Panel 4: Muslime in Prozessen der Identitätsbildung

Panelleitung: Armina Omerika, Frankfurt/Naika Foroutan, Berlin

Identitätsbildung ist ein Aushandlungsprozess, der auf die Anerkennung der persönlichen Selbstvergewisserung durch die Anderen angewiesen ist. Auch im Falle der Muslime in Europa vollzieht sich dieser Prozess in komplexen Beziehungsgeflechten – in Migrationssituationen etwa durch Bezugnahme auf verschiedene Referenzpunkte im Herkunfts- und Residenzkontext – und durch gemeinsame diskursive Rahmungen, wie beispielsweise geteilte Narrative.

Vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Ansätze der Migrations- und Integrationspolitiken lässt sich in allen westlichen Einwanderungsgesellschaften die Entstehung neuer Formen von muslimischen Identitäten beobachten. Dem Prozess der Zwangsvergemeinschaftung und der negativen Attribuierung von außen treten die Muslime mit der Herausbildung eines neuen Wir-Gefühls und neuer Communities entgegen. Der Prozess wirkt sich sowohl auf das Religionsverständnis als auch auf tradierte religiös legitimierte soziale Praktiken aus: Etablierte Geschlechterhierarchien einschließlich der Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder sind im Wandel begriffen; die Formen und Akteure religiöser Autoritätsbildung verändern sich; Muster kollektiver Erinnerung werden neu definiert und ausgestaltet; Jugendszenen sind dynamisch und finden neue Ausdrucksformen. Bei jungen Generationen stehen dabei die Bemühungen um eine Abgrenzung von den traditionellen Lebensformen der Elterngeneration in einem dynamischen Spannungsverhältnis mit der Positionierung in den westeuropäischen Gesellschaften und mit deren islamischen Legitimation.

In diesem Panel wird den Fragen nachgegangen, wie sich die Wechselwirkungen zwischen den Selbst- und Fremdzuschreibungen auf die Identitätsbildung von Muslimen in Europa auswirken. Es wird nach Parametern gefragt, nach denen die Identitätsfindung bei mangelhafter, bedingter oder gar abwesender Anerkennung verläuft. Des Weiteren sollen Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Identitätsdeterminanten und sozialen Kategorien (Ethnie, Religion, Klasse, Alter, Geschlecht) in gegenwärtigen Vergemeinschaftunsgprozessen von Muslimen beleuchtet werden, um letztlich die Frage zu beantworten, wie breit und heterogen das Spektrum der ‚neuen Muslime‘ ist.

Referenten

Jamal Malik (Erfurt)
The Integration of Muslim Migrants, Politics of Dialogue and Identity Politics in Germany

Agata S. Nalborczyk (Warschau)
The Identity of Polish Muslim Tatars in the 20th and 21st centuries: Definitions, Changes and Tools of its Development

Armina Omerika (Frankfurt)
Konstruktion der bosniakisch-muslimischen Diaspora in Deutschland

Naika Foroutan (Berlin)
Hybride muslimische Identitäten

Maruta Herding (Halle)
Inventing the Muslim Cool: Muslimische Jugendkultur in Westeuropa

Younes al-Amayra (Berlin)
Muslimische Jugendkulturen in Deutschland am Beispiel von i,Slam