Projekte und Forschungsschwerpunkte

Die Arbeitsschwerpunkte von Prof. Dr. Roland Borgards liegen in den Feldern

  • Tiere
  • Büchner
  • Romantik

Forschungsschwerpunkt: Tiere

Tiere erfreuen sich derzeit eines bemerkenswerten gesellschaftlichen wie wissenschaftlichen Interesses. Diese akute Relevanz der Tiere korrespondiert offenbar mit einer neuen Sensibilität für Fragen eines verantwortlichen und nachhaltigen Umgangs mit der Natur. Als zuständig für diesen Themenbereich galten traditionell die Naturwissenschaften. Doch im Zeitalter des Anthropozäns verlieren solche Zuständigkeiten ihre Plausibilität: Tiere werden (wie z.B. auch das Klima oder der Meeresspiegel) zum validen Gegenstand kulturwissenschaftlicher Forschung. Die Forschungen zu den Cultural and Literary Animal Studies zielen darauf, die Tierforschung in den Geistes- und Kulturwissenschaften auf drei Ebenen zu etablieren: Erstens geht es um eine Pluralisierung dessen, was zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kulturen als Tiere beschrieben wird. Zweitens sollen insbesondere die Künste (Literatur, Film, Theater, Bildende Kunst, Musik) daraufhin untersucht werden, mit welch formativer Kraft sie das Mensch-Tier-Verhältnis mitgestalten. Und drittens geht es darum, die Anschlussstellen zwischen einer neuen kulturwissenschaftlichen Tiertheorie auf der einen Seite und sich derzeit naturwissenschaftlich entfaltenden New Ethology zu erkunden.
Im Kontext des Forschungsschwerpunkts zahlreiche eigene Publikationen, die Buchreihe “Cultural Animal Studies” sowie thematisch einschlägige Tagungen.

Büchners Tiere. Ein Bestiarium

In Georg Büchners schmalem literarischem Werk finden sich bemerkenswert viele Tiere. Fast 250 Mal werden Tiere explizit genannt, wobei insgesamt etwa hundert verschiedene Tierarten zur Sprache kommen. Mit diesen Tieren verbindet sich bei Büchner ein zugleich Fragefeld, in dem sich Elemente von Anthropologie, Politischer Theorie, Species Politics und Ästhetik kreuzen: Büchners Texte reflektieren an den Tieren die ungesicherte Position des Menschen, die gewalthaltigen Mechanismen sozialer Hierarchien, die Politisierung des Biologischen sowie deren ästhetische – insbesondere groteske – Inszenierung.

Büchner präsentiert dieses Fragefeld nicht als eine ausgearbeitete Theorie, sondern zerstreut in die vielfältigen Tierwörter und Tierarten seiner literarischen Texte. Eine Monographie soll diese verstreuten Andeutungen in einem integrativen Zugriff zu versammeln, dabei aber den Eigenheiten der einzelnen Tiererwähnungen einen angemessenen Raum zu geben. Auf diese Einheit in der Vielfalt zielt die Form des Bestiariums, das die bei Büchner zu findenden Tierarten in 83 Einträgen von A wie Affe bis Z wie Zweifüßler einzeln interpretiert und sie zugleich mit dem Anspruch auf Vollständigkeit in einer Monographie zusammenführt.

Gefördert durch die DFG. Laufzeit: 01.10.23 – 30.09.24 (Vertretung der Lehre durch PD Dr. Lena Kugler).

Parasiten. Literatur- und wissensgeschichtliche Untersuchungen zu einer Mensch-Tier-Figuration im langen 19. Jahrhundert

Das Projekt untersucht die Literatur- und Wissensgeschichte der Parasiten vom ausgehenden 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Heuristisch unterscheidet es dabei zwei Phasen: eine ‚organologische‘ Phase, in welcher der Parasitismus als die Relation zweier Lebewesen konzipiert wird; und eine ‚ökologische‘ Phase, in der Parasiten als Mitbewohner natürlicher Umwelten gedacht werden. Grundlage der Untersuchung ist ein integratives Korpus, das sich gleichermaßen aus literarischen wie naturwissenschaftlichen Texten zusammensetzt. Methodisch-theoretischer Rahmen des Projekts sind die Science and Literature Studies im Allgemeinen, die Cultural and Literary Animal Studies im Besonderen. Diese methodisch-theoretische Rahmung ermöglicht einen neuen Blick auf das Material, der über die bisher vorliegende Forschung zu diesem Feld substantiell hinausgeht. Denn, so soll gezeigt werden, der Parasit ist nicht nur ein kulturtheoretischer Topos, nicht nur ein literarisches Motiv; der literarische Parasit ist nicht nur das bloße Echo des wissenschaftlichen Parasiten, nicht nur eine einfache Metapher für soziale Phänomene. Vielmehr ist der Parasit – betrachtet man ihn in seiner literatur- und wissensgeschichtlichen Figuration – gerade der Ort, an dem sich Voraussetzungen, Möglichkeitsbedingungen, Begleiterscheinungen und Effekte dieser gängigen Zuschreibungen untersuchen lassen.

Gefördert durch die DFG.

Laufzeit: 01.04.22 – 31.03.25

Projektdurchführung: Dr. Esther Köhring

Buchreihe Cultural Animal Studies

Band 1 / Roland Borgards, Marc Klesse, Alexander Kling (Hg.): Robinsons Tiere. Freiburg 2015.

Band 2 / Alexander Kling: Unter Wölfen. Geschichten der Zivilisation und der Souveränität vom 30-jährigen Krieg bis zur Französischen Revolution. Freiburg i. Brsg. 2018.

Band 3 / Roland Borgards, Catrin Gersdorf, Frederike Middelhoff, Sebastian Schönbeck (Hg.): Texts, Animals, Environments. Freiburg i. Brsg. 2019.

Band 4  / Alexandra Böhm, Jessica Ullrich (Hg.): Animal Encounters. Mensch-Tier-Kontakte in Kunst, Literatur, Kultur und Wissenschaft. Berlin 2019.

Band 5 / Ina Bolinski, Stefan Rieger (Hg.): Das verdatete Tier. Zum Animal Turn in der Medienwissenschaft. Berlin 2019.

Band 6 / Mira Shah: Affe und Affekt. Die Poetik und Politik der Emotionalität in der Primatologie. Berlin 2019.

Band 7 / Frederike Middelhoff: Literarische Autozoographien. Figurationen des autobiographischen Tieres (1789-1922). Berlin 2020.

Band 8 / Sebastian Schönbeck: Die Fabeltiere der Aufklärung. Naturgeschichte und Poetik von Gottsched bis Lessing. Berlin 2020.

Band 9 / Friedrich Jaeger (Hg.): Menschen und Tiere. Theoretische Grundlagen und konzeptionelle Herausforderungen der Human-Animal Studies. Berlin 2020.

Band 10 / Adrian Robanus: Romantiere. Naturgeschichte und Poetik von Gottsched bis Lessing. Berlin 2021.

Band 11/ Pamela Stehen: Menschen – Tiere – Kommunikationen. Praxeologische Studien zur Tierlinguistik. Berlin 2022.

Band 12 / Kristian Köchy: Beseelte Tiere. Umwelten und Netzwerke der Tierpsychologie. Berlin 2022.

Band 13 / Manuel Förderer, Christine Huck, Laura M. Reiling (Hg.): Vögel aus Federn. Verschriftlichungen des Vogels seit 1800. Berlin 2022.

Band 14 (in Vorbereitung) / Martin Bartelmus, Maurice Saß (Hg.): Wild-Tier-Fotografie. Ökologische, postkoloniale und ästhetische Perspektiven. Berlin 2023.

Band 15 (in Vorbereitung) / Esther Köhring: Tiere auf Bühnen des Wissens. Theatralisieren, Experimentalisieren, Bestiarisieren von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Berlin 2023.

Forschungsnetzwerk Cultural and Literary Animal Studies (CLAS)

Die Cultural and Literary Animal Studies haben sich im letzten Jahrzehnt im deutschsprachigen Raum zunächst außerhalb institutioneller Strukturen entwickelt. Das 2011 von Roland Borgards, Alexander Kling und Esther Köhring gegründete Netzwerk dient dem Austausch Forschender sowie der Weiterentwicklung und methodischen Reflektion der CLAS und der Tiertheorie. Über 150 Promovierende und PostdoktorandInnen verschiedener Disziplinen stehen über das Netzwerk im Austausch. Zu den Aktivitäten, die 2011-2018 von Würzburg, seit 2018 von Frankfurt aus organisiert werden, gehören drei internationale Summer Schools (2012-2014, gefördert von der VolkswagenStiftung) sowie regelmäßige Arbeitstreffen und Kolloquien.
Um die Aufnahme in das internationale und interdisziplinäre Netzwerk können sich Nachwuchsforschende, die ein eigenes Projekt im Feld der CLAS haben, per Email an koehring@lingua.uni-frankfurt.de bewerben.

Weitere Informationen zum Netzwerk, seinen Aktivitäten und Mitgliedern

Mitarbeiterin: Esther Köhring, Dipl.Thea.

Handliche Bibliothek der Romantik

Herausgegeben von Roland Borgards, Mareike Hennig, Christiane Holm, Harald Neumeyer, Günter Oesterle, Dagmar von Wietersheim

 

 

 

2019
Bd. 1: Gespenster, hrsg. v. Harald Neumeyer
Bd. 2: Tiere, hrsg. v. Roland Borgards
Bd. 3: Hans Christian Andersen: O.T., hrsg. v. Heinrich Detering

2020
Bd. 4: Teufelsgeschichten, hrsg. v. Günter Oesterle
Bd. 5: Handarbeit, hrsg. v. Christiane Holm
Bd. 6: Stadt, hrsg., v. Dagmar von Wietersheim

2021
Bd. 7: Horror, hrsg. v. Hans Richard Brittnacher
Bd. 8: Musik, hrsg. v. Dagmar von Wietersheim
Bd. 9: E.T.A. Hoffmann: Meister Floh, hrsg. v. Roland Borgards

2022
Bd. 10: Orte des Erzählens, hrsg. v. Günter Oesterle
Bd. 11: Dinge, hrsg. v. Alexander Kling
Bd. 12: P. Cornelius, C. Xeller: Die Taunusreise, hrsg. v. Mareike Hennig

2023
Bd. 13: Muße und Müßiggang, hrsg. v. Claudia Lillge
Bd. 14: Zimmer, hrsg. v. Christiane Holm
Bd. 15: August Klingemann: Nachtwachen von Bonaventura, hrsg. v. Harald Neumeyer

Frankfurter Brentano-Ausgabe

In der Brentano-Arbeitsstelle des Freien Deutschen Hochstifts entsteht in Zusammenarbeit mit dem Institut für Deutsche Literatur und ihre Didaktik mit Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst die Frankfurter Brentano-Ausgabe (FBA). Weitere Informationen finden sich auf der Homepage der Brentano-Arbeitsstelle des FDH: 

https://www.goethehaus-frankfurt.de/forschung-und-editionen/romantikforschung/edition

Mitarbeiter:

Dr. Michael Grus, Dr. Holger Schwinn

Forschungsprojekt “Entangled Island Times”

Bei der Erforschung von Inseln kommen unterschiedlichen Zeitformen zum Tragen, insbesondere eine Natur-Zeit (mit ihren zwei Varianten einer geologischen Zeit und einer biologischen Zeit) und einer Kultur-Zeit (mit ihren zwei Varianten einer europäisch-abendländischen Zeitvorstellung und einer ethnologisch fremden Zeitvorstellung). Diese Zeitmodelle solllen hinsichtlich ihres impliziten Anthropozentrismus kritisiert und mit einem am Neumaterialismus orientierten Konzept einer „entangled time“ konfrontiert werden. Das Projekt konzentriert sich dabei in historischer Hinsicht auf die Epoche von 1600 bis 1850. In seinem Gegenstandsbereich fokussiert das Projekt tropische und Südseeinseln. In disziplinärer Hinsicht hat das Projekt sein Zentrum in der Literaturwissenschaft; es integriert darüber hinaus konstitutiv ethnographische Fragestellungen sowie die naturwissenschaftlichen Perspektiven der Inselbiogeographie.


Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen, die Projektergebnisse publiziert:

Roland Borgards, Lena Kugler, Mira Shah: Pazifische Passagen. Ein Insularium des Großen Ozeans. Wallstein: Göttingen 2023.
https://www.wallstein-verlag.de/9783835353077-pazifische-passagen.html


Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:
Prof. Dr. Roland Borgards, Dr. Lena Kugler, Dr. Mira Shah

Marburger Büchner Ausgabe

In einem auf vier Jahre angelegten Projekt (Start: Mai 2018), einer Kooperation zwischen dem Institut für Deutsche Literatur und ihre Didaktik (Roland Borgards), der Forschungsstelle Georg Büchner (Burghard Dedner) und dem Kompetenzzentrum Digital Humanities Trier (Thomas Burch) soll die historisch-kritische Marburger Büchner Ausgabe in einer digitalen Fassung online verfügbar gemacht werden.
Georg Büchners Werk steht im Beziehungsgeflecht von Klassik, Romantik und Frührealismus einerseits, der Geschichte der Politik, der Naturwissenschaften und Philosophie andererseits, und es ist der deutschen und der französischen Kulturtradition verpflichtet. Die 18-bändige Marburger Büchner-Ausgabe mit einem Volumen von ca. 8.300 Seiten ediert Büchners Texte, dokumentiert ihr literarisches und kulturelles Umfeld und erläutert materielle Aspekt wie Tinte, Papier und Handschrift, Aspekte der Textherstellung, intertextuelle Aspekte, semantische Aspekte und Aspekte der Rezeptionsgeschichte. Zu den Markenzeichen der MBA gehören die „quellenbezogenen Texte“ und ihnen entsprechende Quellendokumentationen sowie umfangreiche Stellenerläuterungen, die möglichst alle erklärungsbedürftigen Textstellen im Horizont des politischen, psychiatrischen, medizinischen, philosophischen und theologischen Wissens sowie der poetischen Traditionen entschlüsseln.
Die MBA digital überträgt die Ergebnisse der Druckausgabe ins digitale Medium. Sie macht sie weltweit zugänglich, erschließt dem Nutzer das komplexe Netz der editorischen und kommentierenden Informationen, eröffnet ihm Zugänge zu externen digitalen Informationsquellen und erschließt neue Forschungsfelder. Alle der Edition zugrundeliegenden Handschriften und frühen Drucke werden als Bilddigitalisate wiedergegeben. Die in der MBA erprobten innovativen Formen editorischer Darstellung werden für das digitale Medium fortentwickelt. Die in ihr enthaltenen Informationen sind derart mit einander verknüpft, dass nur das digitale Medium ihre adäquate Nutzung ermöglicht. Nach ihrer Fertigstellung wird die MBA digital eingebettet in das schon bestehende buechnerportal.de.

MitarbeiterInnen (Frankfurt): Prof. Dr. Roland Borgards, Dr. Gerald Funk, Dr. Tilman Fischer, Esther Köhring

Kontakt

Prof. Dr. Roland Borgards
Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik
Norbert-Wollheim-Platz 1, Postfach 17
60629 Frankfurt am Main

Raum IG 2.251

Email: borgards@lingua.uni-frankfurt.de

Büro:
Naomi Rachel Hoffmann
Raum IG 2.316

Tel. 069/798 32733
na.hoffmann@em.uni-frankfurt.de

Hilfskräfte:

Charlotte Horst

Elisabeth Fischbach