Erwin Madelung (1881 – 1972)

Nach dem Physiker Erwin Madelung ist eine Konstante benannt, die den Zusammenhalt von Kristallen charakterisiert. Kristalle bestehen aus regelmäßig angeordneten positiv und negativ geladenen Ionen, die einander elektrostatisch anziehen. Madelung berechnete für jeden Typ von Kristallgittern die elektrostatischen Wechselwirkungen eines Ions mit allen anderen Ionen des Kristalls. Diese Arbeiten veröffentlichte er, bevor er 1921 als Nachfolger von Max Born auf den Lehrstuhl für Theoretische Physik berufen wurde.

Erwin Rudolf Madelung, geboren am 18. Mai 1881 in Bonn, wollte nach seinem Abitur zunächst Ingenieur werden, schwenkte aber bald zur Physik über. 1901 begann er sein Physikstudium an der Universität Kiel. Nach Studienaufenthalten in Zürich und Straßburg wechselte er 1903 an die Universität Göttingen. Dort promovierte er 1905 mit einer Arbeit auf dem Grenzgebiet zwischen Elektrotechnik und experimenteller Physik.

Danach begab er sich auf eine neunmonatige Weltreise. Seine auf alles Unbekannte gerichtete, umfassende Neugierde war zeitlebens für ihn charakteristisch. Er war sowohl in praktisch als auch theoretisch begabt, beschäftigte sich aber mit einer Aufgabe meist nur solange, bis er das Grundprinzip erkannt hatte.

1908 wurde der zurückgekehrte Weltreisende Assistent am Physikalischen Institut in Göttingen und begann, den atomaren Aufbau der Kristalle zu untersuchen. Damit begann seine Hinwendung zur theoretischen Physik. Mehr als zwei Jahre nachdem Max von Laue durch die Röntgenstrahlinterferenz nachgewiesen hatte, dass Kristalle regelmäßig angeordnete Gitterstrukturen bilden, stellte Madelung eine Theorie des Kristallgitters auf. Er kam als erster darauf, dass deren Bausteine nicht Moleküle, sondern Ionen sind. Er gab auch die ersten Impulse zur Theorie der Gitterschwingungen, die später von Max Born und Theodor von Karman weiter entwickelt wurde. 1912 habilitierte sich Madelung in Göttingen.

Während des Ersten Weltkriegs diente er zeitweise in dem Pionierregiment, das zur Erprobung von Giftgas eingerichtet worden war. Dort lernte er auch die später bedeutenden Wissenschaftler Otto Hahn, James Franck und Gustav Hertz kennen. In den letzten Kriegsjahren gehörte er zum wissenschaftlichen Stab einer Schallmessabteilung der Artillerie-Prüfungskommission in Berlin. Dort arbeiteten auch Max Born und sein späterer Frankfurter Kollege Alfred Landé. Er hatte genug freie Zeit, sich mit Kristallphysik zu beschäftigen. Seine Arbeiten führten zur Entdeckung der „Madelung-Konstanten“, die ihn weithin bekannt machte. Nach dem Krieg wurde Madelung zunächst Ordinarius für Theoretische Physik Kiel, danach in Münster. 1921 nahm er den Ruf auf dem Lehrstuhl für Theoretische Physik in Frankfurt an. Hier entwickelte er hauptsächlich mathematische Methoden für die Physik. Ebenso arbeitete er über Atomphysik und Quantentheorie. 1922 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel: „Die mathematischen Hilfsmittel des Physikers“, das in der Reihe „Grundlehren der mathematischen Wissenschaften“ erschien. Es war als Kompendium gedacht, das alles enthalten sollte, was der Theoretische Physiker an mathematischen Grundlagen und Methoden benötigte. Erwin Madelung leitete das Institut für Theoretische Physik bis zu seiner Emeritierung 1949, hielt aber noch bis 1953 Vorlesungen. Er starb 1972 in Frankfurt.

Wolfgang Trageser

Erwin Madelung lebte von 1921 bis 1928 in der Bockenheimer Landstr. 95

Bockenheimer Landstraße 95,
60325 Frankfurt am Main
Innenstadt