"Strafwunder" im lukanischen Doppelwerk

Forschungsprojekt zur Promotion von Michael Rydryck

Die aktuelle Wunderdebatte hat zwar entscheidende Impulse aus der Exegese erhalten, ist jedoch keineswegs auf diese theologische Teildisziplin beschränkt geblieben. Insbesondere Vertreter der Praktischen Theologie haben zusätzliche Anregungen zum Verständnis von Wunderphänomenen beigetragen. Diese Perspektiven gilt es für eine theologisch-exegetische Wunderhermeneutik fruchtbar und methodisch anwendbar zu machen.

Fokussiert man die Wunderdebatte im Hinblick auf das lukanische Doppelwerk, so fällt vor allem die (formgeschichtlich kategorisierende) Eingrenzung des Phänomenbestandes auf Wundertaten Jesu, hier aber vor allem auf Heilungen und Exorzismen auf. Kommen andere Phänomene in den Blick, werden sie entweder den vorhandenen Schemata eingepasst oder als sekundäre Topik qualifiziert. Untersucht man stattdessen vermeintlich weniger zentrale Wunderphänomene, wie etwa sogenannte Strafwunder, als ernstzunehmende und in ihren Spezifika eigenständige Texte, greifen weder die auf Jesus bzw. andere „Wundertäter“ zentrierte Perspektive, noch die gängigen formgeschichtlichen Schematisierungen. Vielmehr bedarf es sowohl einer präzisen Analyse der Deutungshorizonte mit Blick sowohl auf die diskursiven Textstrukturen (Diskursuniversum des Makrotextes) als auch mit Bezugnahme auf die plausibilisierenden Wirklichkeitsannahmen der umgebenden Kultur (enzyklopädische Intertextualität), um Wunderphänomene angemessen und sinnvoll verstehbar zu machen. Bezogen auf das lukanische Doppelwerk ergibt sich damit die zweifache Aufgabe das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte enzyklopädisch zu verorten sowie den konkreten Phänomenbestand an Texten im Kontext des lukanischen Erzählwerkes zu erheben, die spezifisch „strafende“ Wunderphänomene thematisieren.

Literaturhinweise:

  • Stefan Alkier: Wunder und Wirklichkeit in den Briefen des Apostels Paulus:ein Beitrag zu einem Wunderverständnis jenseits von Entmythologisierung und Rehistorisierung, WUNT 134, Tübingen 2001.
  • Karl-Heinrich Bieritz: Zeichen und Wunder. Praktisch-theologische Annährungen, in: Werner H. Ritter/Michaela Albrecht (Hg.): Zeichen und Wunder. Interdisziplinäre Zugänge, BTSP 31, Göttingen 2007, 290-312.
  • Michael Rydryck/Michael Schneider: Zur Paradoxologie des Wunderbaren zwischen Exegese und Homiletik, in: Mit Sprache bewegen. Festschrift Michael Thiele, Insingen 2012.