Historischer Kontext:

Während der griechischen Expansionsbestrebungen im 8.–6. Jh. v. Chr. treten die Küstenregionen des Pontos Euxeinos verstärkt in den Fokus hellenischen Interesses. Vor allem die Nordküste des Schwarzen Meeres wird ab der zweiten Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. durch die Gründung zahlreicher Koloniestädte langsam aber stetig in die griechische Oikumene eingebunden. Dabei sind die neu gegründeten Pontosstädte trotz der großen Entfernungen zu ihren Mutterstädten von Anfang an auf das Engste mit den historischen Prozessen im Mittelmeerraum verbunden und konnten im Laufe der Zeit sogar große Bedeutung für einzelne Stadtstaaten in Griechenland erlangen. So dienen sie etwa im 4. Jh. v. Chr. für Athen als Garant einer sicheren Getreideversorgung und im Gegenzug als lukrativer Abnehmer eigener kultureller Erzeugnisse.
Geographisch lassen sich insgesamt drei große Entwicklungsräume im nördlichen Schwarzmeergebiet feststellen, die sich ab dem 6. Jh. v. Chr. auf sehr unterschiedliche Weise zu überregional bedeutenden kulturellen wie auch politischen Zentren entwickeln. Eines dieser Zentren ist das antike Olbia nahe dem Zusammenlauf von Bug und Dnepr. Die milesische Kolonie entwickelt sich zur einzigen großen Stadt in der Region und übt für mehr als acht Jahrhunderte maßgeblich Einfluss auf die Ereignisgeschichte speziell des nordwestlichen Schwarzmeerraums aus.

 
Olbia. Kernstadtareal. Im Hintergrund das Areal des sog. Westtemenos (Foto Fornasier, 2014).