Gedenktafel für Alois Alzheimer

Die Krankheit „Morbus Alzheimer“ beschäftigt Ärzte und Forscher schon seit mehr als 100 Jahren. Patienten, die zuvor kaum auffällige Verhaltensweisen gezeigt haben, beginnen im Alter zunehmend untypisch zu handeln und vergesslich zu werden. Nach und nach verlieren sie die Fähigkeit, selbstbestimmt am Leben teilzunehmen und bedürfen intensiver Zuwendung und Pflege.

Als die erst 51-jährige Auguste Deter 1901 in die im Volksmund auch „Irrenschloss“ genannte Frankfurter Anstalt für Irre und Epileptische eingewiesen wird, wirkt sie verstört und unempfänglich. Selbst nach eingehender Untersuchung kann der Assistenzarzt Dr. Alois Alzheimer (1864-1915), Mitarbeiter von Dr. Heinrich Hoffmann, der als Autor des Struwwelpeters einige Berühmtheit erlangt hatte und als Psychiater die Anstalt leitete, den fortschreitenden psychischen Verfall keiner bekannten Krankheit zuordnen. Vor allem irritiert ihn, dass die Krankheit nicht, wie es die Psychoanalyse seiner Zeit annahm, auf ein Kindheitstrauma oder ähnliche Erfahrungen zurückführbar ist.

Trotz seiner späteren Berufung nach München behält Alzheimer den Frankfurter Fall im Auge und lässt nach dem Tode Deters 1906 eine Autopsie vornehmen. Dabei entdeckt er eine Parallele zu anderen Fällen: Auch bei Deter zeigt sich ein bereits häufiger beobachtetes Phänomen der Hirnschrumpfung. Als Ursache erkennt Alzheimer eine Art Abfallstoff, der sich als „Ablagerungen eigentümlicher Stoffwechselprodukte in Form von Plaques auf der gesamten Hirnrinde“ gebildet hat und die Nervenzellen in ein „aufgeknäultes Bündel von Fibrillen“ verwandelt[1]. Das Gehirn schrumpfte dadurch auf ein Drittel des ursprünglichen Volumens zusammen.

Obwohl Alzheimer die später nach ihm benannte Krankheit seinerzeit nicht behandeln konnte, schuf er den Grundstein für die Erforschung und Bekämpfung des bis heute nicht heilbaren Leidens, das weltweit schätzungsweise 30 bis 40 Millionen Menschen betrifft. Die von seiner Pionierarbeit ausgehende Beschäftigung mit der Krankheit mündete 1996 unter anderem in der Eröffnung des deutschlandweit ersten Zentrums für die interdisziplinäre Erforschung des Morbus Alzheimer in Frankfurt am Main.

Gemeinsam mit seiner Frau Ulrike widmete der 2009 emeritierte Frankfurter Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. Konrad Maurer, Alois Alzheimer mehrere Publikationen, nachdem sie im Archiv der Frankfurter Universitätsklinik eher zufällig auf die alten Krankenakten von Auguste Deter gestoßen waren. Sie initiierten auch die Errichtung des Denkmals für den Pionier der Hirnforschung, das sich seit 2005 auf dem Campus Westend befindet. Es ist zugleich ein Mahnmal gegen das „Vergessen des Vergessens“.

© Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften


Literatur und Links:

  • Fotos: Universitätsarchiv
  • Drummer, Heike/Zwilling, Jutta: Von der Grüneburg zum Campus Westend. Die Geschichte des IG Farben-Hauses. Frankfurt am Main 2007.
  • Drummer, Heike/Zwilling, Jutta: Alois Alzheimer entdeckt den Vergessenstod. Pressetext der Stadt Frankfurt, 12.10.2010.
  • Maurer, Konrad/Maurer, Ulrike: Alzheimer: Das Leben eines Arztes und die Karriere einer Krankheit. München 1999.
  • Thalmann, Thorsten: Alois Alzheimer und die nach ihm benannte Krankheit. Frankfurt am Main 1997.

[1] Alois Alzheimer, zitiert nach Drummer/Zwilling 2007, 18.