Teilprojekt 11

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Modellierung / Systembiologie: Computermodell der Neuroimmun-Interaktion während der Entstehung der Epilepsie

Es gibt seit einigen Jahren starke Evidenz dafür, dass Glia-vermittelte Entzündungsreaktionen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Epilepsie spielen (Najjar et al. 2007, Najjar et al. 2011). Interessanterweise gibt es dabei Hinweise darauf, dass Neuroinflammation im Zentralnervensystem sowohl eine Konsequenz als auch eine Ursache von Krampfanfällen darstellt (Li et al. 2011, Vezzani et al. 2011). Dies suggeriert einen Teufelskreis von fehlgeleiteten Neuroimmun-Interaktionen als mögliche Ursache für die Entstehung der Epilepsie. Um diese komplexen, nicht-linearen Interaktionen besser zu verstehen, werden wir ein detailliertes Computermodell entwickeln, um vorhandene Daten zu erklären, zukünftige Experimente zu leiten und neue Interventionsziele zu identifizieren. Die Hippocampussklerose spielt bei der Pathogenese von Temporallappen-Epilepsie eine zentrale Rolle (siehe TP3, 7, 9, 10, 11). Um die möglichen neuroinflammatorischen Mechanismen besser zu verstehen, werden wir ein Netzwerkmodell des Hippocampus entwickeln, in dem wir die schädlichen Neuroimmun- Wechselwirkungen im Detail studieren wollen. Als Ausgangspunkt werden wir etablierte und elektrophysiologisch validierte Modelle sowohl der Hippocampussklerose als auch des gesunden Hippocampus (Schneider et al., 2012) verwenden, die wir in eigenen Vorarbeiten bereits erfolgreich eingesetzt haben (Jedlicka et al., 2010; Jedlicka et al., 2011; Jedlicka et al., 2015).

Computermodelle und Simulationen der Dynamik der verschiedenen Akteure während einer Entzündungsreaktion im Zentralnervensystem können Einsichten in die der Epilepsie zugrunde liegenden Mechanismen liefern. Beispielsweise ist das Zytokin TNF-α in mindestens zwei separaten Funktionen involviert. Einerseits reguliert es die homöostatische Skalierung erregender Synapsen (Stellwagen & Malenka, 2006), andererseits agiert es als ein entzündungsfördernder Botenstoff in lokalen Immunantworten (Haagmans et al., 1994). Ein vorangegangenes Computermodell unserer Arbeitsgruppe hat gezeigt, dass diese Doppelrolle von TNF-α die Entstehung von Epilepsie nach einer Immunantwort oder einer Hirnläsion verursachen könnte (Savin et al., 2009). In jüngerer Zeit ist die Interaktion zwischen den Cytokinen TNF-α, TGF-β, und IL-10 in Mikroglia näher untersucht worden (Anderson et al., 2015). Eine fehlerhafte Orchestrierung dieser Zytokine könnte eine wichtige Rolle in der Entstehung von Epilepsie spielen. Die vielfältigen nicht-linearen Interaktionen zwischen aktivierten Gliazellen, Zytokinen und der Erregbarkeit von Nervenzellen machen es jedoch schwer, die kurz- und langfristigen Auswirkungen eines einzelnen Akteurs auf das Entstehen von Krampfanfällen vorherzusagen. Hier kann ein umfassendes Computermodell sehr wertvoll sein.

Projektleiter: Prof. Dr. Jochen Triesch, Senior Fellow, Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS), Professor (Fachbereiche 12 und 13, Goethe Universität Frankfurt); Computational Neuroscience, FIAS, Ruth-Moufang-Str. 1, 60438 Frankfurt am Main

Weitere Projektbeteilige: PD Dr. Peter Jedlicka, Institut für klinische Neuroanatomie; Diyuan Lu und Danylo Batulin, FIAS