Jan Kuhlbrod

1966 in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz geboren. Er absolvierte ein Studium der Philosophie in Frankfurt am Main und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Derzeit ist Jan Kuhlbrod Geschäftsführer der Literaturzeitschrift EDIT.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?
Neben einer Einführung in die Philosophie war mein Studium vor allem zu Beginn eine Einführung in das Leben im Westen, da ich ein paar Monate nach der Maueröffnung nach Frankfurt kam. Flankiert von Lehrern wie Alfred Schmidt und Jürgen Habermas war es das Beste, was einem ehemaligen DDR-Bürger passieren konnte.

Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
In einem Seminar referierte Professor Alfred Schmidt einmal über Feuerbachs Liebesbegriff. Der ganze Raum schien zu schweben, inklusive des nicht gerade leichten Professors und links und rechts neben ihm schwebten Dr. Jung und Dr. Grün, seine Assistenten.

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?
Ich habe nie wirklich zwischen Arbeits- und Freizeit getrennt. Im Studium schon gar nicht.

Wo trafen Sie sich mit Ihren KommilitonInnen außerhalb der Universitäts-Veranstaltungen?
Wenn wir uns nicht in irgendwelchen Privatwohnungen die Köpfe heiß geredet haben, dann war die Casa di Cultura der Ort, an dem wir gern über die Welt diskutierten, die es gerade und wie immer zu retten galt.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war – mit wem lebten Sie zusammen?
Ich habe im Gallus gewohnt, direkt an der Mainzer Landstraße. An einer Kreuzung ohne Ampel und Rechtsabbiegerpfeil gab es täglich mehrere kleine Unfälle, Blechschäden, die mir, während ich an meiner Magisterarbeit schrieb, Pausen verschafften, die ich dann am Fenster verbrachte.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?
Der steht hoffentlich noch aus.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?
Am wichtigsten, scheint mir, sind Liebe zum Fach, eine gewisse Begeisterungsfähigkeit und Selbstständigkeit.

Was würden Sie heutigen Studierenden raten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Sie sollten sich von Anfang an um ihre Belange auch selbst kümmern, mitdenken, sich einmischen, wo es nötig ist.

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Nach ein paar Jahren Bachelor werden wir in Deutschland sukzessive zu den alten Magisterstudiengängen zurückkehren, weil wir gemerkt haben, dass Effizienz sich nicht nur an der Kürze der Studienzeit messen lässt.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
In einem anderen Land wäre ich vielleicht Deutschlehrer geworden.

Wie lautet heute ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
An allem ist zu zweifeln.