Vorlesung Chemie für Mediziner

Organisation

Die Vorlesung findet im ersten Semester (Wintersemester) statt, mit einem kurzen Vorlauf vor den Weihnachtsferien und nach Weihnachten parallel zum Praktikum. Sie behandelt einerseits die theoretischen Grundlagen der im Praktikum durchgeführten Versuche und Übungen, dient vor allem aber der Vermittlung eines breiten, den Anforderungen des Medizinstudiums angemessenen Basiswissens in Chemie und umfasst dementsprechend den gesamten Bereich der allgemeinen, anorganischen und organischen Chemie vom einfachsten Atom bis hin zur Grundstruktur der wichtigsten Biomoleküle.

Vorkenntnisse

Vorausgesetzt werden elementare schulische Grundkenntnisse in Chemie, wünschenswert wäre ein fundiertes Wissen auf Oberstufen- bis Leistungskurs-Niveau. Erfahrungsgemäß weist jedoch ein großer Teil der Studierenden eher geringere Vorkenntnisse auf, was durch einen einwöchigen Vorlauf vor Praktikumsbeginn und im Aufbau der Vorlesung selbst berücksichtigt wird.

Lernziele

Die Vorlesung behandelt grundsätzlich die im Gegenstandskatalog zur Approbationsordnung festgelegten Lernziele, wobei  bedingt durch den zeitlich eng begrenzten Rahmen der Veranstaltung  zwangsläufig nicht alle Themen lückenlos präsentiert werden können. Durch den regelmäßigen Besuch der Vorlesung sollen daher primär die - meist unvollständigen - Vorkenntnisse in Chemie aufgefrischt und das chemische Basiswissen soweit ausgebaut werden, dass auch die im weiteren Verlauf des Studiums  insbesondere im Abschnitt Biochemie  anstehenden komplexen biochemischen Vorgänge zumindest grundsätzlich verstanden und eigenständig erarbeitet werden können.

Themenübersicht

Die Vorlesung besteht formal aus den Teilen "Allgemeine und Anorganische Chemie" sowie "Organische Chemie".

1. Teil: Allgemeine und Anorganische Chemie

  1. Einführung / Struktur der Materie: Atomare Struktur der Materie, Atome, Elemente, Verbindungen, Dalton'sches Atommodell, Atomkern und Elektronenhülle, Elementarteilchen, Ordnungszahl und Massenzahl, Isotope, Molbegriff, Maßeinheiten, chemische Formelsprache, Grundlagen der Stöchiometrie
  2. Atombau und Periodensystem: Struktur der Elektronenhülle, Schalenmodell, Orbitalmodell, Quantenzahlen, Aufbauprinzip, Pauli-Prinzip und Hund'sche Regel, Elektronenkonfiguration, Periodensystem der Elemente, Perioden und Gruppen, Haupt- und Nebengruppen, allgemeine Zusammenhänge im PSE
  3. Die Chemische Bindung I: Edelgaskonfiguration, Oktettregel, Elektronegativität, Grundtypen der chemischen Bindung: Ionenbindung, kovalente Bindung und polare Atombindung, metallische Bindung, Einfach- und Mehrfachbindungen, Aufstellen von Lewis-Formeln
  4. Die Chemische Bindung II: Atom- und Molekülorbitale, MO-Schema einfacher Moleküle, Hybridisierung, Verbindungen der 3. und höherer Perioden, koordinative Bindung, zwischenmolekulare Wechselwirkungen, chemische und physikalische Eigenschaften
  5. Stöchiometrie / Chemisches Gleichgewicht: Molbegriff, Stoffmenge, Atommasse, Molmasse, Molvolumen, Konzentration, stöchiometrische Zahlen, ideales Gasgesetz, Aufstellen von Reaktionsgleichungen, Triebkräfte chemischer Reaktionen, Enthalpie, Entropie, freie Enthalpie, Gibbs-Helmholtz-Gleichung, Chemisches Gleichgewicht, Massenwirkungsgesetz (MWG), Prinzip von LeChatelier
  6. Anwendungen des MWG: Phasen- und Lösungsgleichgewichte: Phasenübergänge, Lösungs- und Verteilungsprozesse, Diffusion, Osmose, echte und potentielle, starke und schwache Elektrolyte, elektrolytische Dissoziation, Löslichkeitsprodukt
  7. Säure-Base-Reaktionen I: Säuren und Basen, Protolyse, Hydrolyse und Autoprotolyse, pKs-, pKb-, pH- und pOH-Wert, pH-Berechnung starker Säuren und Basen, Neutralisation, Säure-Base-Titration, Titrationskurven starker Säuren und Basen
  8. Säure-Base-Reaktionen II / Puffersysteme: pH-Wert von Salzlösungen, Titrationskurven schwacher Säuren und Basen, Puffersysteme, Henderson-Hasselbalch-Gleichung, Pufferkapazität, pH-Indikatoren, physiologische Puffersysteme
  9. Redoxreaktionen I: Oxidationszahlen, Oxidation, Reduktion, Redoxreaktion, Redoxpaare, Spannungsreihe, Elektrochemisches Potenzial, Standardpotenzial, Galvanische Elemente, Aufstellen von Redox-Reaktionsgleichungen
  10. Redoxreaktionen II: Energetik elektrochemischer Reaktionen, Konzentrations- und pH-Abhängigkeit elektrochemischer Potenziale, Nernst'sche Gleichung, physiologische Redoxsysteme
  11. Koordinative Bindung, Komplexe und Chelate: Komplexverbindungen, koordinative Bindung, Koordinationszahl, ein- und mehrzähnige Liganden, Komplexstabilität, Ligandenaustausch, Chelatkomplexe, komplexometrische Titrationen, physiologische Funktionen von Komplexen
  12. Chemische Energetik / Chemische Kinetik: Triebkräfte chemischer Reaktionen, Enthalpie, Entropie und freie Reaktionsenthalpie, 1., 2. und 3. Hauptsatz der Thermodynamik, Gibb's-Helmholtz-Gleichung, chemisches Gleichgewicht, Geschwindigkeit chemischer Reaktionen, Temperatur- und Konzentrationsabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit, Arrhenius-Gleichung, Molekularität und Reaktionsordnung, Katalyse, Biokatalysatoren


2. Teil: Organische Chemie

  1. Einführung, Kohlenwasserstoffe: Stellung des Kohlenstoffs im PSE, Besonderheiten der Kohlenstoffchemie, sp3-, sp2- und sp-Hybridisierung, Einfach- und Mehrfachbindungen, Kohlenstoffgrundgerüst und funktionelle Gruppen, Struktur und Nomenklatur einfacher Kohlenwasserstoffe: Alkane, Alkene, Aromaten, Isomerie
  2. Einfache funktionelle Gruppen I: Einführung funktioneller Gruppen, Addition, Substitution, Eliminierung, Stoffklassen mit einfachen funktionellen Gruppen: Alkylhalogenide, Alkanole, Thiole, Ether, Thioether und Amine, räumliche Struktur
  3. Einfache funktionelle Gruppen II: Physikalische und chemische Eigenschaften von Alkoholen, Ethern und Aminen, Säure-Base-Eigenschaften, Redoxreaktionen, nucleophile Substitution, Besonderheiten aromatischer Alkohole und Amine, induktive und mesomere Effekte
  4. Carbonylverbindungen: Aldehyde und Ketone: Oxidationsreihe primärer, sekundärer und tertiärer Alkohole, Carbonylverbindungen, Aldehyde, Ketone, nucleophile Addition, Halbacetale, Acetale, Imine, Keto-Enol-Tautomerie, C-H-acide Verbindungen, Aldolreaktion
  5. Carbonsäuren I: Ein- und mehrfunktionale, aliphatische und aromatische Carbonsäuren, Mesomeriestabilisierung des Säureanions, Acidität, induktive und mesomere Effekte, Carbonsäurederivate: Säurehalogenide, Ester, Thioester, Amide, Anhydride
  6. Carbonsäuren II / Fette und Lipide: N- und O-Acylierung, Ester und Amide der Kohlensäure und anorganischer Säuren, Fette, Phospholipide, Sphingoside, Tenside
  7. Aromatische Verbindungen / Heterocyclen: Aromatizität, Hückel-Regel, aromatische Kohlenwasserstoffe, Benzol und polycyclische Aromaten, ein- und mehrfunktionale Derivate des Benzols: Phenole, aromatische Carbonsäuren und Amine, Chinone, elektrophile Substitution, Heterocyclen und Heteroaromaten
  8. Isomerie / Chiralität: Räumliche Struktur und Isomerie organischer Verbindungen, Konstitution, Konformation und Konfiguration, Enantiomere, Diastereomere, asymmetrische C-Atome, Chiralität, absolute Konfiguration, R-/S-Nomenklatur
  9. Kohlenhydrate I: Monosaccharide, Aldosen, Ketosen, Zuckerstammbaum, D-/L-Zucker, reduzierende und nichtreduzierende Zucker, Tollens- und Fehling-Reaktion, Halbacetale und Vollacetale, glycosidische Bindung
  10. Kohlenhydrate II: Di-, Oligo- und Polysaccharide, Cellulose, Stärke, Glycogen, Zuckerderivate: Zuckeralkohole, Zuckersäuren, Desoxy- und Aminozucker, Glycoproteine
  11. Biopolymere I – Peptide und Proteine: Aminosäuren und Peptide, Säure-Base-Eigenschaften, pKs-Werte, Isoelektrischer Punkt, Pufferwirkung von Imidazol, Peptidbindung, Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur, Disulfidbrücken, Denaturierung, Peptidsynthese
  12. Biopolymere II – Nucleinsäuren: Nucleoside, Nucleotide, DNA- und RNA-Grundgerüst, Purin- und Pyrimidinbasen, Basenpaarung, Säure-Base-Eigenschaften, Replikation, Transkription, Translation