % für die Ganzdroge und mindestens 0,3 % für die Schnittdroge. Das Öl besteht aus Monoterpenen, wie (-)-Bornylisovalerianat, (-)-Camphen, p-Cymol, (-)-Limonen, alpha- und beta-Pinen u. a. • So genannte Lignane in Mengen von ca. 0,2 %. Die Verbindungen sind dimere Phenylpropane; sie gehören zum sog. Pinoresinoltyp. • 0,2 – 2 % sog. Valepotriate. Die Verbindungen stellen Monoterpenderivate dar, die bisher nur im Baldrian und in der Roten Spornblume (Centranthus ruber DC.) gefunden wurden. Es sind empfindliche Ester mit dem Grundgerüst eines Iridoids. • Valerensäure und Hydroxyvalerensäure; zwei Verbindungen, die für die chemische Kennzeichnung der Baldrianwurzel wichtig sind. Es handelt sich um schwerflüchtige Sesquiterpensäuren, die nach der Vorschrift der Europäischen Pharmakopoe zu mindestens 0,17 % vorliegen sollen. • 0,01 – 0,05 % Alkaloide (u.a. Valerianin und alpha-Methylpyrrylketon).

Der charakteristische Geruch der Baldrianwurzel ist im Wesentlichen auf das oben erwähnte (-)-Bornylisovalerianat und auf  Isovaleriansäure zurückzuführen. Die Isovaleriansäure entsteht erst beim Trocknen und Lagern der Wurzel durch Esterspaltung.

VERARBEITUNG: Teeaufguss, Tinktur, Extrakt.

Medizinische Verwendung
Nervöse Angst- und Spannungszustände. Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen.
Teebereitung: 1 Teelöffel Baldrianwurzel (3 bis 5 g) wird mit ca. 150 mL heißem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 Minuten durch ein Sieb gegeben. 2- bis 3-mal täglich und vor dem Schlafengehen eine Tasse frisch bereiteten Teeaufguss trinken. Oder Baldriantinktur (Baldriantropfen) ½ bis 1 Teelöffel ein- bis mehrmals täglich.

Bewertung. Die Wirkung des Baldrians ist vor allem eine Angst-lösende. Der Schwellenwert für das Auslösen einer Angstreaktion wird angehoben, d.h. die Person wird unempfindlicher gegenüber Angst auslösenden Reizen. Nach dem eigentlichen Wirkstoff in der Wurzel ist im Laufe der Zeit überaus intensiv gesucht worden. Trotzdem ist bis heute ungeklärt, welche Stoffe die dominierende Rolle spielen. Man muss annehmen, dass nahezu jede Komponente des Stoffkomplexes der Wurzel in mehr oder weniger großen Ausmaß an der Wirkung beteiligt ist. Die in der Wurzel vorkommenden Valepotriate sind in vitro zytotoxisch und mutagen wirksam. In Zubereitungen ist deren Gehalt auf Grund ihrer chemischen Unbeständigkeit so gering, dass sie nur in unbedenklichen Spuren vorkommen können.
In der Schulmedizin werden Baldrianpräparate nicht selten als Placebo-Zubereitungen (Scheinmedikamente) betrachtet. In klinischen Studien wurde über positive, unklare wie auch negative Ergebnisse zur schlaffördernden Wirkung berichtet. Um einen Effekt zu erzielen, müssen die Zubereitungen offensichtlich erst einmal mehrere Tage eingenommen werden. Wenn die Placebo-Beurteilung zutreffen sollte, ist sie dennoch nicht wertlos, weil auf Schlafstörungen oftmals Saft- oder Tropfenzubereitungen mit zuversichtlichen Aufmachungen oder Deklarationen bereits wirksam sind

Homöopathie. „Valeriana officinalis“. Verwendet werden die getrockneten unterirdischen Teile. Anwendungsgebiete sind Schlafstörungen mit Unruhe, nervöse Störungen und Ischiasschmerz. Die gebräuchliche Verdünnung ist D2.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Wie oben angegeben; zudem bei nervöser Erschöpfung und geistiger Überarbeitung, Konzentrationsschwäche, nervösen Herzleiden, Erregungszuständen der Periode, der Gravidität und des Klimakteriums. Ferner u.a. bei Koliken, nervösen  Magenkrämpfen, Uterusspasmen. Die Dosierung entspricht den obigen Angaben.

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Mönchspfeffer (Chaste Tree) Vitex agnus-castus L.

Botanik
FAMILIE: Lippenblütler (Lamiaceae, früher: Verbenaceae) .
HABITUS: 1 bis 6 m hoher Strauch, junge Zweige graufilzig. Sprossaufbau ist dem der Lippenblütler ähnlich (4-kantiger Stängel, kreuzgegenständig beblättert).
BLÄTTER: Langgestielt, fingerförmig geteilt mit 5 bis 7 ganzrandigen, bis 10 cm langen, lanzettlichen Fiederblättchen, unterseits weißfilzig.
BLÜTEN: Bis 10 mm groß, mit zweilippiger Krone, blau, duftend. Ährenartige Blütenstände.
BLÜTEZEIT: September bis Oktober.
FRÜCHTE: Viersamige Steinfrüchte, Pfefferkorn-größe, pfefferartiger Geschmack.
VERBREITUNG: Mittelmeergebiet, Westasien. Bei uns in milden Klimagebieten kultivierbar.

Pharmazie
ERNTEGUT: Reife Früchte.
INHALTSSTOFFE: • Ätherisches Öl (0,8 – 1,2 %), das hauptsächlich aus den Monoterpenderivaten Limonen, 1,8-Cineol, Bornylacetat, alpha- und beta-Pinen sowie Sabinen besteht. • Flavonoide in geringer Menge. Die in der Pflanze vorkommenden Substanzen gehören überwiegend der Gruppe der lipophilen Flavonoide an. Diese sind für den herben bis bitteren Geschmack verantwortlich (Casticin, 0,02 bis 0,21 %, Isovitexin, Orientin und Penduletin). Die Europäische Pharmakopoe fordert einen Mindestgehalt an Casticin von 0,08 %. • Iridoide. Etwa 1 % mit  Agnusid und Aucubin.
VERARBEITUNG: Alkoholische Extrakte.

Medizinische Verwendung
Anmerkung:
Mönchspfeffer gehört im engeren Sinne nicht zu den pflanzlichen Nervenmitteln, sondern zu der im Arzneipflanzengarten nicht explizit aufgeführten Gruppe der pflanzlichen Gynäkologika. Die Förderung des Schlafes ist eine vergleichsweise unwichtige, volkstümliche Indikation. Die Erwähnung der Pflanze an dieser Stelle ist ein Provisorium.
Die medizinischen Anwendungen erstrecken sich auf prämenstruelle Beschwerden, Störung der Regelblutung, Spannungsgefühl und Schmerzhaftigkeit (Mastodynie) in den Brüsten, prämenstruelle Beschwerden. 
Dosierung: Wässrig-alkoholische Auszüge in einer Menge, die 30 bis 40 mg Droge am Tag entsprechen.
Extrakte der Droge wirken dopaminerg, d.h. sie setzen im Organismus den Neurotransmitter Dopamin frei. Das Dopamin hemmt seinerseits die Freisetzung von Prolactin, welches für die Milchproduktion verantwortlich ist. Somit wird die Milchproduktion eingeschränkt. Außerdem regen Extrakte die Ausschüttung der sog. Gonadotropine (LH, ICSH und LTH) an, welche als übergeordnete Sexualhormone die Funktion der Sexualorgane steuern. Welche Stoffe die Wirkungen auslösen, ist bis heute unklar. Möglicherweise spielen nicht näher beschriebene Diterpene eine Rolle.

Hinweis: Das erwähnte Wirkungsprinzip ist zweifelhaft. Gegenanzeigen sind u. a. Mammakarzinom.

Homöopathie. „Vitex agnus castus“. Verwendet werden die reifen, trockenen Früchte. Anwendungsgebiete sind Erkrankungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Herabsetzung des Geschlechtstriebes, Förderung des Eintritts der Regelblutung. Förderung des Schlafes und eine Reihe Anwendungen, die mit den oben erwähnten Gebieten im Zusammenhang stehen. - Dosierung: Als Bestandteil eines Fertigpräparates soll die mittlere Einnahmemenge etwa 20 mg Droge äquivalent sein.

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