Field School 2017:

Dank der erneuten Auslandsmittelzuweisung seitens der Goethe-Universität Frankfurt konnte in der Grabungskampagne 2017 des deutsch-ukrainischen Kooperationsprojektes erneut eine Archaeological Field School durchgeführt werden, an der 27 Studierende der Goethe-Universität sowie der Abteilungen für Museums- und Kulturwissenschaften der Charkover Staatsakademie für Kultur teilnahmen (Abb. 1). Durch eine gegenüber dem Vorjahr noch aktivere Einbindung der Frankfurter Studierenden, die bereits über fundierte, in Teilen sogar Olbia-spezifische Ausgrabungskenntnisse verfügten, wurde zudem eine qualitativ neue Ebene der konkreten Wissensvermittlung angestrebt: Unter Aufsicht der Field School-Leitung hatten die Teilnehmer/innen aus Frankfurt nun ihrerseits die Möglichkeit, bereits erlerntes Wissen aktiv an die ukrainischen Studenten/innen weiterzugeben, wodurch von Anfang eine enge Teambildung gefördert werden sollte.

Wie im vergangenen Jahr stand an erster Stelle die Unterweisung der studentischen Teilnehmer/innen in alle direkt am Grabungsplatz anfallenden Prozesse, angefangen bei dem eigentlichen Grabungsvorgang (Abb. 2-3) über Bodenuntersuchungen, die fotografische sowie zeichnerische Dokumentation bis hin zu einer vorläufigen Klassifizierung der aufgefundenen Objekte.

Abb. 1: Die Teilnehmer/innen der Archaeological Field School 2017 in Olbia Pontike (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Abb. 2: Field School 2017: Einführung in die Ausgrabungstechnik (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Der archäologischen Vermessungstechnik galt ebenfalls besondere Aufmerksamkeit. Gemäß Zielsetzung führten Frankfurter Student/innen ihre Charkover Teammitglieder in das Einmessen der Funde und Befunde und damit in einen der wichtigsten Arbeitsprozesse während einer Ausgrabung ein (Abb. 4). Dem theoretischen Verständnis, dass erst die konkrete Verortung der Objekte das Erstellen von Grabungsplänen, von Verteilungsanalysen oder ihre Zuordnung zu unterschiedlichen Kulturschichten ermöglicht und erst auf diese Weise ein umfassendes Bild des archäologischen Kontextes entsteht, konnte mit der Einführung in die archäologische Vermessungstechnik die praktische Umsetzung sinnvoll gegenübergestellt werden.

Abb. 3: Field School 2017: Studierende aus Deutschland und der Ukraine erforschen gemeinsam eine Grubenstruktur aus dem 5. Jh. v. Chr. (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Abb. 4: Field School 2017: Frankfurter Studierende unterweisen ihre ukrainischen Kommilitoninnen und Kommilitonen in die archäologische Vermessungstechnik. Rechts im Bild: Anna Langgartner (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Grabungsbegleitend erhielten die Teilnehmer/innen in mehreren Exkursionen einen intensiven Einblick in die topographische Situation vor Ort sowie die architektonische, wirtschaftliche und schließlich auch gesellschaftspolitische Entwicklung des antiken Olbia (Abb. 5–6). Durch den fortschreitenden Erkenntnisgewinn in den derzeit untersuchten Ausgrabungsarealen lag der Schwerpunkt der Führungen der diesjährigen Field School vor allem auf einer aktualisierten Rekonstruktion des antiken Stadtbildes, das sich gerade auch für die olbische Vorstadt massiv gewandelt hat. Die Gegenüberstellung der bislang publizierten Informationen zur olbischen Stadtgeschichte und der neu erzielten Grabungsergebnisse der vergangenen Jahre ermutigte die Studierenden dabei, erste eigene Ideen zur Interpretation der von ihnen selbst mit ausgegrabenen Befunde und Funde zu äußern, wodurch sich immer wieder sehr interessante wissenschaftliche Gespräche auf den Grabungen entwickelten. Diese von der Field School-Leitung gezielt geförderte, aktive Beteiligung der Studierenden am wissenschaftlichen Diskurs über den archäologischen Befund führte zu einer noch stärkeren Einbindung der Teilnehmer/innen in den Grabungsalltag und ließ die allgemeine Motivation und die Begeisterung für unsere Wissenschaft selbst bei heißen Temperaturen und prallem Sonnenschein nicht sinken (Abb. 7).

Abb. 5: Field School 2017: Führungen durch den archäologischen Museumspark Olbia (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Abb. 6: Field School 2017: Einführung in die Materialbestimmung. Links im Bild Prof. Dr. Alla Bujskich (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Im Rahmen des diesjährigen Abschlusskolloquiums (Programm) konnte den jeweiligen Partnerseiten des internationalen Kooperationsprojektes in einführenden Vorträgen zunächst nochmals das jeweils „Fremde“ in der nationalen Ausbildung dargelegt und gleichzeitig auf dessen harmonisches, wissenschaftlich für alle Seiten gewinnbringendes Ineinandergreifen im Rahmen der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit verwiesen werden (Abb. 8). Auch hatten die studentischen Teilnehmer/innen beider Nationen dann erneut die Möglichkeit, die Archaeological Field School 2017 aus ihrer Sicht zu charakterisieren und zu bewerten. Dabei wurden vor allem die Einführung in die Vermessungstechnik, die Bewertung der freigelegten Objekte im historischen Kontext Olbias und auch die enge deutsch-ukrainische Zusammenarbeit hervorgehoben, die durch die Einbindung der Frankfurter Studierenden in die aktive Wissensvermittlung nochmals eine neue Qualitätsstufe erreicht hat. Die anfänglich vorhandene Skepsis gegenüber einer internationalen Zusammenarbeit hat sich sehr schnell in ein enges Vertrauensverhältnis und ein Miteinander gewandelt (Abb. 9).

Abb. 7: Field School 2017: Einführung in die archäologische Dokumentationspraxis. Im Hintergrund: Dr. Aleksandr Kuz’miščev (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Abb. 8: Field School 2017: Einführende Vorträge zu Beginn des Abschlusskolloquiums. Von l. nach r.: Anatolij Ščerban, Jochen Fornasier, Aleksandr Kuz’miščev (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Die deutsch-ukrainische Archaeological Field School 2017 war auch in diesem Jahr wieder in jeder Hinsicht ein voller Erfolg (Abb. 10). Darüber hinaus trägt die immer größer werdende Akzeptanz dieser Fortbildungsmöglichkeit auf Seiten unserer ukrainischen Partner im besonderen Maße dazu bei, dass die Goethe-Universität Frankfurt mittlerweile als hervorragende Ausbildungs- und Forschungseinrichtung sowie als verlässliche Partnerorganisation weit über die Grenzen Olbias hinaus in der Ukraine wahrgenommen und hochgeschätzt wird!

Abb. 9: Field School 2017: Teilnehmerinnen und Teilnehmer während des Abschlusskolloquiums (Foto: Olbia-Projekt, 2017).

Abb. 10: Abschlussfoto der Field School 2017 am Eingangsbereich des archäologischen Museumsparks Olbia (Foto: Olbia-Projekt, 2017).