Semesterthema
In der Ringvorlesung tragen Lehrende aus verschiedenen Disziplinen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften zu einem gemeinsamen Semesterthema vor (s.u.). So erhalten Sie zu einem gemeinsamen Thema einen Überblick über unterschiedliche Fachperspektiven, Fallbeispiele, Methoden, Wissenschaftsgeschichte und gesellschaftliche Schnittstellen verschiedener Fächer.
Sicherlich offenbaren sich hier für Sie auch unerwartet interessante Forschungsgebiete und Fragestellungen, von Fächern, von denen Sie bislang wenig konkrete Vorstellungen hatten.
In Ihrem Portfolio zu diesem Modul (Orientierungsmodul) haben Sie die Möglichkeit, Ihre Eindrücke und die unterschiedlichen Fachkulturen zu reflektieren und diese für den Entscheidungsprozess zu Ihrer Studienfachwahl fruchtbar zu machen. Dabei werden Sie von Ihrer Mentorin bzw. Ihrem Mentor unterstützt.
Lt. Studienordnung hat der Modulteil Ringvorlesung Semesterthema 2 SWS. Diese verbringen Sie in den unten stehenden Vortragterminen.
Für den Abschluss des Modulteils sind drei bis fünf annotierte Protokolle (Handreichung siehe OLAT-Kurs der Ringvorlesung) zur Vorlesung als Artefakt Ihres Portfolios notwendig.
Einschreibung/Anmeldung: Als OStudierende werden Sie in der GO-Woche automatisch in den zugehörigen OLAT-Kurs eingeschrieben, eine separate Anmeldung ist nicht notwendig.
Seitdem es Kulturen gibt, nutzen Menschen die Rede von der Fremdheit als Mittel der Abgrenzung: Wer seid ihr wenn ihr anders seid als wir? Das Fremde ist kein Phänomen und kein Gegenstand. Es ist vielmehr ein nützliches Instrument, das hilft, sich und die eigene Kultur abzugrenzen und zu verstehen. Der Aspekt der Nützlichkeit führt vielfach auch zu, dass Fremdheit in der subjektiven Wahrnehmung übersteigert wird.
Die negative Seite des Redens von den „Fremden“ ist die Xenophobie. Ethnologen zeigen durch ihre Untersuchungen, wie in der Geschichte und in verschiedenen Kulturen das Fremde immer wieder instrumentalisiert wurde, sei es, um die eigene Kultur zu idealisieren oder auch nur, um Grenzen deutlich zu markieren.
Die eigentliche Aufgabe der Ethnologie geht aber noch einen Schritt weiter: gegen die falschen Vorstellungen von dem Fremden ist es ihre Aufgabe, auf Gemeinsamkeiten und universale Merkmale aller Kulturen weltweit hinzuweisen. Fremdheit wird oft instrumentalisiert. Gegen solche Tendenzen zeigen Ethnologen, dass jeder Einzelne Fremdheit nur subjektiv wahrnimmt. Dadurch vergessen die Betroffenen, wie wichtig die gemeinsamen Grundlagen der Menschheit sind.
Alterität für Fortgeschrittene.
Eine theologisch-innovative Perspektive auf die Beziehung zum ganz Anderen.
Die christliche Theologie verwendet den Begriff der Andersheit (bzw. Alterität) in einer einzigartigen Weise. Als grundlegend ‚anders‘ beschreibt sie keinen Geringeren als Gott. Dieses ‚Othering Gottes‘ ist dabei nicht – wie in anderen Fällen der Zuschreibung von Fremdheit – mit einer Abwertung verbunden, sondern mit einer emphatischen Aufwertung: Gott wäre nicht Gott, wäre er nicht radikal anders als wir. Der Vortrag fragt danach, was sich von dieser Figur über das Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden bzw. über unseren Umgang mit dem je Anderen lernen lässt.
Fremdgemacht im eigenen Land? Selbstermächtigung und neue leitkulturelle Produktion in der postmigrantischen Gesellschaft
Die Kategorien des 'Eigenen' und des 'Fremden' sind seit jeher in derÜbersetzungstheorie angewendet worden, um den Vorgang des Übertragens
„Wertschätzung von Vielfalt bedeutet, ohne
Angst verschieden sein zu können.“ Theodor W. Adorno
Verschiedenheit, Fremdheit, Alterität,
Andersartigkeit, Gemeinsamkeit, Identität, Eigenheit, das Selbst sind
grundlegende – und vielleicht notwendige? – Schemata zur Wahrnehmung,
Unterteilung und Konstruktion der Welt, von Kulturen und von Prozessen. Erst
durch mehrdimensionale Wechselbeziehungen werden sowohl das Eigene wie das
Fremde konstituier- und identifizierbar: Die vermeintliche Unabhängigkeit und
Abgrenzung vom Eigenem zum Fremden in der Sichtbarmachung bspw. bestimmter
Identitäten und Lebensformen erst führt zur Hinterfragung auch eigener
kultureller und sozialer Selbstverständlichkeiten und produziert neue Wahrnehmungsweisen.
Hier findet ein kontinuierlicher, emotionaler und produktiver Prozess von
gegenseitiger Auseinandersetzung und Analyse, von Interferenz, Transfer,
Hybridität und Anpassung statt – die Entdeckung des Fremden im Eigenen und des
Eigenen im Fremden. Schlagworte
aus dem Tagesgeschehen wie Gender-Sprache, Inklusion,
Flüchtlingspolitik, Identitätskrise, Global Cities… zeigen, wie aktuell der Themenkreis ist und lassen
über (unsere) Verantwortung im Umgang mit Eigenem und Fremden nachdenken.
Hierin finden sich Anschlussmöglichkeiten, um über "eigen und fremd" als Teil unserer Fachdisziplinen in den Geistes-
und Sozialwissenschaften zu diskutieren: Was waren und sind sprachliche,
historische, künstlerische, gesellschaftliche, politische, ethnische,
religiöse, sowie geschlechter-, generationen- und körperbezogene Erfahrungen,
Konzeptionen und Ausprägungen von eigen und fremd? Welche Medien,
Kommunikationsprozesse und Dynamiken werden erzeugt, inszeniert und analysiert?
Wie und zu welchem Zweck wird Wissen dazu generiert, gesammelt und
kommuniziert?
Erleben Sie im Sommersemester 2023 anhand des Semesterthemas „eigen und fremd“, wo und inwiefern sich unsere Fächer mit dem Themenfeld „eigen und fremd“ im weitesten Sinne beschäftigen. So erhalten Sie als Studierenden über dieses Globalthema einen Einblick in Methoden, Fragestellungen und Projekte der verschiedenen Fächer.
Das Thema „eigen und fremd“ wird anhand verschiedener Fachbeispiele reflektiert und ebenfalls gesellschaftliche Schnittstellen beleuchtet; wo also Impulse des jew. Fachs in die Gesellschaft wirken und inwiefern ein innovativer Beitrag zu diesem relevanten Themenkreis geleistet werden kann.
Nicht zuletzt: Für Sie als Studienanfänger*innen ergibt sich vielleicht ein noch unmittelbarerer Zugang zum Thema: Ankommen an der Universität als eine Erkundung eines neuen, fremden Arbeits- und Kommunikationsraums mit eigenen Sprachen, Diskurskulturen und Arbeitsmethoden; ein Eintritt in ein fremdes Terrain, in eine heterogene Gruppe, eine Konfrontation mit neuen Eindrücken und diversen Meinungen. So werden Sie nun auf vielfältige Weise herausgefordert (gerade mit Ihrer Mission, Ihr Wunschfach zu finden und Ihre Kompetenzen, Interessen und Fähigkeiten zu erforschen), sich mit eigenen und (vermeintlich) fremden Konzepten, Inhalten, Persönlichkeiten usw. auseinanderzusetzen.
Viel Spaß bei unserem Semesterthema!
gültig von: '07.02.22 - 00:00' bis: '08.02.22 - 00:00'