Summer School CLAS 2012: Nature, Culture, Agency

In der ersten Summer School Nature, Culture, Agency (24.09.-29.09.2012) standen generelle Fragen nach einer Epistemologie und Methodologie der CLAS im Vordergrund:

Das Tier erscheint in den derzeit geführten Diskussionen als ein eigentümlicher Gegenstand, dessen epistemologischer Status nicht ohne weiteres zu bestimmen ist und somit zunächst der methodische Zugriff zu klären ist. Zwei einander entgegengesetzte Konzeptionen lassen sich hier unterscheiden, eine naturalistische und eine kulturalistische. Im Problemfeld eines wissenschaftlichen Realismus auf der einen, der anthropozentrisch ausgerichteten Konstruktion der Tiere auf der anderen Seite, hat sich mit den Agency-Theorien ein dritter Weg etabliert: Tiere sind aus dieser Perspektive an den kulturellen Tätigkeiten des Menschen aktiv beteiligt, zwar nicht als selbstbewusste Subjekte, aber doch als handelnde Agenten. Denkbar wird damit eine Form der Teilhabe, bei der das Tier weder ein vorab Gegebenes, Natürliches, gänzlich Unberührtes, noch ausschließlich Konstrukt, Produkt, Projektionsfläche der menschlichen Tätigkeit ist.

Die Summer School 2012 ging diesen Fragen nach einer Konzeptualisierung der Tiere mit Keynotes nach, die die Frage nach dem „great divide“ zwischen Kulturalismus und Naturalismus und nach einer Kulturtheorie der Tiere stellen (Philippe Descola, Paris; Stefan Rieger, Bochum). Die Göttinger Primatenforscherin Julia Fischer debattierte mit dem Philosophen und Kulturwissenschaftler Markus Wild (Berlin). Der Schriftsteller Marcel Beyer stellte in einer Lesung und Diskussion mit Julika Griem (Frankfurt) eine Reihe von Texttieren vor und sprach über das Verhältnis von Kultur und Natur in seiner Literatur. Eine Tierspurensuche führte die TeilnehmerInnen am Exkursionstag an einen prominenten Ort der Tierforschung. Exemplarisch und theoretisch wurde das Thema in Workshops bearbeitet. In Theorieworkshops (geleitet durch ausgewählte TeilnehmerInnen) lasen und diskutierten wir grundlegende theoretisch-methodische Positionen (etwa von Jacques Derrida, Philippe Descola, Bruno Latour und Donna Haraway). In drei parallel laufenden Themen-Workshops wurde das Thema exemplarisch vertieft: „Natur/Geschichte“ (Aline Steinbrecher, Robert Suter) diskutierte die Wirkmächtigkeit der Tiere in historischen Prozessen; „Response/Responsibiltity“ (Herwig Grimm, Julia Bodenburg) fragte nach dem Subjekt- bzw. Objektstatus der Tiere und deren Konsequenzen für eine praktologische Tierethik, „Experiment/Performance“ (Roland Borgards, Esther Köhring) untersuchte Fälle tierlichen Handelns im Grenzbereich zwischen naturwissenschaftlicher und künstlerischer Versuchsanordnung.

Wir empfingen NachwuchswissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen und Ländern und verstehen die Summer School als Labor für den Forschungsbereich. Es wurde die Gelegenheit zur Vorstellung und Diskussion eigener Projekte ebenso gegeben wie Räume zur Vernetzung und Entwicklung.

Dokumentation

Die Würzburg Summer School for Cultural and Literary Animal Studies wurde gefördert von der VolkswagenStiftung.