Stress und Wettkampleistung in Abhängigkeit von Selbstkomplexität

Projektleitung: Prof. Dr. Frank Hänsel (TU Darmstadt), Prof. Dr. Maike Tietjens, Prof. Dr. Bernd Strauß (beide Uni Münster)
Projektmitarbeiterin: Sarah Senske
Förderer: Bundesinstitut für Sportwissenschaft
Förderzeitraum: Januar 2007 – Dezember 2008

Projektbeschreibung:
Im Leistungssport sind Athleten in besonderem Maße physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Neben den alltäglichen Belastungen und kritischen Ereignissen im außersportlichen Bereich (z. B. Konflikte in der Schule, Familie, Beziehung) werden Sportler mit Belastungen im Training (z. B. Verletzungen, Trainerwechsel) und Wettkampf (z. B. unerwartet starker Gegner, schlechte Leistung) konfrontiert. Diese Belastungen gilt es zu bewältigen, um eine möglichst optimale Leistung im Wettkampf erbringen zu können. Zudem muss verhindert werden, dass die Belastungen zu Stresssymptomatiken wie Selbstzweifeln, Burnout oder längerfristigen Verschlechterungen im subjektiven Wohlbefinden führen. Liegt eine zu hohe Beanspruchung vor, kann diese wiederum kurz- oder mittelfristig Leistungseinbußen nach sich ziehen. Eine stressmoderierende Funktion wird der Organisation des Wissens, welches wir über uns selber haben, zugeschrieben. Die sogenannte Selbstkomplexität (SC) umfasst die Anzahl der Selbstaspekte, mit denen das Selbst beschrieben wird und die Beziehung dieser Selbstaspekte zueinander: Personen mit hoher Selbstkomplexität weisen eine größere Anzahl dieser Selbstaspekte und eine höhere Differenzierung zwischen ihnen auf.

In der durchgeführten Untersuchung wurde den Fragen nachgegangen, inwiefern die Selbstkomplexität im Rahmen eines leistungssportlichen Settings erfassbar ist und inwiefern die Ausprägung der Selbstkomplexität die Stresswahrnehmung- bzw. -verarbeitung und damit die Wettkampfleistung beeinflusst. Die Hypothesen für die zweite Fragestellung lauten, dass Leistungssportler mit einer hohen Selbstkomplexität bei hohen Belastungen (1) geringeren Stress wahrnehmen, d. h. eine geringere Beanspruchung und (2) in Folge weniger Einbußen in der Wettkampfleistung aufweisen.

Hierzu wurden in Zusammenarbeit mit dem DLV Athleten des C- und D-Kaders (n = 37) mittels einer Online-Befragung über jeweils acht Messzeitpunkte im Verlauf der Sommersaison 2008 und Wintersaison 2008/2009 untersucht. Es konnte ein differenziertes Bild der Belastungen im Alltag, Training und Wettkampf nachgezeichnet werden. Außerdem zeigte sich, dass die Athleten im Vergleich zur Normalbevölkerung ein geringeres Maß an Selbstkomplexität aufweisen. Allerdings ist aufgrund der geringen Stichprobengröße und der hohen „experimentellen Mortalität“ (n = 8 Athleten führten die Befragung vollständig durch) nur eine tentative Interpretation der Befunde möglich. Es zeigt sich eine nur partiell hypothesenkonforme Wirkung der Selbstkomplexität: Zukünftig gilt es die „optimal zone of self complexity“ für den einzelnen Athleten zu identifizieren.

Publikationen:

Senske, S., Tietjens, M., Hänsel, F., Baumgärtner, S. D. & Strauß, B. (2008). Ein Online-Verfahren zur Erfassung der Selbstkomplexität. In G. Sudeck, A. Conzelmann, K. Lehnert & E. Gerlach (Hrsg.), Differentielle Sportpsychologie – Sportwissenschaftliche Persönlichkeitsforschung (S. 119). Hamburg: Czwalina.

Senske, S., Tietjens, M., Harries, J.,Hänsel, F., Baumgärtner, S. D. & Strauß, B. (2009). Stresspuffer-effekt von Selbstkomplexität in sportlichen Leistungssituationen. In I. Pfeffer & D. Alfermann (Hrsg.), Menschen in Bewegung – Sportpsychologie zwischen Tradition und Zukunft (S. 143). Hamburg: Czwalina.

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