KulturKanal Frankfurt - Text

Interview: Victoria Thöne


Sie leiten derzeit stellvertretend die ,,Kita Kairos“ am Campus Riedberg, welche 135 Betreuungsplätze bietet und 40 Mitarbeiter: innen beschäftigt. Damit haben Sie bereits alle Hände voll zu tun. Inwieweit hat die Corona Pandemie ihren Arbeitsalltag beeinflusst und zusätzlich erschwert?

RENNO: Zu Beginn der Pandemie war es natürlich eine große Umstellung für alle, schließlich wusste niemand, wie es morgen weitergeht. Innerhalb weniger Tage war unsere Kita für fast alle Kinder geschlossen. Erst nach und nach konnten die Kinder wieder zu uns kommen und wir so stückweise wieder öffnen.

Durch die schlechte Kommunikation der verschiedenen Ämter und die kurzfristigen Maßnahmen, welche Freitagnachmittag entschieden, jedoch schon montagmorgens umgesetzt werden sollten, hat der erste Lockdown uns alle vor eine große Herausforderung gestellt. Es waren oft Dinge, die auf die Schnelle so nicht umzusetzen waren, beispielsweise das geforderte Hygienekonzept. Auch die Notbetreuung war ein Problem. Zunächst konnten nur Kinder zu uns kommen, deren Eltern beide einen systemrelevanten Beruf hatten. Das wurde mit der Zeit immer mehr gelockert, sodass nach und nach mehr Kinder kommen konnten. Das Problem dabei war nur, dass die Eltern die Info, dass ihr Kind nun wieder betreut werden könne, oftmals vor uns hatten und wir dann überrascht worden sind. Das hat oft zu Chaos bei uns geführt, zumal man zusätzlich auch mit weniger Personal arbeiten musste, da entweder viele erkrankt sind oder aufgrund ihrer Risikogruppe nicht mehr arbeiten konnten. Viele Eltern hatten auch Angst, ihre Kinder zu bringen, sodass das Ankommen in der Kita für viele Kinder sehr schwierig war, da sie zuvor über einen längeren Zeitraum ausschließlich zu Hause betreut worden waren. Die ganze Situation hat alle vor große Herausforderungen gestellt, die nicht einfach waren, aber irgendwie zu händeln sein mussten.

Was bedeutete das denn konkret für die ,,Kita Kairos“?

RENNO: Alles musste neu organisiert werden. Die Notbetreuungsgruppen waren andere als die vorherigen, da natürlich viel weniger Kinder da waren und Geschwisterkinder immer zusammen in einer Gruppe sein sollten. Auch die räumlichen Gegebenheiten, wie zum Beispiel die Essräume, mussten neu organisiert werden. Es gab zeitweise keine Neuaufnahmen mehr und die Eltern durften ihre Kinder nur über die Terrasse abholen, ohne das Gebäude zu betreten. Gerade in unserem Arbeitsbereich war das Tragen einer Maske immer wieder ein Thema. Aufgrund der Personalsituation mussten wir unsere Öffnungszeiten reduzieren. Währenddessen waren auch Teamsitzungen oder Elternabende nicht mehr möglich - das hat gefehlt.

Mittlerweile ist die Pandemie wieder ein wenig abgeflacht. Gehören Dinge wie Notbetreuung, Testpflicht und Hygienekonzept nach wie vor zu ihrem Arbeitsalltag?

RENNO: Ein Hygienekonzept ist unabhängig von einer Pandemie Bestandteil einer Kindertagesstätte. Nur die Ausführung hatte sich zeitweise verändert und muss bis heute immer wieder angepasst werden. Die Begriffe Testpflicht und Notbetreuung fallen immer nur in dem Konsens, dass alle hoffen, dass man da nicht mehr hinkommen wird.

Gibt es zusätzliche Aufgaben, die Sie derzeit aufgrund von Corona erledigen müssen?

RENNO: Aktuell tatsächlich nur noch in abgeschwächter Form. Die Vorgabe aktuell ist, dass PCR bestätigte Fälle weiterhin an das Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Abgesehen davon, habe ich derzeit keine Aufgaben in Bezug auf Corona. Derzeit können wir wieder einen relativ normalen Kitaalltag führen.

Welche Phase der Pandemie ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und was war dabei die größte Herausforderung?

RENNO: Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Zeit, als es von heute auf morgen hieß, dass ich mit meinen Kindern Zuhause bleiben muss und wir uns im Lockdown befanden. Teilweise hatte ich dabei einerseits ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht arbeiten und meine Kolleg: innen unterstützen konnte, andererseits war es aber auch privat eine Herausforderung, plötzlich mit den Kindern wieder Zuhause zu sein ohne die Möglichkeit zu haben auf Spielplätze zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen und so weiter. Das wird auf jeden Fall lange in meiner Erinnerung bleiben.

Hat Ihr veränderter Arbeitsalltag auch das Verhältnis zu den MitarbeiterInnen bzw. Eltern verändert?  

RENNO: Das Verhältnis zu den Mitarbeiter: innen hat sich zum Positiven verändert. Man ist einfach noch ein bisschen mehr zusammengewachsen und hat auch mal privat erzählt, wenn beispielsweise jemand aus dem eigenen Umfeld Corona hatte oder man sich über die verwandten Risikopatienten gesorgt hat oder ähnliches. Dahingehend ist das Verhältnis zwischen allen noch einmal intensiviert worden. Was die Eltern angeht, da hatten wir immer eine sehr gute Kommunikation. Es wurde zwar nicht immer mit Verständnis auf die jeweiligen neuen Maßnahmen reagiert, wenn es zum Beispiel darum ging, dass die Kindertagesstätte erneut geschlossen werden musste oder Kinder aufgrund eines anderen erkrankten Kindes bereits gegen 10 Uhr wieder abgeholt werden mussten. Da gab es den ein oder anderen Fall, wo Eltern sich beschwert haben und uns gegenüber nicht so nett reagiert haben. Glücklicherweise konnten wir das jedoch immer wieder abwenden, sodass es nie ein großer Streitpunkt geworden ist. Ich denke, das lag unter anderem daran, dass die Nerven aller während der Pandemie einfach blank lagen.

Offensichtlich haben einige Eltern bemerkt, was es bedeutet, wenn die Kinderbetreuung kurzfristig wegfällt. Ist daraus vielleicht eine andere Anerkennung und Wertschätzung der Berufsgruppe Erzieher: innen allgemein resultiert?

RENNO: Das ist eine schwierige Frage. Auf der einen Seite wäre das natürlich sehr wünschenswert. Ich denke das ist einfach abhängig von den Eltern, bei den einen ja und bei den anderen nein. Einen großen Unterschied merke ich persönlich allerdings nicht. 

Vielen Dank für das offene Gespräch.

RENNO: Sehr gerne.

Interview: Larissa Meng


Die Anfänge der Pandemie stellte uns alle vor große Herausforderungen. Mit welchen Besonderheiten ging der Arbeitsalltag im Kindergarten einher?

SOMMER: Als ich im Juli 2020 an den Kindergarten kam, gab es nur die Notbetreuung, weshalb ziemlich wenig Kinder da waren. Wir durften nur in geschlossenen Gruppen arbeiten, uns nicht mischen und mussten natürlich die Hygienevorschriften beachten. Ich musste zu der Zeit außerdem mit meiner Gruppe viermal für zwei Wochen in Quarantäne, was ich oft auch erst sehr kurzfristig erfahren habe; man wurde förmlich aus dem Alltag gerissen dadurch. Das war gelegentlich ein bisschen komisch.

Notbetreuung bedeutet ja, dass nicht alle Kinder kommen durften?

SOMMER: Genau, anfangs durften nur die Kinder kommen, bei denen beide Eltern systemrelevant waren, was sehr wenige waren. Dann durften gestaffelt immer mehr der 135 Kinder wieder kommen, was jedoch für uns sehr schwer umzusetzen war. Die weitere Öffnung kam für uns immer sehr plötzlich: Abends hieß es in den Nachrichten, dass ab dem nächsten Tag auch alle Kinder kommen durften, bei denen nur ein Elternteil systemrelevant ist. Wir mussten dann die Kinder mit ihren Eltern wieder nach Hause schicken, da wir gar nicht das Personal hatten, entweder weil jemand in Quarantäne war oder selbst Mutter oder alleinerziehend ist.

Wurde in der Zeit ein Alternativprogramm für die Kinder umgesetzt, beispielsweise regelmäßige Treffen über Zoom oder andere Plattformen?

SOMMER: Wir haben auf jeden Fall weniger gemacht als andere Kitas, aber wir hatten immer einen Morgenkreis mit Begrüßungsliedern, welchen wir aufgenommen und verschickt haben. Aber im Endeffekt war ein Video von vielleicht drei Minuten nicht ausreichend. Manche Erzieher haben aber auch ‚Hausbesuche' gemacht und standen beispielsweise unten am Balkon – denn richtige Treffen gingen da ja auch nicht.

Das alles ist jetzt nicht mehr so streng geregelt?

SOMMER: Nein, gar nicht mehr. Aktuell gibt es keine Quarantäneverordnung mehr, selbst als Kontaktperson. Alle Kinder dürfen wieder kommen, es gibt keine Maskenpflicht mehr etc. Neu ist jetzt ungefähr seit April 2022, dass wir wieder neue Kinder aufnehmen und die Eltern wieder die Kita betreten dürfen und sie ihre Kinder nicht am Empfang abgeben müssen.

Wie läuft ein aktueller Arbeitsalltag in einer Kita ab?

SOMMER: Der Frühdienst kommt ab 7:30 Uhr, schließt auf und bereitet Frühstück vor. Ab 8:00 Uhr kommen die Kinder, von denen in der Regel bis 8:30 Uhr alle da sind. Weil wir ein teiloffenes Konzept haben, treffen sich die jüngeren Nestgruppen und die älteren Hofgruppen und frühstücken und spielen gemeinsam. Danach trennen sich die Gruppen und veranstalten den Morgenkreis. Wir haben verschiedene Projekträume, in denen sich die Hofkinder mischen und selbst entscheiden dürfen, was sie machen wollen. Mittagessen gibt es zuerst für die kleinen, welche danach gewickelt und umgezogen werden und für ein bis drei Stunden Mittagsschlaf halten. Um 15:30 Uhr gibt es für die Kinder noch einen Snack und danach spielen sie zusammen, bis sie ab 17:30 Uhr von ihren Eltern abgeholt werden.

Welche Aufgaben gibt es für die Erzieher*innen in der Zeit, in der die Kinder schlafen?

SOMMER: Eine Person muss immer im Raum bleiben und ‚Schlafwache' halten, falls ein Baby aufwacht. Die anderen machen währenddessen Pause oder schreiben Protokolle, denn von allen Kindern muss der Tag genau protokolliert werden. Der Spätdienst kann so nachschauen, was während der Frühschicht passiert ist.

Ich kann mir vorstellen, dass diese Arbeit mit den Kindern sehr anstrengend ist!

SOMMER: Ja, aufgrund der aktuell wieder stattfindenden Eingewöhnungen von neuen Kindern sind die Gruppen mittlerweile sehr voll und wir haben eigentlich viel zu wenig Personal, um das alles abzudecken. Abgesehen davon können wir mittlerweile aber wieder unserer alltäglichen Arbeit nachgehen und die ist an manchen Tagen mehr und an anderen weniger anstrengend.

Wie haben die Kinder die vielen Veränderungen aufgenommen? Konnte man etwa Änderungen am Verhalten feststellen?

SOMMER: Viele Kinder hatten Schwierigkeiten, sich von ihren Geschwistern zu trennen, da diese in der Regel in anderen Gruppen sind. Viele Kinder hatten in der Zeit keine Betreuung außer von den Eltern; das Soziale fehlte, sodass sie gar nicht mehr richtig wussten, wie man auf andere Kinder zugeht und gemeinsam zu spielen anfängt. Teilweise gab es auffälligeres Verhalten, weil die Kinder zu Hause viel Tablet gespielt haben und wenig Bewegung hatten, das ist aber mittlerweile wieder in Ordnung. Manche Kinder konnten das Erlebte besser und andere schlechter verarbeiten. Teilweise beobachten wir Entwicklungsdefizite, die aber in der Regel aufgeholt werden können.  

Gab es staatliche oder auch psychologische Hilfe, die man wahrnehmen konnte als mitarbeitende Person oder auch als Kind oder Elternteil?

SOMMER: Von psychologsicher Hilfe wüsste ich nichts, aber da wir eine Betriebskita sind, haben wir einen Betriebsarzt, zu dem man wahrscheinlich hätte gehen können. Sonst gab es einen Coronabonus von einmalig 300 Euro. Viele Eltern haben gesagt, dass sie die Schließung auch finanziell gemerkt haben. Drei Mahlzeiten am Tag plötzlich selbst bezahlen und auch kochen zu müssen, hat für viele einen Unterschied gemacht. Gerade am Anfang war es eben eine große Umstellung, aber mittlerweile geht es zum Glück aufwärts. 

Vielen Dank für das Gespräch!