Lehre

Aktuell:

 

Interpretationsseminar (Bachelor: BM2)

Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

 

In der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten legt Kant sich die Aufgabe vor, das grundlegende Prinzip der Moral »aufzusuchen« und »festzusetzen«, um so ein Fundament für die Sittenlehre zu gewinnen. Kant entwirft in diesem Sinne das Projekt einer »reinen« Moralphilosophie, die unsere Verpflichtungen auf Grundlagen zurückführen soll, die »vor aller Erfahrung« Gültigkeit beanspruchen können: Der »Grund der Verbindlichkeit« der sittlichen Gesetze liegt, so Kant, weder in den uns empirisch bekannten »Umständen in der Welt«, noch in der uns empirisch zugänglichen »Natur des Menschen«, sondern: »a priori lediglich in Begriffen der reinen Vernunft.« Durch eine intensive Lektüre des Kantischen Textes werden wir versuchen, die Absicht und Motivation dieses Kantischen Vorhabens zu verstehen, und untersuchen, in welchen Schritten und mit welchem Erfolg es durchgeführt wird. Zwei Hauptschritte werden uns dabei beschäftigen: (1) Kants Versuch zu klären, wie man das grundlegende Moralprinzip genauer bestimmen kann, und seine These, dass sich dieses durch den sogenannten »kategorischen Imperativ« wiedergeben lässt;  (2) Kants Versuch zu zeigen, dass dieses Moralprinzip tatsächlich in uns wirksam sein kann, insofern wir uns als freie Wesen verstehen. Im Nachvollzug des Kantischen Textes werden wir dabei zentralen Begriffen der praktischen Philosophie begegnen – Wille, Pflicht, Gesetz, Imperativ, Zweck, Freiheit, Autonomie etc. – und entscheidende Methoden der Moralbegründung und   -kritik kennenlernen. Durch die gemeinsame Lektüre wird der Kurs aber nicht nur thematisch mit Grundlagen aus der Geschichte der praktischen Philosophie vertraut machen, sondern vor allem in den wissenschaftlichen Umgang mit zentralen Texten der philosophischen Tradition einüben.

 

Hauptseminar (Master Phiosophie: GM1, GM2, GM3, SPM1, SPM2;  Master Ästhetik: MA AE 2.1; Magister (modularisiert): VM 1b, 2b, 3b, 5)

Ästhetische Theorie V: Arnold Gehlens »Zeit-Bilder«

(gemeinsam mit Prof. Dr. Honneth und Prof. Dr. Seel)

 

Das Seminar widmet sich Arnold Gehlens 1960 erstmals erschienener Studie »Zeit-Bilder«, mit der Gehlen eine »Soziologie und Ästhetik der modernen Malerei« vorgelegt hat. Gehlen unterscheidet drei Typen der Bildrationalität – Kunst der Vergegenwärtigung, realistische Kunst, abstrakte Malerei –, die einen jeweils unterschiedlichen primären Sachbezug aufweisen (Mythos, Natur, Subjektivität) und drei Gesellschaftsformationen korrespondieren: der Feudalgesellschaft, der emporstrebenden bürgerlichen Gesellschaft und der nachbürgerlichen Industriegesellschaft. Das »eigentlich kritische Problem« liegt für Gehlen in der Kunst seiner eigenen Gegenwart, die die Frage aufwirft, »wohin eigentlich die Bildrationalität abwandert, wenn mit dem Gegenstand auch noch das Wiedererkennen ausgehoben wird«. Die moderne Kunst verringert den objektiven Bedeutungsgehalt und erhöht so die »Souveränität der Kunst«; sie tut dies allerdings auf eine solche Weise, dass die Werke von Kommentaren abhängig werden, die wir im Falle der modernen Kunst zur Kunst selbst zählen müssen. Mit dieser ebenso komplexen wie prekären Form einer ungegenständlichen Bildgebung vollbringt die Kunst nach Gehlens Analyse Erstaunliches: Die moderne Kunst adoptiert die Bewusstseinsformen, die im Zusammenspiel von Technik, Naturwissenschaft und Gesellschaft entstanden sind und entlastet uns dennoch zugleich von den Zwängen, die in diesen modernen rationalen Systemen vorherrschen: »Nur in der Kunst«, so Gehlen, »kann man noch Freiheitsgrade und Reflexionswachheiten und Libertinismen vorschweben lassen, die im öffentlichen Leben gar nicht unterzubringen wären.« – Das Seminar wird Gehlens bild- und sozialtheoretische Überlegungen im Ausgang von seiner Studie näher untersuchen und in den Kontext anderer ästhetischer Theorien des 20. Jahrhunderts stellen.

 

Hauptseminar (Bachelor Philosophie: VM1, VM3; Master Philosophie: GM1, GM3, SPM1; Master Ästhetik: Theoriemodul Philosophische Ästhetik; Magister (modularisiert): VM 1b, 3a, 3b)

Leben und Form: Agambens Homo Sacer Projekt

Der italienische Philosoph Giorgio Agamben hat mit dem 1995 erstmals erschienenen Buch »Homo Sacer: Die souveräne Macht und das nackte Leben« eine mehrbändige Untersuchung der modernen Lebensform begonnen, die erst in 2014 mit dem Buch »Der Gebrauch der Körper« zum Abschluss gekommen ist. In diesem Projekt verknüpft Agamben Fragen der politischen Philosophie und der Rechtsphilosophie mit Problemen der Ethik, Ästhetik und Metaphysik. Das Seminar will den Versuch machen, sich einen Gesamtüberblick über dieses Projekt zu verschaffen, indem es Auszüge aus allen vier Teilen des Projektes diskutiert. Es wird mithin sowohl um Agambens Kritik am biopolitischen Dispositiv der Moderne gehen, das mit der Produktion »nackten Lebens« (eines seiner Form beraubten Lebens) einhergeht, wie auch um seinen positiven Gegenentwurf einer Lebens-Form, in der Form und Leben nicht voneinander getrennt werden können. Das Ziel einer solchen übergreifenden Diskussion liegt darin, Agambens Projekt nicht mehr allein im Ausgang von einigen vielbeachteten drastischen Thesen her zu verstehen, sondern auf unterliegende Probleme hin zu durchdringen wie das Verhältnis von Geist und Natur, Recht und Faktizität, Politik und Leben, Praxis und Spiel. – Um einen Blick auf den Umriss des gesamten Projekts gewinnen zu können, erfordert das Seminar dabei die Bereitschaft der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem erhöhten Lektüreaufwand.

 

Forschungskolloquium

Idealismus und Materialismus

 

 





Seminar (Master: GM1, GM3, SPM1, SPM2 Mod. Mag.: VM1b, VM2b, VM3a Bachelor: VM1, VM2, VM3 Lehramt: VM1, VM2, VM3)

Wissen was man tut: Praktisches Selbstbewusstsein

Das Seminar beschäftigt sich mit ausgewählten Problemen der zeitgenössischen Diskussion des Selbstwissens (»self-knowledge«) und der Autorität der ersten Person. Eine Reihe von neueren Ansätzen versucht den Umstand, dass wir scheinbar ohne äußere Beobachtung von unseren Überzeugungen und Absichten wissen können, nicht so sehr durch einen besonderen kognitiven Zugang unserer theoretischen Erkenntnis zu erklären – einen speziellen inneren Sinn, in dem uns die mentalen Zustände zugänglich wären –, sondern dadurch, dass wir von diesen Überzeugungen und Absichten im Modus eines praktischen Wissens Kenntnis haben: Wir wissen von unseren Überzeugungen und unseren Absichten ohne Beobachtung, weil wir sie wesentlich dadurch kennen, dass wir uns auf sie festlegen. Im ersten Teil des Seminars werden wir uns mit Richard Morans Authority and Estrangement, dem am weitesten ausgearbeiteten Versuch einer solchen Handlungstheorie des Selbstwissens, auseinandersetzen. Im zweiten Teil des Seminars wollen wir die Idee praktischen Wissens genauer untersuchen, die in dieser Diskussion zum Einsatz kommt. Wir werden hierbei insbesondere den Rückverweisen der aktuellen Diskussion auf Motive der kantischen und hegelschen Philosophie nachgehen. Die Arbeitshypothese, die das Seminars prüfen will, besagt, dass sich im Rückgriff auf diese Tradition ein komplexeres Bild hinsichtlich der Unmittelbarkeit und Spontaneität unseres praktischen Wissens ergibt. Insbesondere Hegel verdeutlicht, dass Wissen von unserem Tun wesentlich ein Moment der Veräußerung und Vermittlung einschießt und vom Wiedereintritt der theoretischen Erkenntnis in die praktische abhängt. – Das Seminar wendet sich an Masterstudierende sowie an weit fortgeschrittene Studierende im BA; Vorkenntnisse der kantischen und post-kantischen Philosophie des Selbstbewusstseins und die Vertrautheit mit Grundzügen der relevanten Debatten zum Selbstwissen sind erwünscht.


Seminar (Mod. Magister: AM 2a, AM 3a/3b Bachelor AM 2, AM 3)

Handlungstheorie

Die philosophische Handlungstheorie entspringt aus der Frage, wodurch sich eine Handlung von bloßen Geschehnissen oder bloßem Verhalten unterscheidet: Durch welche Faktoren wird ein Vorkommnis oder Vollzug als Handlung im vollen Sinne konstituiert? In welcher Weise hängen Handlungen dadurch von besonderen Gründen oder Ursachen, von Wünschen oder Überzeugungen, von Regeln oder Institutionen, von Zurechnungen oder Anschlusshandlungen ab? Welche Merkmale müssen diejenige Instanz auszeichnen, der man Handlungen zuschreibt und die man somit als Handelnde versteht? Und in welchem Verhältnis stehen Handlungen zu den Vorkommnissen in der Welt, durch die sie sich manifestieren? Der erste Teil des Seminars wird sich zunächst den Beiträgen von G.E.M. Anscombe und von D. Davidson zuwenden, jenen Klassikern der analytischen Handlungstheorie, die das Feld der zeitgenössischen Handlungstheorie wesentlich begründet haben. Im zweiten Teil des Seminars erweitern wir die Perspektive auf aktuelle Debatten und weitere Theorietraditionen, die insbesondere die konstitutive Sozialität und die besondere Temporalität des Handelns in den Blick nehmen.


Vorlesung (Mod. Magister AM 1a/1b; AM 3a/3b BA: AM1, AM 3 Lehramt: AM1, AM 3)

Idee der Autonomie

Die Vorlesung untersucht die Vorgeschichte, Herausbildung und Wirkung einer Idee, die insbesondere für die praktische und politische Philosophie der Moderne entscheidende Bedeutung gewonnen hat: die Idee der Autonomie. Während die politische Philosophie der Neuzeit Freiheit und Gesetz wesentlich durch ihren Gegensatz verstanden hatte, enthält die Idee der Autonomie den Gedanken, dass wir Freiheit und Gesetz nur durch ihren inneren Zusammenhang verstehen können. Die Vorlesung wird zunächst neuzeitliche Diskussionen über das Problem normativer Verbindlichkeit und die Wirklichkeit der Freiheit nachzeichnen, um zu verdeutlichen, wie die Idee der Autonomie, die bei Rousseau und insbesondere bei Kant entfaltet wird, auf diese Probleme zu antworten versucht. Im letzten Teil der Vorlesung werden wir uns der kritischen Auseinandersetzung mit der bis heute prägenden kantischen Konzeption der Autonomie widmen. Unter den Autoren, die in der Vorlesung behandelt werden, sind Hobbes, Rousseau, Pufendorf, Leibniz, Kant, Schiller und Hegel.




Vergangene Semester:

Hauptseminar (BA VM1, VM2, VM3)
Hegels Phänomenologie des Geistes
Blockseminar (21.-25.07.2014, 14-19h; Vorbesprechung: 24.04., 14-16h)

Das Seminar widmet sich der eingehenden Diskussion eines Hauptwerkes des Deutschen Idealismus. Hegels Phänomenologie des Geistes legt sich die Aufgabe vor, den „Weg des natürlichen Bewusstseins“ zu begreifen, „das zum wahren Wissen dringt“. Dieser Weg beginnt mit der sinnlichen Gewissheit und also mit einer scheinbar einfachen, unmittelbaren Bewusstseinsgestalt. Indem Hegel die Implikationen und Voraussetzungen dieser Bewusstseinsgestalt entwickelt und die Widersprüche aufweist, in die sie sich verstrickt, wird deutlich, dass das Bewusstsein, will es wahres Wissen werden, eine andere Form annehmen muss und ein anderes Verständnis seines Gegenstandes zugrunde legen muss. Im weiteren Verlauf ergibt sich dann eine ganze Reihe weiterer Bewusstseinsgestalten, die uns jeweils wieder mit Widersprüchen konfrontieren, deren Entfaltung zu immer anspruchsvolleren und komplexeren Gestalten des Bewusstseins und Geistes führt. Dieser „Weg der Verzweiflung“ findet erst im berüchtigten absoluten Wissen seinen Schlusspunkt. Das Seminar will diesen Weg, auf dem sich die Seele „zum Geiste läutert“, nachvollziehen und diskutieren, wie die jeweilige Darstellung der Bewusstseinsgestalten und ihre Folge genauer zu verstehen ist. Wir werden dies tun, indem wir die einzelnen Etappen des Weges gleichsam aus der Rückschau betrachten: Die Teilnehmenden haben die gesamte Vorlesungszeit zur Verfügung, um den Text der Phänomenologie zu lesen, so dass wir in unseren Seminarsitzungen, die in der ersten Woche der vorlesungsfreien Zeit stattfinden, die einzelnen Etappen des Weges vor dem Hintergrund des bereits durchschrittenen Ganzen diskutieren können. Wenn es stimmt, dass der Geist ein „in sich zurückgehender Kreis“ ist, „der seinen Anfang voraussetzt und ihn nur im Ende erreicht“, wird es sinnvoll sein, die verschiedenen Stufen des Buches in doppelter Blickrichtung zu untersuchen. Während in der Leserichtung die Bewusstseinsgestalten durch innere Widersprüche über sich hinaustreiben und gleichsam höhere Bewusstseinsgestalten hervorzubringen scheinen, erscheinen im Rückblick „alle bisherigen Gestalten des Bewusstseins“ als „Abstraktionen“ der entwickelten Form des Geistes. Wir werden diese komplexe Entwicklungslogik der Phänomenologie anhand ihrer verschiedenen Übergänge ausführlich untersuchen. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit werden dabei zwei grundlegende Bewegungen stehen: zum einen der Schritt vom Bewusstsein zum Selbstbewusstsein, der die erste Hälfte des Buches wesentlich bestimmt; zum anderen der Schritt vom Selbstbewusstsein zum Geist, der in der zweiten Hälfte des Buches vollzogen wird.

Literatur zur Einführung und Vorbereitung

E. Förster, Die 25 Jahre der Philosophie, Frankfurt/M. 2011, Kap. 12-14.
R. Pippin, Hegel on Self-Consciousness: Desire and Death in the Phenomenology of Spirit, Princeton 2011.  
L. Siep, Der Weg der Phänomenologie des Geistes, Frankfurt/M. 2000. 
K. Vieweg/W. Welsch, Hegels Phänomenologie des Geistes, Frankfurt/M. 2008.


Oberseminar (VM1b, VM2b, VM3a; Master: GM1, GM2, GM3)
Norm und Natur
Do, 16.00-19.00h, Clustergebäude Normative Ordnungen, Raum 5.01

Das Oberseminar beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Norm und Natur, das sowohl im Bezug auf klassische Positionen (Aristoteles, Descartes, Rousseau, Hegel, Nietzsche etc.) als auch im Blick auf zeitgenössische Versuche ihrer Reaktualisierung (McDowell, Badiou, Neuhouser, Pinkard, Deleuze etc.) diskutiert werden soll. Wir werden uns dabei mit einem Standardnarrativ auseinanderzusetzen haben, nach dem sich die neuzeitliche Philosophie im Unterschied von der Antike durch eine scharfe Kluft von Natürlichem und Geistigem auszeichnet und so Natur und Norm, Notwendigkeit und Freiheit, Ursachen und Gründe in einen Gegensatz bringt, der das Verständnis der Wirklichkeit des Normativen gefährdet. Dieses Narrativ wird häufig eingesetzt, um uns eine Rückkehr zu (neo-)aristotelischen Positionen zu empfehlen, in denen sich die beschriebene Kluft gar nicht erst auftun soll. In Absetzung von diesem Standardnarrativ zielt das Seminar auf ein differenzierteres Verständnis jener Hinsichten, in denen sich bereits bei Aristoteles Spannungen im Verhältnis von erster und zweiter Natur andeuten, und richtet seine Aufmerksamkeit darauf, wie in verschiedenen Positionen der neuzeitlichen Philosophie komplexe Vermittlungsfiguren und Bedingungsverhältnisse von Norm und Natur entwickelt werden. Statt die einfache Entgegensetzung von glücklichem Naturalismus und modernem Dualismus zu pflegen, zielt das Seminar darauf, die komplexen Unterschiede der einzelnen Vorschläge zum Spannungsverhältnis von Norm und Natur herauszuarbeiten.

Zur Teilnahme am Seminar wird um eine Anmeldung bis zum 10.10.2013 unter Thomas.Khurana@normativeorders.net gebeten. Bitte geben Sie in Ihrer Anmeldung Ihr Studienfach und Ihr Fachsemester an.

Zur vorbereitenden Lektüre wird empfohlen: John McDowell, Mind and World, Cambridge, MA: Harvard UP 1994, Lecture IV + VI; Sebastian Rödl, »Norm und Natur«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 51/1, 2003.


Sommersemester 2013
Interpretationskurs (BM 1)
Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Do. 12-14:00; PEG 2.G 107

In der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten legt Kant sich die Aufgabe vor, das grundlegendste Prinzip der Moral „aufzusuchen“ und „festzusetzen“, um so ein festes Fundament für die Sittenlehre zu gewinnen. Kant entwirft in diesem Sinne das Projekt einer „reinen“ Moralphilosophie, die unsere Verpflichtungen auf Grundlagen zurückführen soll, die „vor aller Erfahrung“ Gültigkeit beanspruchen können: Der „Grund der Verbindlichkeit“ der sittlichen Gesetze liegt, so Kant, weder in den uns empirisch bekannten „Umständen in der Welt“, noch in der uns empirisch zugänglichen „Natur des Menschen“, sondern: „a priori lediglich in Begriffen der reinen Vernunft.“ Durch eine intensive Lektüre des Kantischen Textes werden wir versuchen, die Absicht und Motivation dieses Kantischen Vorhabens zu verstehen, und untersuchen, in welchen Schritten und mit welchem Erfolg es durchgeführt wird. Zwei Hauptschritte werden uns dabei beschäftigen: (1) Kants Versuch, zu klären, wie man das grundlegendste Moralprinzip genauer bestimmen kann und seine These, dass sich dieses durch den sogenannten „kategorischen Imperativ“ wiedergeben lässt („Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“); (2) Kants Versuch, zu rechtfertigen, dass dieses Moralprinzip tatsächlich in uns wirksam sein kann, insofern wir uns als freie Wesen verstehen.

Im Nachvollzug des Kantischen Textes, werden wir zentralen Begriffen der praktischen Philosophie begegnen – Wille, Pflicht, Gesetz, Imperativ, Zweck, Mittel, Freiheit, Autonomie etc. – und entscheidende Methoden der Moralbegründung und -kritik kennenlernen. Durch die gemeinsame Lektüre wird der Kurs aber nicht nur thematisch mit Grundlagen der praktischen Philosophie vertraut machen, sondern vor allem in den wissenschaftlichen Umgang mit zentralen Texten der philosophischen Tradition einüben. Wir werden uns in diesem Seminar mithin nicht allein mit Thesen Kants beschäftigen, sondern auf praktische Weise auch mit Fragen wie den folgenden auseinandersetzen: Was heißt es, einen philosophischen Text zu lesen, zu interpretieren, zu rekonstruieren, zu diskutieren und zu kritisieren? Wie nähert man sich einem Text so, dass man Zugang findet zu den philosophischen Projekten, Problemen, Thesen, Argumenten, die er enthalten mag? Wie tritt man in ein Verhältnis zur philosophischen Tradition? 


Wintersemester 2012/13
Seminar
Kants praktische Philosophie
Do. 12-14:00; NG 731
Das Seminar unternimmt den Versuch einer systematischen Rekonstruktion
von Kants praktischer Philosophie. Um dies zu leisten, wird das Seminar von vertiefenden Lektüren kantischer Texte (insbes. der Grundlegung zur Metaphysik
der Sitten und der Kritik der praktischen Vernunft) ausgehen und diese im Licht von zeitgenössischen Diskussionen (etwa bei Korsgaard, Engstrom, Darwall, Zupancic) genauer untersuchen. Das Seminar soll sich dabei insbesondere drei Komplexen widmen: (1) dem Verhältnis von Sittengesetz und Freiheit (das unter Stichworten
wie „Selbstgesetzgebung“, „Selbstkonstitution“, „praktische Identität“, „Paradox
der Autonomie“ diskutiert wird); (2) dem praktischen Selbst- und Fremdverhältnis (Stichworte: „praktisches Wissen“, „erstpersonales Wissen“, die „zweite Person“, „Reich der Zwecke“) und (3) dem Problem der subjektiven, intersubjektiven und historischen Verwirklichung der Bestimmungen der praktischen Vernunft (für das Kants Ausführungen in der Metaphysik der Sitten und in seinen kleineren praktischen Schriften von besonderer Bedeutung sind). Das Seminar will dabei sowohl die systematische Bedeutung von Kant für die praktische Philosophie der Gegenwart erschließen als auch das Bewusstsein für die Besonderheiten und Eigentümlichkeiten seiner Position schärfen.
Veranstaltungsbezogene Modulprüfung: Hausarbeit (ca. 20 S.)


Sommersemester 2012
Seminar (VM 1b, 3a, 3b; BA VM 1, 3)
Naturzustände
Do. 14-16:00; IG 0.454 (03.05. Zusatzsitzung 16-18:00 IG 0.251)
In Gestalt von Naturzuständen konstruiert die Sozialphilosophie und Politische Philosophie der Moderne einen Zustand, der zugleich als das Andere und der Ursprung ihres eigentlichen Gegenstandes verstanden wird: Dem Gesellschaftszustand, dessen Bewegungsgesetze und Normen bestimmt werden sollen, wird ein – zumeist als fiktiv begriffener – Naturzustand gegenübergestellt, in dem diese Gesetze und Normen (noch) nicht gelten. Dieser andere Zustand, an dem kontrastiv abzulesen ist, was den Gesellschaftszustand wesentlich ausmacht, wird dabei zugleich so verstanden, dass der Gesellschaftszustand aus ihm hervorgehen soll, sich aus oder gegen ihn entwickelt. Dabei variiert die Weise des Hervorgehens bei verschiedenen Autoren auf signifikante Weise: Der Gesellschaftszustand kann ebenso als Lösung von Konflikten oder Unsicherheiten des Naturzustands (etwa als Überwindung des Kriegs aller gegen alle) erscheinen, wie als Stabilisierung von bereits im Naturzustand angelegten Verhältnissen oder auch als Verfall und Korruption einer natürlichen Konstitution. Das Seminar soll die Konstruktion und die Kritik verschiedener Konzeptionen des Naturzustands bei Autoren wie Hobbes, Locke, Rousseau, Kant, Fichte, Hegel, Rawls vergleichend untersuchen. Diese Untersuchung soll (i) die grundlegende Bedeutung der Konstruktion von Naturzuständen für die neuzeitliche und moderne Philosophie ebenso herausarbeiten wie (ii) die folgenreichen Differenzen aufzeigen, die sich zwischen den unterschiedlichen Naturzuständen und den Verfahren ihrer Konstruktion auftun.
Zur vorbereitenden Lektüre wird empfohlen:
Art. Naturzustand, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie


Wintersemester 2011/12
Seminar (VM 1b, 2a, 2b, 5)
Kant - Kritik der Urteilskraft
Do. 12-16:00, Hörsaalzentrum 15
Kants Kritik der Urteilskraft stellt einen Schlüssel zum Kantischen Werk wie zu Kants Aufnahme durch die nachkantische Philosophie dar: Mit der dritten Kritik will Kant sein kritisches Geschäft zum Abschluss bringen, um sich schließlich der Metaphysik der Natur und der Sitten selbst zuwenden zu können. Die dritte Kritik entwickelt dabei mit Blick auf ästhetische und teleologische Urteile, mit Blick auf Kunst und Leben Mittelbegriffe, die zwischen den Naturbegriffen und dem Freiheitsbegriff, zwischen Verstand und Vernunft, zwischen unbelebter Natur und dem vernünftigem Subjekt vermitteln. Was für Kant das System der Kritiken selbst schließen soll, verweist für die nachkantische Philosophie dabei auf den Bedarf, über Kant hinauszugehen (etwa in Bezug auf die Figur des "intuitiven Verstandes", der Einbildungskraft, des Spiels, der inneren Zweckmäßigkeit usw.). Das Seminar wird sich zunächst der Lektüre beider Teile der Kritik der Urteilskraft widmen, die häufig vollkommen separat - als Reflexionen über Kunst einerseits und Biologie andererseits - diskutiert werden, aber im Zusammenhang verstanden werden müssen, um in ihrer systematischen Bedeutung erschlossen zu werden: Wie die Natur in Gestalt des Lebens sich dem Artefakt annähert - so zweckmäßig erscheint, als sei sie wie ein Artefakt hervorgebracht -, so soll in der Kunst umgekehrt das bewusstermaßen artifziell Hervorgebrachte zugleich so scheinen, „als ob es ein Produkt der bloßen Natur" (und nicht ein Produkt des „Zwange[s] willkürlicher Regeln") (KdU, § 45) sei. Im Kunstwerk wie im Leben begegnen sich so das Reich der Notwendigkeit und das Reich der Freiheit auf besondere Weise. Das hier deutlich werdende Hintergrundthema der Eigengesetzlichkeit und Freiheit werden wir im letzten Drittel des Seminars anhand einiger exemplarischer Texte vertiefen, die kritisch an Kants Kritik der Urteilskraft anschließen.
Zur vorbereitenden Lektüre werden empfohlen:
- Eckart Förster, Die 25 Jahre der Philosophie, Frankfurt: Klostermann 2011, Kap. 6 u. 7.
- Rachel Zuckert, Kant on Beauty and Biology. An Interpretation of the Critique of Judgment, Cambridge: Cambridge University Press 2007, Introduction (1-22).
(Durch eine Mail an Thomas.Khurana@normativeorders.net können Sie im Vorfeld des Seminars einen Link zu elektronischen Textvorlagen erhalten)


Sommersemester 2011
Thomas Khurana bietet im Sommersemester aufgrund eines Forschungsaufenthaltes an der University of Chicago kein Seminar an. Er wird in der Lehre von Herrn Felix Trautmann vertreten.


Wintersemester 2010/2011
Thomas Khurana bietet im Wintersemester aufgrund eines Forschungsaufenthaltes an der University of Chicago kein Seminar an. Er wird in der Lehre von Frau Tatjana Sheplyakova und Herrn Felix Trautmann vertreten.


Sommersemester 2010
Oberseminar (VM 3a, 3b)
Zum Begriff der Person
Do. 14-18:00 (14-tägl.), IG. 2.501
Das Oberseminar beschäftigt sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit einem grundlegenden Begriff der praktischen Philosophie: dem Begriff der Person. Dieses Konzept beschreibt eine besondere und anspruchsvolle Form, die ein Subjekt im Rahmen einer sozialen Konstellation annehmen oder ausbilden kann und die es als eine Instanz der Zurechnung, der Verantwortung, der Anerkennung usw. konstituiert. In der genaueren Bestimmung dieses Begriffs zeigt sich eine charakteristische Spannung in den Anforderungen, die im Personsein impliziert sind: Auf der einen Seite scheint Personsein eine besondere Form der identitären Konsistenz und Kohärenz vom Subjekt zu verlangen; auf der anderen Seite impliziert Personalität eine strukturelle Differenz der Person zu jenem Subjekt, das diese Person ausbildet, »ist« oder »trägt«. Um eine Person zu sein - eine Instanz der Zurechnung, eine Adresse von Ansprüchen und Verantwortungen -, muss das Subjekt eine Gestalt ausbilden, auf die es sich in bestimmter Weise festlegen lässt und mit der es dennoch aus strukturellen Gründen nicht einfach zusammenfällt. Das Seminar will anhand von historischen Texten und zeitgenössischen Beiträgen dieser Spannung weiter nachgehen und nach den Formen fragen, in denen diese Spannung ausgetragen und zur Darstellung gebracht werden kann. Vor diesem Hintergrund spielen die theatrale und die juridische Verwendung des Begriffes eine besondere Rolle.

 
Vorbereitende Lektüre: Art. Person, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie.


Wintersemester 2009/10
Oberseminar/Kolloquium (zus. mit Christoph Menke)
Paradoxien der Autonomie
Do. 10-12:00, IG 3.301
Das Oberseminar setzt sich mit zeitgenössischen Behandlungen der Figur der Autonomie auseinander. Es setzt bei den Formulierungen eines Paradoxes der Selbstgesetzgebung an, das an der Kantischen Konzeption der Autonomie unter anderem von Terry Pinkard und Robert Pippin nachgezeichnet worden ist: In der Fassung von Freiheit als Autonomie ist eine Spannung zwischen dem Subjekt als ungebundenem Autor und dem Subjekt als gebundenem Unterworfenem des Gesetzes impliziert, die sich besonders an dem Akt oder Moment der Selbstgebung oder -unterwerfung zeigt: Wenn Autonomie eine radikale Form der Selbst-Bestimmung meint, so scheint ein Moment oder Akt gedacht werden zu müssen, in dem das Subjekt sich sein Gesetz selbst gibt, ohne schon von einem Gesetz oder Grund bestimmt zu sein. Ein solcher gesetzloser, grundloser Moment oder Akt, der zur Begründung der Freiheit als Selbst-Bestimmung nötig erscheint, kann zugleich aber nicht als frei im Sinne der Autonomie – des Gebundenseins durch das eigene Gesetz – gedacht werden: »The paradox is that we seem to be both required not to have an antecedent reason for the legislation and to have such a reason« (Pinkard). Das Kolloquium will in einem ersten Schritt die verschiedenen Weisen diskutieren, in denen dieses Paradox genauer aufgefasst werden kann. In einem zweiten Zug soll der Vorschlag untersucht werden, das Paradox dadurch aufzulösen, dass Autonomie in Termini sozialer Teilhabe gedacht wird: nicht als die Selbstbestimmung eines einzelnen vernünftigen Subjekts, das sich in Bestimmendes und Bestimmtes aufspalten muss, sondern als sozial artikulierten Prozess der Selbstbestimmung. In einem dritten Schritt gilt es danach zu fragen, wie man die Vorstellung sozialer Teilhabe komplizieren muss, wenn es sich um die Teilnahme an einer selbstbestimmten Ordnung handelt. Dabei wird sich die Frage stellen, ob und wie in der Struktur sozialer Teilhabe das Paradox der Autonomie in verwandelter Form wieder auftaucht und wirksam bleibt.

Einführende Lektüre: Terry Pinkard, German Philosophy 1760-1860: The Legacy of Idealism, Cambridge UP 2002, S. 45-65, S. 224-233.


Sommersemester 2009
Proseminar (AM 1b, 3b) (zus. mit Dirk Quadflieg)
Der junge Hegel - Jenaer Schriften 1801-1807
Di. 14-16:00, IG 2.501
Im Mittelpunkt des Seminars stehen drei frühe Schriften Hegels aus der Jenaer Zeit: „Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie", „Glauben und Wissen oder die Reflexionsphilosophie der Subjektivität" sowie „Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts". Ausgehend von diesen drei Schriften sowie einigen ergänzenden Texten soll einerseits die Besonderheit der Hegelschen Dialektik in ihrer Abgrenzung zu Kant, Fichte und Schelling verdeutlicht, andererseits (anhand des Naturrechtsaufsatzes) eine Einführung in Hegels praktische Philosophie gegeben werden.

Vorbereitende Lektüre: G. Lukács, Der Junge Hegel, Bd. 2. Über die Beziehung von Dialektik und Ökonomie. Frankfurt/M. 1973.