Dr. Peter Tauber

Er weiß, dass viele ihn festlegen, etikettieren möchten. Peter Tauber bleibt freundlich, offen und zuvorkommend, auch dann, wenn er zum x-ten Mal gefragt wird, für welchen Kurs er als CDU-Generalsekretär steht. Hypermodern und erzkonservativ, netzaffiner Modernisierer und Kirchenfreund – Peter Tauber lässt sich in keine Schublade stecken. Er selbst bezeichnet sich schlicht als Historiker, gläubiger evangelischer Christ, Reserveoffizier. Da wirkt es ganz stimmig, dass der Mann sowohl die Reformer-Königin Luise von Preußen als auch Martin Luther verehrt und außerdem Fan von Star Wars ist.

Peter Tauber ist ein leiser Mann, kein konservativer Haudegen wie so manch einer seiner Vorgänger. Bei Themen wie Gleichstellung von Lebenspartnerschaften oder Vorratsdatenspeicherung liegt er quer zur Partei. Sein Arbeitsauftrag hieß von Anfang an: Erneuerung, Verjüngung. Der 42-Jährige verkörpert selbst die Moderne. Dreitagebart, rasierter Kopf und Hornbrille, Instagram, Facebook und Twitter. Er schreibt einen Blog. „Schwarzer Peter“ hat er diesen selbstironisch genannt. Und ja, er spielt auch Pokémon.

Im Wahljahr 2017 muss Tauber erstmals dafür sorgen, dass die CDU bei der Bundestagswahl gut abschneidet und Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Die Latte hängt ziemlich hoch. Seit Merkel Verantwortung übernahm und die Grenzen für Flüchtlinge öffnete, hat auch Peter Tauber mit all denjenigen zu kämpfen, die Angst vor Neuem, vor Veränderung haben. Und das sind inzwischen einige.

Peter Tauber ist der jüngste Generalsekretär, den die CDU jemals hatte. Doch er hat viel Erfahrung mit seiner Partei. Bereits mit 18 Jahren wurde er Mitglied der Jungen Union. Dabei hatte er zunächst gar nicht vor, Berufspolitiker zu werden. Schon auf dem Gymnasium im hessischen Gelnhausen belegte er Geschichte als Leistungskurs. Das Fach interessiert Tauber zutiefst. Geschichte habe nichts Zufälliges, so Tauber. Der Fall der Mauer etwa. Es bedeutet ihm viel, dass er diesen historischen Moment erleben durfte. Seine Eltern haben ihm das Neigungsstudium an der Goethe-Universität Frankfurt ermöglicht. Dafür ist er ihnen zutiefst dankbar, sagt Peter Tauber.

Herr Dr. Tauber, Sie promovierten sich bei Prof. Lothar Gall. Der gilt als brillanter Experte auf dem Gebiet der deutschen Sozial- bzw. Wirtschaftsgeschichte. Inwieweit legte dies den Grundstein für Ihren Werdegang als Politiker?
Ich habe mich schon während des Studiums ehrenamtlich politisch engagiert in der Jungen Union. Ich bin nicht erst durch das Studium politisiert worden. Aber natürlich habe ich bei ihm viel gelernt, was mir auch in meiner politischen Arbeit hilft. Vieles, was gerade geschieht, versteht man ohne historisches Wissen nicht – bestes Beispiel ist die Annektierung der Krim durch Russland.

Ihre Doktorarbeit trägt den verwegen klingenden Titel „Vom Schützengraben auf den grünen Rasen: der Erste Weltkrieg und die Entwicklung des Sports in Deutschland“. Was brachte Sie auf die Idee, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Eigentlich wollte ich über die Bedeutung des Sports in der Alltagskultur der Weimarer Republik schreiben. Aber ich konnte keine Antworten darauf finden, warum der Sport in den 1920er Jahren eine so hohe gesellschaftliche Bedeutung entfaltete. Dann haben wir das Thema weitergedreht und uns den Ursachen dieser Entwicklung genähert. Und die liegen maßgeblich in der Zeit kurz vor und während des Ersten Weltkrieges.

Was für ein Student waren Sie? Disziplinierter Karrieremacher oder entspannter Partylöwe? Polo-Shirt und Aktentasche oder Rasta-Locken und Jutebeutel?
Damals waren bei manchen Geschichtsstudenten abgetragene Militärmäntel schwer angesagt. Ich hatte noch den Rucksack von der Bundeswehr. Und ich hatte zu Beginn des Studiums noch längere Haare. Unglaublich. So lief ich rum. Ein typisches Studentenleben hatte ich nicht, weil ich zwischen Wächtersbach und Frankfurt pendelte. Da musste man sich seine Zeit sehr genau einteilen.

Welche Bedeutung hat Ihr Studium aus heutiger Sicht?
Ich bin meiner Alma Mater sehr dankbar. Ich habe nur gute Erinnerungen. Ich war ja auch lange Zeit studentische Hilfskraft und übernahm später den einen und anderen Lehrauftrag. Dass ich bei Lothar Gall promovieren durfte, weiß ich im Nachhinein doppelt wertzuschätzen. Er ist ein brillianter Historiker.

Sie unterbrachen Ihr Studium, um den Grundwehrdienst abzuleisten. Noch heute sind Sie Offizier der Reserve. Was hat Ihnen die Zeit bei der Bundeswehr gebracht bzw. tut es noch immer?
Das hat mir vor allem persönlich unheimlich viel gebracht. Ich bin in der Zeit sehr viel selbstbewusster geworden, habe gelernt, Herausforderungen anzunehmen. Eigenverantwortung. Willen. Beharrlichkeit. Nicht gleich aufzugeben, wenn es mal schwierig wird. Davon habe ich im Studium später sehr profitiert. Den Dingen auf den Grund zu gehen, auch wenn das anstrengend ist und manchmal Überwindung kostet. Das habe ich als Soldat gelernt, das muss man auch als Wissenschaftler.

Offiziere der Reserve gelten häufig als ausgesprochen gute Chefs mit Führungsqualitäten wie Durchsetzungsstärke, Loyalität, innere Unabhängigkeit, aber auch ausgeprägten sozialen Fähigkeiten. Mitarbeiter fühlen sich geschätzt. Wie wichtig sind diese Fähigkeiten für den CDU-Generalsekretär Peter Tauber?
Na ja, diese Frage können meine Mitarbeiter besser beantworten. Aber ja: Loyalität spielt eine sehr große Rolle. In beide Richtungen. Ich verlange sehr viel, gebe aber auch mehr. Mehr Nähe, mehr Informationen, flache Hierarchien.

Seit Sie die Parteizentrale der CDU leiten, weht dort ein frischer patriotischer Wind. Gleichwohl stehen Sie für Neuerungen, Verjüngung. Sie lassen sich nicht gerne in eine Schublade packen. Wie schwer ist es im Wahljahr 2017, Peter Tauber zu sein?
Das ist meine erste Bundestagswahl als Generalsekretär der CDU und ich freue mich richtig darauf. Ich streite gerne und viel. Da halte ich es mit Alfred Dregger. Der sagte einmal: „Wahlkampf kommt von kämpfen“. Das will ich, da bin ich gerne Generalsekretär.

Ohne wissenschaftliche Grundlagen lassen sich keine vernünftigen politischen Konzepte erarbeiten und umsetzen. Sagte einmal Kurt Biedenkopf, in den 70er Jahren ebenfalls Generalsekretär der CDU. Und auch ein Goethe-Alumnus. Was ist die Aufgabe der Politik heute in Sachen Bildung und Wissenschaft?
Da hat er Recht. Kurt Biedenkopf schätze und mag ich sehr. Wir telefonieren öfters. Zwischen Politik und Wissenschaft ist vor allem der Austausch wichtig. Daraus lassen sich wechselseitig Erkenntnisse gewinnen und auch gesellschaftliche Entwicklungen befördern. Politik hat die Aufgabe, die Wissenschaft zu stützen und zu fördern. Darum haben wir die Etats für Bildung und Wissenschaft regelmäßig erhöht.

Sie duzen sich mit dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek al Wazir von den Grünen und siezen sich mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch? Ein Widerspruch?
Nein. Duzen bedeutet nicht automatisch mehr Nähe und Siezen mehr Distanz. Tarek und ich sind beide große Fans der Offenbacher Kickers. Wir sehen uns manchmal auf dem Bieberer Berg.

Äppler, Bier oder Wein?
Schwierig – eigentlich Spezi.

Was leitet Sie? Haben Sie einen Wahlspruch, ein Lebensmotto?
Hier halte ich es gerne mit Kurt von Hammerstein-Equord: Angst ist keine Weltanschauung.

(Stand: 10.04.2017)