Geschichte
Im Jahre 1914 wurde die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt gegründet und mit ihr das Archäologische Institut. Im Jahr 2001 konnte das Institut seine neuen Räumlichkeiten auf dem Campus Westend im ehemaligen I.G. Farben-Gebäude beziehen. Die Studienbedingungen und die fachübergreifende Forschung konnten durch die Zusammenfassung der Bibliotheken aller Altertumswissenschaften im Bibliothekszentrum Geisteswissenschaften deutlich verbessert werden. Mehrere Ausgrabungs- und Forschungsprojekte erweiterten und erweitern die Ausbildungsmöglichkeiten für die Studierenden um die vielfältigen Aspekte praktischer Feldforschung. Auch die Originalsammlung am Institut und die enge Zusammenarbeit mit dem Liebieghaus, Skulpturensammlung (Vinzenz Brinkmann), bieten die Gelegenheit zu praxisorientiertem Lehren und Lernen. Die Abguss-Sammlung in einem eigens konzipierten Saal konnte dank großzügiger privater Spenden weiter ausgebaut werden. Mit seinen Einrichtungen und Projekten bietet der Studiengang Klassische Archäologie seinen Studierenden ein breites Lehrangebot, das in der engen Verbindung von Feldforschung und akademischer Ausbildung die Archäologie als „Wissenschaft von den materiellen Hinterlassenschaften alter Kulturen“ lebendig macht.
Im Wintersemester 2003/04 haben sich die archäologischen Fächer an der Goethe-Universität, die zuvor auf zwei Fachbereiche aufgeteilt waren, zu einem gemeinsamen „Institut für Archäologische Wissenschaften“ zusammengeschlossen. Die drei Abteilungen liegen räumlich nahe beieinander im I.G. Farben-Haus; ebenso ihre Bibliotheken. Sie waren darüber hinaus gemeinsam am Graduiertenkolleg „Wert und Äquivalent“ beteiligt; zusammen mit den Ethnologen der Goethe-Universität und den Klassischen Archäologen an der TU Darmstadt. Der Zusammenschluß unter Wahrung der Fachidentitäten ermöglicht eine vereinfachte und effizientere Organisation gemeinsamer Lehr- und Forschungsaktivitäten und bewirkt eine deutlichere Außenwirkung, die der wissenschaftlichen Bedeutung der archäologischen Forschung entspricht. Alle Abteilungen besitzen neben ihren Lehr- und Forschungseinrichtungen Studiensammlungen verschiedener Art.
1914 - 1930
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Im Jahre 1914 wurde die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt gegründet und mit ihr das Archäologische Institut. Die Klassische Archäologie war zu dieser Zeit das einzige archäologische Fach. Aufgabe des ersten Lehrstuhlinhabers sollte die "Begründung eines archäologischen Seminars mit Bibliothek und Studiensammlung, voraussichtlich die Aufstellung, Verwaltung und Mehrung einer Abguss-Sammlung" sein. Hans Schrader, der schon an den Ausgrabungen von Priene in Kleinasien teilgenommen hatte und zum Zeitpunkt seiner Berufung Direktor der kaiserlichen Antikensammlungen in Wien war, wurde erster Lehrstuhlinhaber in Frankfurt. In seiner Zeit gelang ihm der Ausbau der Abguss-Sammlung, deren Grundstock aus den Gipsabgüssen antiker Plastik des Städelschen Kunstinstitutes bestand. Diese Sammlung wurde in einem Museumsraum in unmittelbarer Nähe des Institutes im Jügelhaus an der Mertonstraße eingerichtet und bildete die Grundlage für die wissenschaftlichen Arbeiten Schraders, die vor allem um den Themenkomplex griechischer Plastik kreisten. |
1930 - 1941
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1930 wurde Schrader emeritiert, bis zur Berufung seines Nachfolgers Ernst Langlotz aus Jena 1933 vertrat ihn Walter-Herwig Schuchhardt. Ernst Langlotz hatte mit seiner Dissertation zur rotfigurigen Vasenmalerei Grundlagenarbeit am chronologischen Gerüst der griechischen Kunst geleistet und legte seinen Forschungsschwerpunkt vor allem auf die griechische Plastik. Seine Amtszeit war nicht zuletzt durch den Kampf gegen dauernde Mittelkürzungen und Einschränkungen des Institutsbetriebes geprägt. |
1941 - 1956
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1941 wurde Langlotz nach Bonn berufen, sein Nachfolger in Frankfurt wurde Guido Freiherr von Kaschnitz-Weinberg.Mit der Lehrstuhlbesetzung durch Kaschnitz aus Marburg (früher Königsberg), dem Ehemann von Marie Luise Kaschnitz, gelang die Berufung eines dem nationalsozialistischen Regime gegenüber notorisch skeptischen Gelehrten. Er galt als führender Vertreter der "deutschen Strukturforschung", die bis in die 60er Jahre eine wichtige Rolle in den Geisteswissenschaften spielte. Es gelang ihm, in der Kriegs- und Nachkriegszeit den Institutsbetrieb unter schwierigsten Bedingungen zu stabilisieren, wobei er Lehrveranstaltungen zeitweise in seinem Haus in Kronberg durchführte, nachdem die Universität weitgehend ausgebombt war. Seit 1949 war Kaschnitz mit der Aufgabe betraut, inoffiziell die Rückgabe der unter internationaler Verwaltung stehenden Abteilung Rom des Deutschen Archäologischen Instituts an die soeben begründete Bundesrepublik vorzubereiten. Während der dadurch bedingten Abwesenheit wurde er von Ernst Homann-Wedeking, Heinz Kähler und Herman Hafner vertreten. |
1956 - 1973
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1956 kam Gerhard Kleiner, zur Zeit seiner Berufung 2. Direktor des Deutschen Archäologischen Institutes in Istanbul, nach Frankfurt. Kleiners Schwerpunkt lag im Bereich der bislang vernachlässigten hellenistischen Kunst. Er war Grabungsleiter in Milet und arbeitete auch in Priene. Dadurch wurde ein alter Arbeitsschwerpunkt Schraders wieder aufgegriffen, mehrere Dissertationen über kleinasiatische und besonders milesische Themen ergaben sich damals und in der Amtszeit seines Nachfolgers Hans von Steuben aus dieser Verbindung. 1961 konnte das Institut die Räumlichkeiten in einem neuen Bau an der Gräfstraße beziehen. Die Abteilung für Vorderasiatische Archäologie, für die Thomas Beran, ebenfalls aus Istanbul, gewonnen wurde, konnte 1962 eingerichtet werden. Sie eröffnete für DozentInnen und Studierende fruchtbare Perspektiven der fachübergreifenden Forschung und Lehre. |
1973 - 1996
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1973 wurde Hans von Steuben nach Frankfurt berufen. Schwerpunkt seiner Forschung und Lehrtätigkeit war die Beschäftigung mit der griechischen Kunst, insbesondere der Plastik, unter den verschiedensten kulturhistorischen Aspekten. Bis zur Berufung des Darmstädter Bauforschers W. Müller-Wiener zum Direktor des Deutschen Archäologischen Institutes in Istanbul und Grabungsleiter von Milet übernahm von Steuben kommissarisch die Leitung der Grabung, während Dr. Peter Hommel die Ausgrabungen vor Ort weiterführte.
Nachrufe:
- Unireport 8, 2008
- Gnomon 81, 2009, 766 f.
- Archäologisches Nachrichtenblatt 14, 2009, 89 f.
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Seit 1996
Von 1996 - 2015 hatte Wulf Raeck den Lehrstuhl für Klassische Archäologie an der Goethe-Universität inne. Anja Klöckner ist seit 2016 seine Nachfolgerin.
Seit seiner Gründung wirkten zahlreiche Honorar- und außerplanmäßige Professoren am Institut. Dazu gehörten z.B. Götz Lahusen († 30.5.2008), Peter Cornelis Bol († 19.7.2012) und Haritini Kotsidu.
Literatur:
M. Herfort-Koch - U. Mandel - U. Schädler (Hrsg.), Begegnungen: Frankfurt und die Antike (1994) S. 337-388.
W. Raeck, Gründung eines Instituts für Archäologische Wissenschaften an der J.-W. Goethe-Universität, Archäologisches Nachrichtenblatt 10, 2005, 275 f
Sammlungen
Abguss-Sammlung
Zu den Sammlungen der Klassischen Archäologie gehört das eindrucksvolle Ensemble des Skulpturensaals: Die Abguss-Sammlung befindet sich im 7. Stock des IG-Farbenhauses (7.511) und bietet ideale Bedingungen für das Studium antiker Skulpturen. Rund 300 Abgüsse aus Museen der ganzen Welt sind hier versammelt, die einen repräsentativen Querschnitt bildhauerischen Schaffens aus der gesamten Antike bieten - von der Archaik bis zur Spätantike. Statuen und Porträts können bei natürlichem Licht und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Regelmäßig finden hier Lehrveranstaltungen, Bestimmungs- und Beschreibungsübungen statt, die Sammlung steht aber auch für das Selbststudium offen. Auch die regulären öffentlichen Sonntagsführungen sind sehr beliebt und ziehen ein breiteres Publikum an. Neuerwerbungen, insbesondere durch großzügige Spenden, erweitern den Bestand kontinuierlich.
Antikensammlung
Neben der Abguss-Sammlung besitzt das Fach Klassische Archäologie auch eine umfangreiche Originalsammlung von rund 1200 Stücken. Dazu gehören insbesondere Keramikgefäße und Terrakotten, aber auch antike Gläser, Marmorwerke und Schmuck. Eine Sammlung von etwa 260 griechischen und römischen Münzen rundet die Bestände ab. Die Originalsammlung wird als Anschauungsmaterial in der Lehre eingesetzt und dient unter anderem auch für Zeichen- und Bestimmungsübungen. Die Originalstücke bilden die Grundlage für studentische Ausstellungsprojekte und Abschlussarbeiten. Sie werden immer wieder auch als Leihgaben für Sonderausstellungen angefragt. Bis heute wird sie durch Schenkungen Frankfurter Bürger erweitert.
Zu den herausragenden Stücken der Originalsammlung gehören neben ausgezeichneten Beispielen der attisch-schwarzfigurigen Vasenmalerei auch die sogenannte Perserlekythos, mehrere qualitätvolle weißgrundige Lekythen sowie Zeugnisse originaler Bildhauerkunst.
Photosammlung
Die Photosammlung der Klassischen Archäologie ist als Arbeitsinstrument für Forschung und Lehre entstanden. Sie umfasst rund 15.200 großformatige Photopappen, die den in Fachbüchern publizierten Denkmälerbestand ergänzen. Darunter befinden sich zahlreiche historische Silbergelantine- und Albumin-Aufnahmen. Von besonderem Interesse sind insbesondere die topographischen Photographien, da sie häufig einen heute nicht mehr erhaltenen Zustand zeigen, wie etwa Aufnahmen der Athener Akropolis während der Ausgrabungen. Viele der Photopappen tragen handschriftliche Bemerkungen, die zusätzliche Informationen liefern.
Ein einzigartiger Bestand stellen hunderte Photographien aus dem frühen 20. Jh. dar, die der Frankfurter Gymnasialpädagoge und historische Geograph Felix Bölte selbst in Griechenland aufgenommen hat. Die Aufnahmen zeigen außer archäologische Stätten auch Alltagszenen und Landschaften, darunter etliche geologische Detailbilder.
Anfragen zu den Sammlungen,
insbesondere zum Besuch und zu Führungen im Skulpturensaal
Dr. Matthias Recke, Kustos,
Raum 5.513
Recke@em.uni-frankfurt.de
Tel. 069/798 32301
Forschung
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