Andrea Schwalbach

An der Goethe-Universität studierte Andrea Schwalbach Philosophie und Theaterwissenschaften, in ganz Europa reüssiert sie heute als Musiktheater-Regisseurin vor allem mit zeitgenössischen Stücken sowie selten gespielten Trouvaillen. Bereits mehrfach war Schwalbach am Opernhaus ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main zu Gast, an dem sie 1997 mit Donizettis „Liebestrank“ debütierte und in Folge „Ein Walzertraum“ von Oscar Straus sowie (im Bockenheimer Depot) „Der Kaiser von Atlantis“ von Victor Ullmann herausbrachte. Des Weiteren inszenierte sie an wichtigen deutschen Bühnen wie den Staatsopern Berlin und Hannover, aber auch in Antwerpen, Linz oder Rom. 1990 gehörte Andrea Schwalbach zu den Begründern des Mutare Musiktheater Ensembles (www.mutare.de), in der aktuellen Theater-Spielzeit inszeniert sie unter anderem die Uraufführung von Salvatore Sciarrinos „Superflumina“ am Nationaltheater Mannheim.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?
Ich hätte auch Regie studieren können, aber das war mir zu verschult, und so habe ich den Weg der Geisteswissenschaften gewählt. Die waren dann das komplette Gegenteil von Theater. Ich hatte schon in der Schule nur Theater im Kopf und wollte für mich noch einmal anders denken lernen. Am Ende war Philosophie viel wichtiger für mich als die Theaterwissenschaften. Das Gedanken nur zum Denken da sind und sich aus ihnen nicht gleich ein Bild entwickeln muss, das umsetzbar ist, war ein Genuss.

Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
Die Vorlesungen von Habermas und Apel, die Poetikvorlesung von Ernst Jandl und Hans Mayer und die Filmseminare über die expressionistischen Stummfilme, Forsyths Inszenierung von „Gänge“, in der ich mit nur fünzig Zuschauern saß, der „Ring“ von Ruth Berghaus, das TAT...

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?
Theater. Ich habe assistiert wo es ging und eigene Stücke mit zwei Kommilitonen und unserem Ensemble entwickelt. Wir versuchten das Musiktheater zu erneuern, das war dann manchmal so neu, dass es außer uns niemand mehr verstanden hat. Frankfurt hatte noch genug Mittel im Haushalt der Kulturförderung frei, um so experimentelle Gruppen wie unser Mutare Musiktheater Ensemble zu fördern. Man konnte nicht davon leben, aber die Darsteller und Musiker einigermaßen gerecht entlohnen. Ansonsten lesen, lesen, lesen.

Wo trafen Sie sich mit Ihren Kommilitonen außerhalb der Universitäts-Veranstaltungen?
Ich sag jetzt nicht schon wieder Theater, obwohl es stimmt. Da es immer dieselbe Kneipe war, in der wir uns trafen, kenne ich sogar noch den Namen, das Cafe „Bastos“ direkt gegenüber vom Campus Bockenheim. Da bestellte man noch Milchkaffee und nicht Café Latte.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war – mit wem lebten Sie zusammen.
Ich wurde genau fünf Gehminuten von der Uni geboren, ich bin in Bockenheim aufgewachsen und in die Schule gegangen, habe an einer der ersten Gesamtschulen im selben Viertel Abitur gemacht und war immer fest davon überzeugt, dass ich auch auf die Uni um die Ecke gehen wollte. Mutet fast anachronistisch an in Zeiten der permanent mobilen Gesellschaft... Dafür war mein Mitbewohner aus München. Den muss ich aber infiziert haben, denn er zog nicht mehr weg, im Gegensatz zu mir. Ich wohne jetzt sozusagen im Exil an der bayerischen Grenze und hoffe, ich darf irgendwann wieder zurück.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?
Das kann man in einem Theaterleben schwer sagen, im besten Fall ist es immer gerade die letzte Premiere. Es ist eine vergängliche Kunst, mit der ich umgehe. Nach ein paar Wiederaufnahmen ist so eine Inszenierung vom Spielplan verschwunden und es bleiben ein paar Bilder, Kritiken und ein meist schlechtes Video. Meine Inszenierung vom „Liebestrank“ lief alleine in Frankfurt sechs Jahre und dann noch mal bis vorletztes Jahr in Mannheim. Das könnte man als großen Erfolg sehen. Ich fand es nur gruselig, da es am Schluss nichts mehr mit mir zu tun hatte.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?
Praxisbezogenheit, kreative Vermittlung und Humor (den braucht man einfach zum Leben und Denken).

Was würden Sie heutigen Studierenden raten, um beruflich erfolgreich zu sein?
Ich versuche es mal ganz simpel: Nur das studieren, was auch ein Blitzlichtgewitter im Hirn auslöst. Da man das im seltensten Fall gleich herausfindet,  gelassen bleiben und suchen bis man fündig geworden ist, auch wenn alle anderen was anderes sagen.

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Viel, viel weniger Fachidiotie, übergreifende Fachbereiche. Am liebsten zurück zum Renaissancegedanken. Grenzenloses Lernen.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
Keinen. Ich kann wirklich nichts anderes.

Wie lautet heute ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
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