Semestervortrag

(Kinder-)Armut und Fluchtmigration
Herausforderungen für Schule und Gesellschaft

Obwohl noch unklar ist, wie viele Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind und wie viele von ihnen länger hierbleiben, ist bereits absehbar, dass die neuen Wanderungsbewegungen erhebliche Auswirkungen auf die Sozialstruktur der Bundesrepublik haben. Diese sollen skizziert, die daraus erwachsenden Herausforderung für Schule und Gesellschaft thematisiert werden.

Wegen der starken Fluchtmigration dürften sowohl die absolute wie auch die relative Armut zunehmen. Dabei macht die Neue Armut – Flüchtlingselend in Deutschland – die alte jedoch nicht leichter erträglich, sondern überlagert sie. Außerdem besteht die Gefahr einer dauerhaften ethnischen Unterschichtung der Gesellschaft, und zwar vor allem dann, wenn Geflüchtete sozial ausgegrenzt, nach dem Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtungen in Wohnsilos am Rande der Städte gedrängt und hinsichtlich (Aus-)Bildung, Gesundheit, Freizeit, Sport und Kultur diskriminiert werden.

Denjenigen, die den Begriff „Armut“ am liebsten so eng fassen würden, dass es sie hierzulande kaum noch gäbe, lieferte die „Flüchtlingskrise“ neue Munition. Daher nehmen Bestrebungen zu, bloß noch Not und Elend als „wirkliche“ Armut anzuerkennen. Eines Tages könnte selbst in einem so reichen Land wie der Bundesrepublik als arm höchstens gelten, wer nicht mehr hat als das, was er am Leibe trägt. Das „importierte“ Flüchtlingselend darf aber nicht zur Messlatte für Armut in Deutschland gemacht werden. Umgekehrt gilt vielmehr: Je wohlhabender eine Gesellschaft ist, desto weiter sollte ihr Armutsverständnis sein, fördert ein hoher Lebensstandard doch soziale Ausgrenzungsbemühungen gegenüber Menschen, die wenig haben und beim Konsum nicht mithalten können.

Um die Hauptgefahr der Ghettoisierung von Geflüchteten und der Kriminalisierung von Migranten und Migrantinnen zu bannen, ist eine inklusive Sozial-, Bildungs-, Gesundheits-, Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik notwendig. Um auch Flüchtlingskindern reelle Chancen auf Bildungserfolge zu eröffnen, muss der Bund die Länder nach Aufhebung des Kooperationsverbotes im Grundgesetz bei der Schaffung von mehr Ganztags- und Gemeinschaftsschulen sowie der Einstellung zusätzlicher Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen und Schulpsychologen und -psychologinnen, aber auch gut ausgebildeter Erzieher*innen finanziell zu unterstützen. Entweder gibt der Staat dafür erheblich mehr Geld aus – was bei Verzicht auf Steuererhöhungen ein Ende der „schwarzen Null“ und der „Schuldenbremsen“ bedeuten würde –, oder die Bundesregierung gefährdet bei zunehmender sozialer Ungleichheit längerfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit auch die Demokratie.

Methodische Gestaltung:

Vortrag & Diskussion

Referent*in:

Prof. Dr. Christoph Butterwegge

Prof. Dr. Christoph Butterwegge lehrte bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln. Zuletzt ist sein Buch „Armut“ (PapyRossa Verlag, Köln 2017) erschienen. Im Februar 2017 kanditierte er für die Wahl des Bundespräsidenten.


Informationen auf einen Blick:

Termin: Termin abgelaufen! Vortragsreihe läuft noch

Ort: Anbau Casino Saal West, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt

Teilnahmeentgelt: kostenfrei

Die Veranstaltung ist bei der Hessischen Lehrkräfteakademie nach § 65 Hessisches Lehrerbildungsgesetz mit einer Veranstaltungsdauer von 0,5 Tagen akkreditiert (LA-Nr.: 01790231).


Diese öffentliche Vortragsreihe der GOETHE UNIVERSITÄT wird gefördert von der Stiftungsgastprofessur »Wissenschaft und Gesellschaft« der DEUTSCHEN BANK AG

Webseite zur Vortragsreihe