Kongress der Internationalen Rosenzweig-Gesellschaft

Nach dem Stern der Erlösung. Franz Rosenzweig in Frankfurt: Bildung - Sprachdenken - Übersetzung

Veröffentlicht am: Mittwoch, 15. Oktober 2014, 13:34 Uhr (2014-10-26)

Nach dem Stern der Erlösung. Franz Rosenzweig in Frankfurt: Bildung – Sprachdenken – Übersetzung / After the Star of Redemption. Franz Rosenzweig in Frankfurt: Bildung – Speech Thinking – Translation


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Goethe-Universität Frankfurt am Main, Sonntag bis Mittwoch, 26.-29. Oktober 2014

Im Auftrag der Internationalen Rosenzweig-Gesellschaft e.V. 
organisiert von: Prof. Dr. Christian Wiese 

Organisationskomitee: Prof. Dr. Hans-Christoph Askani (Genf); Prof. Dr. Robert Gibbs (Toronto); Prof. Dr. Heiko Schulz (Frankfurt); 
Prof. Dr. Thomas Schmidt (Frankfurt); Prof. Dr. Joachim Valentin (Frankfurt); Prof. Dr. Christian Wiese (Frankfurt) 


 


Anmeldung und Registrierung

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Kooperationspartner

Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck-Instituts in der Bundesrepublik Deutschland (Berlin)

Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“ (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Institut für Religionsphilosophische Forschung (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Katholische Akademie Rabanus Maurus – Haus am Dom (Frankfurt)

Evangelische Akademie Frankfurt (Frankfurt)

Jüdisches Museum Frankfurt am Main


Franz Rosenzweigs während des Ersten Weltkrieg begonnenes philosophisches Hauptwerk, der Stern der Erlösung, in dem er sein „neues Denken“ systematisch entfaltete, endet mit den Worten „Ins Leben“, die nun zum Zentrum seines Denkens wurden. Als der Stern 1921 erschien, hatte bereits eine andere Phase seines Lebens und Schaffens begonnen, die ihn nach Frankfurt am Main führte und sein Augenmerk auf die Frage nach den Grundlagen jüdischer Existenz im 20. Jahrhundert und nach der religiös-kulturellen Erneuerung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland lenkte. Wie müssen Jüdinnen und Juden tun, um „ins Leben“ zu kommen? Wie müssen sie leben, damit Jüdischsein in ihrem Handeln Relevanz gewinnt? In dem knappen  Jahrzehnt, das Rosenzweig bis zu seinem vorzeitigen Tod 1929 in Frankfurt verbrachte und das, obgleich zunehmend von seiner fortschreitenden Krankheit überschattet, eine Schaffenszeit von ungebrochener, bewundernswerter intellektueller Kreativität war, traten vor allem für die Praxis eines gelebten Judentums bedeutsame Reflexionen über Bildung und Sprache in den Vordergrund.

Die Gründung des Freien Jüdischen Lehrhauses, das zwischen 1920 und 1938 für die Frankfurter jüdische Kultur und darüber hinaus von großer Bedeutung war, hing eng mit Rosenzweigs Nachdenken über eine Bildungskonzeption zusammen, die auf die Vermitt­lung jüdischen Wissens mittels einer „lebensverbundenen und lebensbestimmenden jüdischen Wissenschaft“ und auf die Stärkung der Identität der jüdischen Gemeinschaft angesichts der religiösen und kulturellen Krisen nach dem Krieg zielte. Die Erinnerung an diesen Aspekt von Rosenzweigs Wirken in Frankfurt bietet Anlass, über die bildungstheoretische Aktualität seines Ansatz für gegenwärtige Diskurse über das „Lernen“ in unterschiedlich geprägten religiösen und säkularen Kontexten zu diskutieren, sei es an den Universitäten oder in anderen, außerakademischen Bildungskontexten sowie über die gesellschaftliche und politische Bedeutung religiösen und kulturellen Wissens in multikulturellen Gesellschaften zu diskutieren.

In die Frankfurter Zeit Rosenzweigs fallen zudem sein Nachdenken über die unterschiedlichen Dimensionen der Sprache und des Sprechens sowie seine Praxis des Übersetzens, zunächst der hebräischen Poesie des mittelalterlichen Philosophen Jehuda Halevi und – seit 1925 – der Hebräischen Bibel, gemeinsam mit Martin Buber, mit dem ihn eine intensive, kongeniale Zusammenarbeit verband, mit dem er sich jedoch zugleich mit Blick auf sein jüdisches Selbstverständnis kritisch auseinandersetzte. Im Zentrum seines sprachphilosophischen Denkens stand die Idee einer göttlichen Offenbarung, die sich wesentlich im „Sprechen“, im Anruf Gottes an den Menschen, und in dessen „Hören“ und Antworten ereigne. Mit Blick auf seine Bildungsarbeit führte dies auch – in Auseinandersetzung mit zeitgenössischen protestantischen Konzepten – zum Entwurf einer „neuen jüdischen Bibelwissenschaft“, darum, die Bibel – Prophetie, ethische Weisungen, die Erzählungen von der Schöpfung und vom Schicksal Gottes mit seinem Volk Israel – für die Gegenwart seiner jüdischen Zeitgenossen neu als Offenbarung vernehmbar zu machen. Rosenzweigs Denken dieser Zeit eignet sich in besonderer Weise als Ausgangspunkt für gegenwärtige hermeneutische, theologische und philosophische Diskussionen mit Blick auf das Verständnis von Offenbarung, das Verhältnis von menschlichem und göttlichem Sprechen, den Umgang mit autoritativen religiösen Texten in multireligiösen und säkularen Kontexten oder die Bedeutung von Sprache und Sprechakten für das Denken wie für den zwischenmenschlichen und interreligiösen Dialog.


Franz Rosenzweig’s main philosophical work The Star of Redemption, which he started during World War I and in which he systematically developed this “New Thinking”, ends with the phrase “into Life”. When the Star appeared in 1921, Rosenzweig had already embarked on a new period of his life and work that led him to Frankfurt am Main and prompted him to focus on crucial questions regarding the foundations of Jewish existence in the 20th century as well as the religious and cultural renaissance of German Jewry. What should Jews do in order to embrace Judaism in their lives? How should they live in order to make their Jewishness a relevant element of their religious and political practice? During the decade Rosenzweig spent in Frankfurt until his premature death, a decade overshadowed by his progressing illness and still characterized by an admirable, unbroken intellectual creativity, reflections upon Bildung and language, which he considered to be most significant for Jewish life and religious practice, became particularly prominent in his thinking.   

The establishment of the Freies Jüdisches Lehrhaus, which played an important role for Jewish culture in Frankfurt and in Germany in general between 1920 and 1938, was closely linked to Rosenzweig’s specific concept of Bildung that aimed to conveying Jewish knowledge by a „Jewish scholarship connected to life and capable of shaping life“, as he phrased it, as well as to fostering the identity of the Jewish community in view of the religious and cultural crises after the Great War. Commemorating this aspect of Rosenzweig’s activities in Frankfurt provides the opportunity to discuss the relevance of his theoretical and practical approach to education for present debates on „Learning“ in different religious or secular contexts, be it at academic or other, non-academic institutions of education, and to reflect upon the significance of religious and cultural knowledge multicultural societies.

During the period Rosenzweig spent in Frankfurt another focus of his thinking was on the manifold dimensions of language and speech as well as on his practice of translation, first of the Hebrew poetry of medieval philosopher Judah HaLevi and – since 1925 – of the Hebrew Bible, together with Martin Buber, with whom he co-operated in a spirit of congeniality but with whom he also discussed crucial differences regarding the interpretation of Judaism. His speech-thinking revolved around the idea of a divine revelation occurring in the realm of “speaking”, God’s call and the human “listening” and response. With regard to Rosenzweig’s concept of Bildungthis also prompted to the vision of a „new Jewish biblical scholarship“, differing from contemporary Protestant approaches, i.e. an attempt to create the conditions which would enable his Jewish contemporaries to hear the Bible – prophecy, moral commandments, narratives about creation and God’s path with Israel – as a revelation for their own lives. Rosenzweig’s thinking during his period in Frankfurt thus lends itself as the basis for discussions on present hermeneutical, theological and philosophical discussions, such as those on the understanding of revelation, the relationship between human and divine speech, the question regarding the authority of religious texts in multi-religious or secular contexts, or the significance of language and speech-acts for human thinking as well as for the dialogue between individuals or interreligious encounters.


Finanzielle Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Zentralrat der Juden in Deutschland

Alfons und Gertrud Kassel-Stiftung (Frankfurt)

Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main

Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft des Leo Baeck-Instituts in der Bundesrepublik Deutschland (Berlin)

Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“ (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Gesellschaft der Freunde und Förderer der Goethe-Universität

Stiftung zur Förderung der internationalen wissenschaftlichen Beziehungen der Johann Wolfgang Goethe- Universität

Katholische Akademie Rabanus Maurus – Haus am Dom (Frankfurt)

Evangelische Akademie Frankfurt (Frankfurt)

Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main