Hessen 2016

Ausgrabungen und Prospektionen 2016 auf dem Stallberg (Landkreis Fulda)

Die Befestigung auf dem Gipfelplateau des Stallbergs ist im Rahmen unseres LOEWE-Schwerpunkts in den Blickpunkt aktueller Forschungen geraten. Für den Stallberg stehen die Datierung seiner Befestigung, die Nutzung des Berges und die Frage seiner Funktion im Sied-lungsgefüge im Mittelpunkt des Interesses. Von der Hügelkuppe des Stallbergs liegen verschiedene Lesefunde vor, darunter ein Bronzemesser mit Griffdorn der jüngeren Urnenfelderkultur. An der Westseite der Hügelkuppe befinden sich im flachen Hang mehrere Verebnungen, die im Vergleich mit anderen Höhensiedlungen wie auf der Milseburg mit Be-funden als Podien und Standorte von Hausbauten interpretiert wurden. Aus diesen Beobachtungen und dem spätbronzezeitlichen Messer ergab sich der Ansatz, dass es sich beim Stall-berg um eine bronzezeitliche Höhenbefestigung handeln könne.

   Etwa 10 km nordöstlich von Hünfeld und 8 km westlich der Grenze zu Thüringen liegt der Stallberg in der Rhön. Er zählt zu dem hessischen Kegelspiel und ist mit 553 m der zweit-höchste Berg der Hügelgruppe. Er zeigt eine von Westen nach Osten abfallend Kuppe mit sichtbaren Basaltsäulen. Seit 1973 ist dieser Basaltkegel ein Naturschutzgebiet und gehört seit 1997 zu der Kernzone des Biosphärenreservats Rhön. Auf dem Gipfel befindet sich eine vorgeschichtliche Wallanlage, am Fuß des Berges liegen mehrere Hügelgräber. Das Gipfelplateau wird von einem 900 m langen Ringwall aus Basaltsteinen umfasst und nimmt eine Fläche von 6 ha ein. Diese Befestigung wurde von Wissenschaftlern des frühen 20. Jahrhunderts nach Vergleichen mit ähnlichen Wallanlagen der Region, der Eisenzeit zugeordnet.
Bild1: DMG Stallberg (bodenviewer.hessen.de - © GeoBasis-DE / BKG 2013, Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation)  
Im Vorfeld der geplanten Ausgrabung auf dem Stallberg fanden im Mai und Juli 2016 verschiedene Prospektionen innerhalb des Ringwalles statt. Am 3. Mai 2016 wurde eine erste Geländebegehung mit zwei Metallsonden durchgeführt. Dabei wurden lediglich vier nicht datierbare Keramikscherben gefunden, sowie einige Patronenhülsen, die wahrscheinlich von der Nutzung durch die US-Armee während des Kalten Krieges herrühren. Am 31. Mai 2016 wurde durch M. Posselt von Posselt&Zickgraf Prospektionen GbR eine geophysikalische Pros-pektion mit dem Magnetometer auf zwei kleinen Messflächen mit insgesamt 0,27 ha Fläche Durchgeführt werden. Aufgrund der „ungünstigten geologischen Verhältnisse“ bzw. der sehr starken magnetischen Anomalien wegen des Basalts, konnte „keine direkten Hinweise auf archäologische Befunde“ erkannt werden. Die Ergebnisse zeigten im gewachsenen Boden oder in Kolluvien schwächere magnetische Zonen, die eventuell auf archäologische Befunde zurückgeführt werden könnten. Am 28. Juli 2016 wurde eine weitere Prospektion mit Metallsonden organisiert. 159 Fundobjekte wurden gesammelt und mittels GPS-Gerät oder GPS-SmartphoneApp in der GaussKrüger-System eingemessen. Gipfelbereich, Podien und Wallbereich wurden sondiert. Die Funde wurden meist in geringer Tiefe von ca. 10 cm entdeckt, und weisen eine Konzentration auf dem südwestlichen Podium hin. Es handelte sich meist um Artefakte aus Eisen, darunter zahlreiche Nägel, Patronenhülsen, Messerklingen, Hufeisen, verschiedene Haken sowie einige Keile. Keiner dieser Funde kann in die Vorgeschichte datiert werden. Bild 2: Keramikscherben (Foto: B.Voss)
   

Vom 22.08.2016 bis zu dem 30.09.2016. fand auf dem Stallberg eine Ausgrabung statt. Sie wurde in Zusammenarbeit mit Dr. F. Verse, Stadtarchäologe in Fulda und der Grabungsfirma SPAU in Münzenberg durchgeführt. Im Laufe dieser Kampagne wurden 9 Flächen unter-sucht, insgesamt etwa 117 qm.

Bild 3: Fläche 1, Planum 2 (Foto H.Blitte)  

Es konnten dabei keine Befunde unmittelbar nachgewiesen werden. Dies liegt wohl an der sehr dünnen Bodenauflage, die direkt auf dem stark zerklüfteten geologischen Untergrund aus Phonolithen liegt. Archäologische Funde stammen dabei hauptsächlich aus der größten Fläche Nr.1 auf der westlichen Terrasse. Die anderen Flächen haben wenige oder keine Funde ergeben. Aufgrund der Befundsituation konnten keine Bodenproben für archäobotanische Untersuchungen genommen werden. In erster Linie besteht das keramische Fundgut aus sehr kleinen und verrollten Wandscherben. Besonders hervorzuheben sind die drei gut erhaltene Steinbeile, die in der Fläche 1 zum Vorschein kamen. Nach der Methode von N. Kegler-Graiewski, sind die Beile vom Stallberg zwei verschiedenen Typen bzw. Zeitabschnitten zuzuordnen. Zwei Steinbeile sind trapezförmig und können dem Typ 2 zugeordnet werden und dem Jungneolithikum (4400-3500 v.Chr.), wahrscheinlich die Michelsberger Kultur, zugeordnet werden. Das dritte Beil ist rechteckig (Typ 1) und weist eher das Endneolithikum (2800-2200 v.Chr.). Eine Nutzung des Stallbergs während des jüngeren Neolithikums wird durch die mehrere Silexabschläge und Klingenfragmente sowie ein kleiner Randscherbe wahrscheinlich aus einer Arkadenkeramik, verstärkt. Einige Fragmente von Reibsteinen aus Sandstein ergänzen das Bild, sie können aber zeitlich nicht näher eingeordnet werden.
Die neuen Untersuchungen und Ergebnisse vom Stallberg erlauben zwar noch keine Datierung des Ringwalles, dafür eröffnet sich eine bislang unbekannte Nutzungsphase im Jungneolithikum, die die Anwesenheit von Menschen der Michelsberger Kultur in der hessischen Rhön belegt. Eine zweite Grabungskampagne wird im Frühjahr 2017 an der Innenseite des Steinwalls mit dem Ziel durchgeführt, Anhaltspunkte für die Datierung der Befestigung zu erhalten.

Bild 4: Steinbeil (Foto: B.Voss)
Bild 5: Steinbeil (Foto: B.Voss)
Bild 6: Steinbeil (Foto: B.Voss)

(Autoren: Hélène Blitte, Frank Verse, Rüdiger Krause)

Vorbericht in Druck:
H.Blitte, F.Verse, R.Krause, Der Stallberg bei Hünfeld – eine bronzezeitliche Höhenburg mit Befestigung? In: hessenARCHAEOLOGIE 2016 (in Druck für 2017)