Spiegelbilder des Klimawandels. Zur Analyse von Bildern als kommunikativen Medien im Kontext umweltbezogener Bildungsprozesse

Von Sommer-Sintfluten und ertrinkenden Eisbären…
Eine Untersuchung visueller Konstruktionen gesellschaftlicher Naturverhältnisse in Bildern der Klimawandelberichterstattung (AT)

Konzept

Das Dasein im 21. Jahrhundert ist durch einen technologischen Entwicklungsschritt geprägt, der zu einer Gleichzeitigkeit und Allgegenwart multimedialer Kommunikationsformen geführt hat. Bilder und Visualisierungen – in den unterschiedlichsten Formen ihrer Repräsentation – spielen dabei für die Übermittlung von Informationen eine besondere Rolle. Sie wirken direkt und unmittelbar, emotionalisierend und oft unbewusst (Doelker 1997). Durch die Zunahme dessen, was wir durch Bilder erfahren und ihre spezifische Wirksamkeit, werden diese zu einem zentralen Moment der Wirklichkeitskonstitution: Das Erleben der medialen Bildrealität substituiert gleichsam jenes der „realen Realität“ (Miggelbrink 2009). So erfahren (auch) Gegenstände geographischer Reflexion eine Bildgebung einerseits bzw. ein Erblicktwerden im Bild andererseits. Seit jeher bedient sich die Geographie bilderzeugender Verfahren und deren Produkte. Dominierten zu Zeiten Humboldts das Anfertigen von Landschaftszeichnungen oder Profilskizzen, bestimmen heute Fotografien, Luft- und Satellitenbilder sowie Karten und GIS die geographische Praxis. Diese Visualisierungen sollen im Kontext ihrer (wissenschaftlichen) Veröffentlichung dazu beitragen, wahres Wissen über die Welt darzustellen und kommunizierbar zu machen. Im Zusammenspiel von auf Kommunikation konkreter Sachinformationen ausgerichteter Produktion und Rezeption tritt dabei das Wesenhafte der Bilder allzu leicht in den Hintergrund und die Wirksamkeit des Visuellen gerät in Vergessenheit (Miggelbrink & Schlottmann 2009). Was passiert aber, wenn z.B. ein – zunächst lebensweltlich nicht erfahrbarer – sich über Jahre und Räume ereignender, komplexer Prozess wie z.B. der anthropogene Klimawandel visuell reduziert wird und seine Form in ausschnitthaften, perspektivischen, manipulierten Momentaufnahmen findet? Wie wird ein solches Ereignis durch die medialen Repräsentationen konstruiert? Welche Bildgebungen wirken in das öffentliche Bewusstsein und in der Konsequenz auch in das Handeln einer Gesellschaft hinein?



Empirie

Die empirische Arbeit widmet sich einer Analyse der visuellen Konstruktion geographischer Gegenstände durch Medienbilder am Beispiel von Natur-Darstellungen in der Klimawandel-Berichterstattung. Ziel ist es, durch Überlegungen zur Bedeutung dieser visuellen Konstruktionen und der durch sie gegebenen Möglichkeiten der Einflussnahme auf Bildungsprozesse z.B. hinsichtlich gesellschaftlicher Naturverhältnisse, Implikationen für einen Umgang mit Bildern in der Vermittlung geographischer Gegenstände zu entwickeln. Im Zentrum steht die Analyse eines Bildkorpus, gespeist aus den Beiträgen zur Klimawandel-Berichterstattung der Zeitschrift DER SPIEGEL aus den Jahren 2000-2010. Um zu einer Typologie visueller Stereotype des Klimawandels zu gelangen, werden die einzelnen Elemente des Korpus zunächst  kodiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. In einem zweiten Schritt wird unter Rückgriff auf Strategien der visuellen Diskursanalyse den Pressfotografien inhärenten Bildungsgehalten nachgespürt und mögliche durch diese angelegte Handlungsimplikationen aufgezeigt.



Zielsetzung

Ziel der Arbeit ist es, ausgehend von den Ergebnissen aus der Empirie, Wege aufzuzeigen, wie geographische Bildung durch die Förderung einer kritisch-reflexiven Visuellen Kompetenz, Heranwachsende dazu befähigen kann, den durch Medien visuell konstruierten Gegenständen geographischer Reflexion eigenverantwortlich und emanzipiert entgegenzutreten.



Literatur

Doelker, C. (1997): Ein Bild ist mehr als ein Bild. Visuelle Kompetenz in der Multimedia-Gesellschaft. Stuttgart: Klett-Cotta.

Miggelbrink, J. (2009): Verortung im Bild. Überlegungen zu 'visuellen Geographien'. In: Döring, J. & Thielmann, T. (Hrsg.). Mediengeographie. Bielefeld: transcript, 179–202.

Miggelbrink, J. & Schlottmann, A. (2009): Visuelle Geographien - ein Editorial. – Social Geography 4, 1, 1–11, http://www.soc-geogr.net/4/13/2009/sg-4-13-2009.html (Zugriff: 2010-02-05).