Teilprojekt 9

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Genetische Ursachen interindividueller Variabilität bei Epilepsie - Untersuchungen zur Rolle von humanen Kaliumkanal-Genmutationen für die Erregbarkeit und Vulnerabilität hippocampaler Neurone mit Hilfe eines in vitro Hyperstimulationsmodells

Zwischen Patienten mit Epilepsie finden sich klinisch und genetisch interindividuelle Unterschiede. In wieweit diese klinischen und genetischen Unterschiede auf zellulärer Ebene mit neuronaler Erregbarkeit sowie funktionellen und protektiven Eigenschaften von Nervenzellen korrelieren, ist weitestgehend unbekannt. Genetische Untersuchungen von Patienten mit epileptischer Enzephalopathie haben Mutationen u.a. in Kaliumkanalgenen identifizieren können (Allen et al., 2013; Nature 501:271-21). Um die Rolle dieser Kaliumkanalmutanten und ihre Bedeutung für die Epilepsie zu verstehen, werden wir ein Kultur-Modell der Epilepsie entwickeln und dieses langfristig validieren. Als Ausgangspunkt unseres Modellsystems dient das "Sloviter-Modell der Temporallappen-Epilepsie", mit dem bereits dokumentierte Erfahrungen aus früheren Untersuchungen vorliegen. Bei diesem Modell wird über Stimulationselektroden im Tr. perforans der Hippokampus von Nagern elektrisch aktiviert und es entsteht ein typisches, der Temporallappen-Epilepsie des Menschen ähnliches, zelluläres Schädigungsmuster. Dieses in vivo Modell soll mittels organotypischer Gewebekulturen aus entorhinalem Kortex und Hippokampus in der Kulturschale "nachgebaut" werden. Nach Transduktion der Neurone des entorhinalen Kortex oder Hippokampus mit einem Licht-aktivierbaren Kanal (Channelrhodopsin2) werden die Nervenzellen mit Licht stimuliert und eine nicht-invasive, chronische Stimulation des Hippokampusnetzwerks durchgeführt (=Simulation chronischer "epileptischer" Aktivität).

Die Etablierung des Gewebekultur-Modellsystems wird es erstmals ermöglichen, hyperstimulationsinduzierte elektrophysiologische und morphologische Zellveränderungen im Hippokampus direkt und über mehrere Wochen zu verfolgen und so die Auswirkungen von Kaliumkanal-Genmutationen zu bestimmen. Langfristig wird dieses Modell die Testung weiterer Genfamilien und die Untersuchung von Pharmaka in einem genetisch-spezifizierten Hintergrund ermöglichen und auf diese Weise zur individualisierten Epilepsie-Therapie beitragen.

Projektleiter Prof. Dr. Thomas Deller, Institut für Klinische Neuroanatomie, Dr. Senckenbergische Anatomie, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main

Weitere Projektbeteiligte: PD Dr. Stephan Schwarzacher, Prof. Dr. Jochen Roeper

Foto: Carolin Stoffer. Gewebekultur mit Topro gefärbt, die Regionen der Hippokampusformation sind eingezeichnet.