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Jan 25 2013
13:23

Vortrag von Prof. Ute Frevert, Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, im Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften

Konjunktur der Gefühle: Früher ging es um Ehre, heute um Empathie

FRANKFURT. „Vergängliche Gefühle“ hat die Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, Prof. Ute Frevert, ihren öffentlichen Vortrag genannt, den sie am 30. Januar im Rahmen der Mittwochskonferenz des Forschungszentrums für Historische Geisteswissenschaften an der Goethe-Universität hält. Beginn ist um 18 Uhr im IG-Farben-Haus, Raum 411, Campus Westend. Im Titel steckt auch Freverts zentrale These: Gefühle sind nicht nur per se vergänglich, sie sind es auch in der historischen Zeit.

Dies konkretisiert die Historikerin in ihrer Ankündigung: „Es gibt Gefühle – Beispiel: Ehre –, die uns fremd geworden sind, die aber unseren Groß- und Urgroßeltern noch vertraut waren. Umgekehrt finden heute Empfindungen großen Anklang – Beispiel: Empathie –, um die sich vormoderne Gesellschaften kaum scherten.“ Wie sich solche emotionalen Konjunkturen erklären lassen, darüber wird Ute Frevert in ihrem Vortrag sprechen. Voraussichtlich im März wird der Vortrag in erweiterter Form als Taschenbuch in der Reihe „Historische Geisteswissenschaften“ erscheinen.

Frevert, die seit 2008 Direktorin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin ist, widmet sich in ihrer Forschung der Geschichte der Gefühle aus unterschiedlichen Perspektiven. Im Zentrum stehen die Fragen: Haben Gefühle eine Geschichte? Und: Machen Gefühle Geschichte? In engem Gespräch mit Psychologen und Erziehungswissenschaftlern, aber auch mit Ethnologen, Soziologen, Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaftlern erkunden Historiker die Gefühlsordnungen der Vergangenheit. Sie gehen davon aus, dass Gefühle – Empfindungen und ihr Ausdruck – kulturell geformt und sozial erlernt werden. Was jemand in einer bestimmten Situation oder gegenüber einer anderen Person und Sache fühlen oder zeigen darf und was nicht, ist gesellschaftlich normiert und damit historisch variabel.

Frevert nimmt mit ihrem Team verschiedene Gesellschaften in den Blick und untersucht sie auf ihre emotionalen Codes, Regime und Lexika. Zeitlich konzentriert sich die Analyse auf das 18., 19. und 20. Jahrhundert; räumlich geht es um eine Kontrastierung europäisch-westlicher und südasiatischer Gesellschaften. Ein weiteres Interesse richtet sich auf die Geschichtsmächtigkeit von Gefühlen. Gefühle, so die Annahme, motivieren Handlungen und steuern Entwicklungen. Sie sind und waren daher bevorzugter Gegenstand von Manipulation und Instrumentalisierung, in politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen ebenso wie im privaten und zivilgesellschaftlichen Bereich. An welche Gefühle wurde wann von wem mit welchem Ziel appelliert? Inwieweit trugen Gefühle zur Bildung und Auflösung sozialer Gruppen und Bewegungen bei? Solche (und andere) Fragen bestimmen einen Forschungsbereich, in dem es darum geht, ein zentrales Element menschlicher Entwicklung zu historisieren, d.h. in seiner Abhängigkeit von Zeit und Raum zu analysieren.

Informationen: Dr. Falk Müller, Forschungszentrum für Historische Geisteswissenschaften, Campus Westend, Tel: (069) 798-32411, falk.mueller@em.uni-frankfurt.de, www.fzhg.org