Walter Hallstein

Walter Hallstein hat mehrere Karrieren gemacht. Sie haben ihn von der Wissenschaft allmählich in die Politik geführt und von Deutschland nach Europa. Ein Scharnier zwischen beiden Karrieren bilden die Jahre als Rektor der Frankfurter Universität 1946 bis 1948, in denen er sich für den demokratischen Neubeginn der Universität einsetzte.

Walter Hallstein wurde 1901 in Mainz geboren. Sein Vater hatte es als Bauernsohn bei der Reichsbahn bis zum Regierungsbaurat gebracht. Hallstein besuchte humanistische Gymnasien in Darmstadt und Mainz und studierte von 1920 bis 1923 in Bonn München und Berlin Rechtswissenschaften. Ein Auslandssemester war aufgrund der wirtschaftlichen Situation nach dem Ersten Weltkrieg nicht möglich, was er später noch bedauert hat. Durch seinen herausragenden Intellekt und seine juristische Brillanz war ihm an der Universität ein schneller Aufstieg möglich. Nach der Promotion 1925 und der Habilitation 1929 wurde er zum Wintersemester 1930/31 mit 29 Jahren Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht in Rostock. Zum Sommersemester 1941 folgte er einem Ruf nach Frankfurt. Im August 1942 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und kam an der Westfront im Juni 1944 in amerikanische Gefangenschaft. Im Kriegsgefangenenlager in den USA kehrte er zur akademischen Lehrtätigkeit zurück und richtete eine Lageruniversität ein. Seit November 1945 war er wieder in Frankfurt und an der Goethe-Universität. Als Wissenschaftler herausragend und politisch unbelastet wurde Hallstein zum Sommersemester 1946 der erste frei gewählte Frankfurter Rektor nach Kriegsende. Er hatte das Amt bis zum Ende des Sommersemesters 1948 inne, dann folgte er einer Einladung für einen einjährigen Gastaufenthalt der Washingtoner Georgetown University.

Im Sommer 1950 begann seine politische Karriere, als Bundeskanzler Konrad Adenauer ihn beauftragte, die deutsche Delegation zur Verhandlung über den Schuman-Plan zu leiten. Zunächst ließ er sich in Frankfurt beurlauben und vertreten. 1954 verzichtete er auf seinen Lehrstuhl, um die Wiederbesetzung zu ermöglichen, blieb aber Mitglied der Frankfurter Fakultät. Da war er bereits seit drei Jahren Staatssekretär und faktisch Leiter des neuerrichteten Auswärtigen Amtes unter dem auch als Außenminister amtierenden Bundeskanzler. Er entwickelte die als „Hallstein-Doktrin“ bekannte Strategie, die DDR international zu isolieren. Die Europapolitik wurde immer mehr zum Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Hallstein wurde 1958 bis 1967 der erste Präsident der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). In dieser Zeit veröffentlichte er den nach ihm benannten Hallstein-Plan, der einen stärkeren gemeinsamen Markt der EWG-Länder vorsah.

Von 1969 bis 1972 war er für die CDU Abgeordneter im Deutschen Bundestag, doch sein wichtigstes Thema blieb Europa. Ihm hat er sich als Vorsitzender der Internationalen Europäischen Bewegung (EMI) von 1968 bis 1974 und vor allem in Schriften Reden gewidmet. Walter Hallstein starb 1982 in Stuttgart. 

(BW)

Walter Hallstein lebte von 1940 bis 1944 in der Beethovenstr. 69

Beethovenstraße 69,
60325
Frankfurt am Main,
Innenstadt