In der Ringvorlesung tragen Lehrende aus verschiedenen Disziplinen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften zu einem gemeinsamen Semesterthema vor (s.u.). So erhalten Sie zu einem gemeinsamen Thema einen Überblick über unterschiedliche Fachperspektiven, Fallbeispiele, Methoden, Wissenschaftsgeschichte und gesellschaftliche Schnittstellen verschiedener Fächer.
Sicherlich offenbaren sich hier für Sie auch unerwartet interessante Forschungsgebiete und Fragestellungen, von Fächern, von denen Sie bislang wenig konkrete Vorstellungen hatten.
In Ihrem Portfolio zu diesem Modul (Orientierungsmodul) haben Sie die Möglichkeit, Ihre Eindrücke und die unterschiedlichen Fachkulturen zu reflektieren und diese für den Entscheidungsprozess zu Ihrer Studienfachwahl fruchtbar zu machen. Dabei werden Sie von Ihrer Mentorin bzw. Ihrem Mentor unterstützt.
Lt. Studienordnung hat der Modulteil Ringvorlesung Semesterthema 2 SWS. Diese verbringen Sie in den unten stehenden Vortragterminen.
Für den Abschluss des Modulteils sind drei bis fünf annotierte Protokolle (Handreichung siehe OLAT-Kurs der Ringvorlesung) zur Vorlesung als Artefakt Ihres Portfolios notwendig.
Einschreibung/Anmeldung: Als OStudierende werden Sie in der GO-Woche automatisch in den zugehörigen OLAT-Kurs eingeschrieben, eine separate Anmeldung ist nicht notwendig.
Das Semesterthema 2023:
Wir freuen uns auf 12 Beiträge (s.u.) aus der Humangeographie, Psychologie, Soziologie, WiWi (Marketing), Sportsoziologie, Romanistik, Ethnologie, Archäologie, Erziehungswissenschaften, Allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaften, Religionswissenschaften sowie Katholische Theologie.
Rückblick: Das Programm im Sommersemester 2022:
Wie standen die ersten Menschen zueinander? Lebten alle ähnlich, herrschte ein friedliches Miteinander, und hatten alle genug zum Leben? Antworten auf die Unterschiede zwischen Menschen beherrschten das Denken von der frühen Neuzeit bis tief in das 19. Jahrhundert. Nachrichten von Gesellschaften auf anderen Kontinenten – aber auch manch populäre Legenden – schockierten einerseits, wurden andererseits von Philosophen jener Zeit als Modelle genutzt, um europäische Verhältnisse zu hinterfragen.
Der Fremde war zugleich Warnung und Abschreckung, wie auch modellhaftes Vorbild. Dabei standen vielfach die Überzeichnungen des Gesehenen, die imaginierte Andersartigkeit im Vordergrund. Aus dieser Vorstellung heraus, bzw. mit dem Anliegen, eine Gegenthese dazu zu entwickeln entstand die Ethnologie. Was bedeutet kulturelle Differenz? Wie anders sind "die Fremden" wirklich? Wie diese Vorlesung zeigen wird, arbeitete die Ethnologie seit ihrer Entstehung daran, den Mythos des Fremden zu überwinden und einen näheren Blick auf Diversität und Differenz zu entwickeln.
Das Eigene und das Fremde in der Ästhetik und Biopolitik um 1800
Der Beitrag untersucht aus einer komparatistischen Perspektive die Verbindung aus Komik und Medizin, die Jean Pauls Roman Dr. Katzenbergers Badereise zugrunde liegt. Es soll aufgezeigt werden, wie Jean Paul mit diesem strategischen Doppel eine Ästhetik begründet, die dasjenige in einer affirmativen Art und Weise einbezieht, was von den ästhetischen und biopolitischen Diskursen um 1800 diskreditiert wurde. Im Zentrum der Analyse stehen das Ekelerregende und das Monströse. Zum Zwecke der Konstruktion eines Idealkörpers wurden diese von Ästhetik und Biopolitik als Fremdes ausgeschlossen. Ungeachtet der offiziellen Verurteilung zum abstoßenden Anderen des idealen Eigenen gelingt es Jean Paul, die Opposition zwischen dem Eigenen und dem Fremden zu unterlaufen und nachzuweisen, dass das Fremde immer schon das Eigene ist.
Alterität für Fortgeschrittene.
Eine theologisch-innovative Perspektive auf die Beziehung zum ganz Anderen.
Die christliche Theologie verwendet den Begriff der Andersheit (bzw. Alterität) in einer einzigartigen Weise. Als grundlegend ‚anders‘ beschreibt sie keinen Geringeren als Gott. Dieses ‚Othering Gottes‘ ist dabei nicht – wie in anderen Fällen der Zuschreibung von Fremdheit – mit einer Abwertung verbunden, sondern mit einer emphatischen Aufwertung: Gott wäre nicht Gott, wäre er nicht radikal anders als wir. Der Vortrag fragt danach, was sich von dieser Figur über das Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Fremden bzw. über unseren Umgang mit dem je Anderen lernen lässt.
Semesterthema
„Wertschätzung von Vielfalt bedeutet, ohne
Angst verschieden sein zu können.“ Theodor W. Adorno
Verschiedenheit, Fremdheit, Alterität,
Andersartigkeit, Gemeinsamkeit, Identität, Eigenheit, das Selbst sind
grundlegende – und vielleicht notwendige? – Schemata zur Wahrnehmung,
Unterteilung und Konstruktion der Welt, von Kulturen und von Prozessen. Erst
durch mehrdimensionale Wechselbeziehungen werden sowohl das Eigene wie das
Fremde konstituier- und identifizierbar: Die vermeintliche Unabhängigkeit und
Abgrenzung vom Eigenem zum Fremden in der Sichtbarmachung bspw. bestimmter
Identitäten und Lebensformen erst führt zur Hinterfragung auch eigener
kultureller und sozialer Selbstverständlichkeiten und produziert neue Wahrnehmungsweisen.
Hier findet ein kontinuierlicher, emotionaler und produktiver Prozess von
gegenseitiger Auseinandersetzung und Analyse, von Interferenz, Transfer,
Hybridität und Anpassung statt – die Entdeckung des Fremden im Eigenen und des
Eigenen im Fremden. Schlagworte
aus dem Tagesgeschehen wie Gender-Sprache, Inklusion,
Flüchtlingspolitik, Identitätskrise, Global Cities… zeigen, wie aktuell der Themenkreis ist und lassen
über (unsere) Verantwortung im Umgang mit Eigenem und Fremden nachdenken.
Hierin finden sich Anschlussmöglichkeiten, um über "eigen und fremd" als Teil unserer Fachdisziplinen in den Geistes-
und Sozialwissenschaften zu diskutieren: Was waren und sind sprachliche,
historische, künstlerische, gesellschaftliche, politische, ethnische,
religiöse, sowie geschlechter-, generationen- und körperbezogene Erfahrungen,
Konzeptionen und Ausprägungen von eigen und fremd? Welche Medien,
Kommunikationsprozesse und Dynamiken werden erzeugt, inszeniert und analysiert?
Wie und zu welchem Zweck wird Wissen dazu generiert, gesammelt und
kommuniziert?
Erleben Sie im Sommersemester 2023 anhand des Semesterthemas „eigen und fremd“, wo und inwiefern sich unsere Fächer mit dem Themenfeld „eigen und fremd“ im weitesten Sinne beschäftigen. So erhalten Sie als Studierenden über dieses Globalthema einen Einblick in Methoden, Fragestellungen und Projekte der verschiedenen Fächer.
Das Thema „eigen und fremd“ wird anhand verschiedener Fachbeispiele reflektiert und ebenfalls gesellschaftliche Schnittstellen beleuchtet; wo also Impulse des jew. Fachs in die Gesellschaft wirken und inwiefern ein innovativer Beitrag zu diesem relevanten Themenkreis geleistet werden kann.
Nicht zuletzt: Für Sie als Studienanfänger*innen ergibt sich vielleicht ein noch unmittelbarerer Zugang zum Thema: Ankommen an der Universität als eine Erkundung eines neuen, fremden Arbeits- und Kommunikationsraums mit eigenen Sprachen, Diskurskulturen und Arbeitsmethoden; ein Eintritt in ein fremdes Terrain, in eine heterogene Gruppe, eine Konfrontation mit neuen Eindrücken und diversen Meinungen. So werden Sie nun auf vielfältige Weise herausgefordert (gerade mit Ihrer Mission, Ihr Wunschfach zu finden und Ihre Kompetenzen, Interessen und Fähigkeiten zu erforschen), sich mit eigenen und (vermeintlich) fremden Konzepten, Inhalten, Persönlichkeiten usw. auseinanderzusetzen.
Viel Spaß bei unserem Semesterthema!
gültig von: '07.02.22 - 00:00' bis: '08.02.22 - 00:00'