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Forschung

Im Rahmen meiner Dissertation erforsche ich nicht-invasive Pränataltests (NIPT), die im Gegensatz zu invasiven Diagnostiken, wie der Amniozentese, eine risikofreie Testung des fetalen (bzw. plazentaren) Genoms ermöglichen. NIPT wird in der Regel eingesetzt, um das Risiko eines Fetus an Trisomie 13, 18 oder 21 zu erkranken, festzustellen, und um Risiken für die sogenannten geschlechtschromosomalen Störungen (z.B. Turner- oder Klinefelter-Syndrom) zu ermitteln. Bereits zu einem relativ frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft – ab der elften Schwangerschaftswoche – kann mit Hilfe dieser Technologie eine entsprechende genetische Auffälligkeit des Fetus erkannt werden, ohne die Schwangere und ihren Fetus dem Risiko einer Fehlgeburt auszusetzten.

Mit der Implementierung dieser Technologie im klinischen Alltag hat sich jedoch zugleich eine Debatte um die damit verbundenen Herausforderungen entfacht. Kritisiert wird zum einen die ökonomische Beschaffenheit von NIPT. Auch wenn die Kostenübernahme durch Krankenkassen seit Jahren diskutiert wird, ist NIPT nach wie vor als private Leistung verfügbar und wird von verschiedenen Unternehmen vertrieben und durchgeführt. Kritische Stimmen sehen hier die Gefahr, dass neu eingeführte Technologien eine Ökonomisierung und Technisierung von Schwangerschaft mit sich bringen könnten.

Verschiedene Gruppen – Disability-AktivistInnen, Pro-Life-, aber auch Pro-Choice-AnhängerInnen fürchten zudem, dass durch NIPT die Stigmatisierung von Behinderung wieder erstarkt, Abtreibungsraten steigen und sozialpolitische Verantwortlichkeiten im privaten Leben von Frauen und konkret in ihren Körpern ausgehandelt werden. Doch wieviel Raum lassen diese Konzepte, um die aktive Partizipation von Nutzerinnen zu erfassen? Sind Schwangere geschlechtsspezifischen ökonomischen Logiken eines aggressiven Marktes um Schwangerschaft ausgeliefert? Oder bestimmen sie autonom ihren reproduktiven Werdegang? Wo gerät die Vorstellung dieser vermeintlichen Antagonistinnen – Ökonomie versus Autonomie – an ihre Grenzen und was finden wir an ihrer Stelle?

Wie tritt genetisches Wissen in den Alltag von Nutzerinnen ein und was tut es dort? Welche Praktiken entwickeln Nutzerinnen im Umgang mit genetischem Wissen und klinischen Prozessen? Welche Faktoren prägen die Entscheidungsfindung von Frauen? Und wie sehen solche Entscheidungsprozesse aus?

Diesen Fragen gehe ich unter dem Arbeitstitel „Doing Autonomy – Eine medizinanthropologische Studie um NIPT“ in meiner laufenden Dissertation nach.