Forschung

Forschungsprojekte

Titel: "Ethnische Heterogenität und die Genese von Ungleichheit in Bildungseinrichtungen der (frühen) Kindheit"
- "Ethnic Heterogeneity and the Production of Inequality in Educational Organizations from Early Childhood onward"

Drittmittelgeber/ Funding: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)/German Research Foundation
Projektlaufzeit/ Runtime: 2016-2019
Projektleitung/ Principal Investigator: Prof. Dr. Claudia Machold
DFG - 314127891


Zusammenfassung
Die (Re-)Produktion ethnisch codierter Ungleichheit in Bildungsorganisationen wird mittels einer praxistheoretischen, methodenpluralen, längsschnittlichen Ethnografie untersucht. Mechanismen der (Re-)Produktion werden in organisationsspezifischen, pädagogischen Unterscheidungspraktiken in Bildungseinrichtungen vermutet. Vor diesem Hintergrund lauten die zentralen Forschungsfragen: Wie werden organisationsspezifische, (ethnizitätsrelevante) pädagogische Unterscheidungspraktiken von Professionellen vollzogen? Wie manifestieren sich diese in individuellen Bildungsverläufen von Kindern? Wie erfahren die partizipierenden Kinder dieses Geschehen subjektiv? Systematisch werden 28 Kinder mit und ohne sogenanntem Migrationshintergrund auf ihrem Weg vom Primar- in den Sekundarbereich begleitet. Die Bildungsorganisation Grundschule und der bildungsbiografisch entscheidende Übergang der Kinder in die mehrgliedrige Sekundarstufe I (Haupt-, Real-, Gesamt- und Förderschule, Gymnasium) liegen im Fokus der Untersuchung. Generiert werden ethnografische Längsschnittdaten. In der deutschsprachigen Bildungs- und Ungleichheitsforschung liegen sie bislang insofern nicht vor, als sie die Bildungsbiografien und -karrieren der begleiteten Kinder über acht Jahre hinweg abbilden können, da das Projekt an das gleichnamige Teilprojekt B1 des Sonderforschungsbereichs 882 „Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten (Universität Bielefeld, Laufzeit 2011-2016) (https://sfb882.uni-bielefeld.de/de/projects/b1.html) anschließt.


Summary
The (re-)production of ethnically coded inequality in educational organizations will be investigated by means of a practice theoretical, methodically plural, longitudinal ethnography. The mechanisms of the (re-)production are presumed to be in pedagogical practices of differentiation specific to educational organizations. Central research questions include: How are organization-specific (ethnicity-relevant) pedagogical practices of differentiation carried out by professionals? How are these manifested in the individual educational careers of the children? How do the children in question experience this subjectively? The project systematically accompanies 28 children with and without so called migrant background on their paths from primary school into secondary school. The focus of the investigation will be on the educational organization of the primary school and the children's crucial transition - in terms of their educational biographies - from primary into secondary school. Longitudinal ethnographical data will be generated. This kind of data, which depicts the educational biographies and careers of the children studied over eight years, does not yet exist in German-language research into education and inequality. It will be possible as the project connects to the (https://sfb882.uni-bielefeld.de/de/projects/b1.html).

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Projektergebnisse
Das Forschungsprojekt konnte im Anschluss an das Teilprojekt im Sonderforschungsbereich 882 („Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten“) über einen praxistheoretischen langzeitethnografischen Zugang einen Einblick in Prozesse der Herstellung von Differenz im Alltag der Grundschule geben. Die noch im Anschluss an das Teilprojekt im SFB882 generierten frühen Ergebnisse verweisen auf die ethnisch codierte Entwicklungsordnung der Kindertagesstätte, ihre Herstellung in Praktiken des Positionierens und die Pädagogisierung als ihre zentrale Funktion. An diese Ergebnisse anschließend wurde im Hinblick auf die Differenzierung von Praktiken des Unterscheidens in Kindertagesstätte und Grundschule dargelegt, inwiefern in diesen Praktiken die Leistungsordnung als herkunfts(un)abhängige in der Grundschule reproduziert wird. Mit dem Fokus auf die Schulformempfehlung und Schulformwahl konnte weiter die Individualisierung von Leistung beschrieben, die damit einhergehende individualisierte Verantwortlichkeit für den weiteren Bildungsweg thematisiert und die Frage bearbeitet werden, inwiefern dies Teil eines gegenwärtigen Verständnisses von Bildungskindheit ist. Anhand der umfassenden Ethnografie wurde vor diesem Hintergrund sowohl die Beschaffenheit der Differenzordnung der Grundschule als ethnisch codiert, leistungs- und herkunftsbezogen (in den synchronen Praktiken), als auch ihre Bedeutung für Bildungswege bzw. die Praxis der Bildungsbiografisierung (in diachroner Perspektive) ausdifferenziert. Für die Grundschule wurde damit eine Differenzordnung re-konstruiert, die in der Praxis des pädagogischen Alltags (insb. des Unterrichts), des Bewertens- und Dokumentierens, der Elternsprechtagsgespräche, Interviews mit Lehrkräften, Kindern und Eltern in Praktiken erzeugt wird, an denen alle Akteur*innen partizipieren. Die Analyse der Praktiken des Unterscheidens in synchroner Perspektive haben dabei sowohl die ethnisch codierte und herkunftsbezogene Normalerwartung der Grundschule und die Prozessierung eines meritokratischen Leistungsverständnisse, als auch ihre Plausibilisierung in Praktiken der Individualisierung von Leistung herausgearbeitet. In diachroner Perspektivierung wurde anhand von ausgewählten Datenbasierten Porträts ausgeführt, wie im Verlauf der Grundschulzeit spezifische Schulkindkonstruktionen erzeugt werden, wie sich ihnen die Differenzordnung einschreibt und vor diesem Hintergrund die ‚Eignung‘ für eine weiterführende Schule plausibilisiert wird. Die Schulformempfehlung und Schulformwahl wurde als Praxis expliziert, die von allen Akteur*innen als Handlungsanforderung so bearbeitet wird, dass plausible und weitgehend konsistente Konstruktionen von individualisierten ‚Bildungsbiografien‘ entstehen. Bildungsbiografie wurde als Praxis der Bildungsbiografisierung, insofern als kulturelles Phänomen und als Teil der gegenwärtigen Vorstellung von Bildungskindheit beschrieben. Der zentrale Befund des Forschungsprojekt besteht darin, über dichte Beschreibungen einen Einblick in die black box Grundschule gegeben zu haben und dabei den Alltag der Grundschule im Hinblick auf die Herstellung von Differenz expliziert zu haben. Die Genese von Ungleichheit kam dabei letztlich nicht als Nachweis von privilegierenden oder benachteiligenden Effekten in den Blick, sondern zum einen über die Re-Konstruktion der Normalerwartungen der Grundschule und ihrer Bearbeitung von den Akteur*inne und zum anderen über die Explikation von Praktiken, anhand derer alle Akteur*innen die meritokratische Illusion der Chancengleichheit aufrechterhalten und dabei das Spannungsverhältnis der Herkunfts(un)abhängigkeit von Bildung praktisch bearbeiten.  (https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/314127891/ergebnisse).


Titel: "Ethnische Heterogenität und die Genese von Ungleichheit in Bildungseinrichtungen der (frühen) Kindheit"; Teilprojekt im Sonderforschungsbereich (SFB 882) "Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten"
-"Ethnic Heterogeneity and the Production of Inequality in Educational Organizations from Early Childhood onward"; project in the SFB 882 – "From Heterogeneities to Inequalities"

Drittmittelgeber/ Funding: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)/ German Research Foundation
Projektlaufzeit/ Runtime: 2011-2016
Projektleitung/ Principal Investigators: Prof. Dr. Isabell Diehm (2011-2015); Dr. Claudia Machold (2015-2016)

Über den Sonderforschungsbereich (SFB 882)

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