Gisela Stang

Gisela Stang ist seit dem 13. September 2001 Bürgermeisterin der Kreisstadt Hofheim am Taunus. Die gebürtige Hofheimerin wurde mit ihren 31 Jahren Hessens jüngste Bürgermeisterin. Ihr Germanistik-Studium mit den Nebenfächern Soziologie und Politologie schloss sie an der Goethe-Universität ab. Im Anschluss absolvierte sie an der University of Cape Town, Kapstadt, Südafrika ein Aufbaustudium mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Marketing. Bereits während ihres Aufbaustudiums arbeitete sie im Bereich Kommunikation in einer großen Versicherung. Nach der Rückkehr war sie schon bald Projektleiterin in einer PR-/Marketing-Agentur in Frankfurt.

Ihren Einstieg in das politische Geschäft fand sie als persönliche Referentin von Christine Hohmann-Dennhardt, der hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst, und im Anschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin der SPD-Fraktion im Wiesbadener Rathaus, wo sie die Bereiche Planung, Bau und Verkehr, Umwelt, Gesundheit und Bürgerbeteiligung verantwortete.

Bei der Bürgermeisterwahl in Hofheim im Jahr 2001 setzte sie sich mit 50,1 % der gültigen Stimmen gegen ihren Mitbewerber Gerd Czunczeleit (CDU) durch und wurde somit die erste Frau überhaupt in diesem Amt. 2013 war Gisela Stang in ihrem Amt als Bürgermeisterin der Stadt Hofheim am Taunus wiedergewählt worden. In ihrem Verantwortungsbereich liegen nicht nur der Sozialbereich, sondern auch die Finanzen.

Welche Bedeutung hatte Ihre Studienzeit für Sie aus heutiger Sicht?

Die Studienzeit war ein wichtiger Abschnitt im Erwachsen- und Selbstständig-Werden. Fern der Restriktionen des heutigen Bachelors gab es wirklich den Freiraum, sich selbständig und eigenverantwortlich frei vom Stundenplan mit Fragenstellungen neben den Studienfächern – allein ausgerichtet an meinen Interessen – zu beschäftigen. Wichtig war dabei die Erfahrung, zwar alle Möglichkeiten zu haben, aber auch die Notwendigkeit zu akzeptieren, sich selbst zu disziplinieren und nicht im Paradiesgarten der Beliebigkeit hängen zu bleiben. Zwar bedarf es Mut, sich der Gefahr der Beliebigkeit auszusetzen und sich dabei immer wieder selbst zu motivieren, um sich im studentischen wie wissenschaftlichen Massenbetrieb einer Universität nicht zu verlieren und das Ziel, auch mal fertig zu werden, nicht aus dem Auge zu lassen.

Welches Ereignis Ihrer Studienzeit ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Wenn ich so überlege, dann gibt es nicht das eine große Ereignis. Es ist vielmehr ein bunter Strauß von Erinnerungen, von vielen spannenden Vorlesungen, von nervlich aufreibenden Situationen vor Prüfungen oder Referaten, von der Hilflosigkeit eines übervollen Hörsaals, von Diskussionen im Elfenbeinturm oder über die Ideen, die Welt zu verändern, von Freundschaften, die bis heute halten, und von dem Glück, immer wieder etwas geschafft zu haben.

Was war Ihre liebste Freizeitbeschäftigung während des Studiums?

Theater, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte – dem Studententarif sei Dank und der Freiheit, die ich mir genommen hatte, hinzugehen.

Wo trafen Sie sich mit Ihren KommilitonInnen außerhalb der Universitätsveranstaltungen?
Im Café Albatros gab es wohl immer einen Platz für uns.

Wo wohnten Sie während Ihres Studiums? Wenn es eine WG war – mit wem lebten Sie zusammen?

Hofheim war und ist ja glänzend mit der Bahn angebunden. Als Halbwaise waren meine finanziellen Spielräume sehr übersichtlich, und von daher wohnte ich zu Hause.

Was war Ihr wichtigster akademischer oder beruflicher Erfolg?
Zuerst einmal, dass ich trotz meiner Nebenbeschäftigungen zur Finanzierung meines Studiums meine Magisterarbeit in einem überschaubaren Rahmen abgeschlossen habe. Und dass es mir gelang, unmittelbar nach dem Abschluss in Frankfurt ein selbstfinanziertes Postgraduate Studium in Marketing und Wirtschaft in Südafrika zu absolvieren. Beruflich bisher sicherlich meine erste Wahl zur Bürgermeisterin meiner Heimatstadt Hofheim. Danach der Einstieg in die Landespolitik als Stellvertreterin von Thorsten Schäfer-Gümbel in der Hessen-SPD – ein Lebensabschnitt, der mir wieder und wieder ganz neue Einblicke und Erfahrungen verschafft.

Welche Eigenschaften sollten Hochschullehrer beziehungsweise Studierende mitbringen?
Neugierde und Menschenfreude, Kritikfähigkeit und Eigenmotivation, Humor und Gelassenheit, und nicht zuletzt die Fähigkeit, Studierenden mit Empathie zu begegnen.

Welche Bedeutung haben Alumni für die Universität, was können Alumni für die Universität tun?
In meinem Postgraduiertenstudium an der University of Cape Town gab es jeden Monat eine Alumni-Vorlesung unserer Fakultät Commerce. Chefs großer Unternehmen, Marketingleiter oder auch Kommunikationsexperten haben aus ihrem Alltag sehr authentisch, sehr ehrlich berichtet. Dies hat uns Studierenden die Augen geöffnet, aber auch die Ideen für die eigene Zukunft erweitert und übertriebene Ängste verworfen, dass man dies alles nicht schaffen könnte. So, meine ich, können Alumni sehr hilfreich sein und stellen ein wichtiges Netzwerk für die Zeit danach dar.

Wie sieht für Sie die Universität der Zukunft aus?
Das Wissen und die Wissensaneignung und -vermehrung wird immer weniger nur das Ergebnis eines Einzelnen sein. Wissen heute ist immer mehr das Zusammenspiel vieler aus den verschiedenen Disziplinen, die komplexe Sachverhalte aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Daher muss eine Universität der Zukunft mehr denn je sowohl interdisziplinär als auch generationsübergreifend arbeiten und die reale und virtuelle Welt vernetzen. Um dies aber zu können, braucht es wohl wieder mehr Freiraum und Zeit, sich auch mit anderen Wissenschaften und vor allem anderen Menschen zu befassen. Wir brauchen Menschen, die sich für andere Menschen interessieren und engagieren. Denn als Mensch trägt auch der Studierende Verantwortung für diese Welt und nicht allein für das eigene Fortkommen – wenn es sein muss auch auf Kosten anderer.

Wenn Sie einen anderen Beruf gewählt hätten – wofür hätten Sie sich entschieden?
In der Schule wollte ich immer Meeresbiologin werden. Diesem bin ich mit meiner Leidenschaft Segeln etwas entgegengekommen. Heute würde ich mit der Universität des 3. Lebensalters wohl eher die Archäologie angehen.

Wie lautet heute Ihr Wahlspruch oder Arbeitsmotto?
‚Always look at the bright sight of life‘ (Monty Python) – es gibt genug Menschen, die schon die schlechten Seiten betonen.

(Stand: 07.09.2014)