„Luftfahrttechnik, Landschaftsbau – oder doch Romanistik?

Warum hast DU dich für das Studium einer romanischen Sprache entschieden?“

(von Dr. Anna-Christine Weirich)

 

Unter diesem Titel wurde im Dezember 2018 eine online-Umfrage unter den Studierenden am Institut für Romanische Sprachen und Literaturen der Goethe-Universität Frankfurt durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, mehr darüber zu erfahren, wer sich warum für ein Studium der Romanistik oder dem Lehramt einer romanischen Sprache entschieden hat. Welche Entscheidungsprozesse haben die heutigen Studierenden der Romanistik an der Goethe-Universität zu ihrer Studienwahl geführt? Welche beruflichen Ziele und Vorstellungen haben diese Studierenden? Welche Ängste und Sorgen bewegen sie?

Die Umfrage wurde von Studierenden in romanistischen Studiengängen im Rahmen des Optionalmoduls „Berufsorientierung“ unter Anleitung von Dr. Anna-Christine Weirich konzipiert und durchgeführt. Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln des Ruth-Moufang-Fonds des Gleichstellungsbüros der Goethe-Universität und Mitteln des Fachbereichs 10 (Neuere Philologien).

 

Studiengang

 

133 Studierende beteiligten sich an der Umfrage, was bei einer angenommen Grundgesamtheit von 1130 Studierenden im Bachelor (Hauptfach und Nebenfach) und Lehramt (Französisch, Spanisch, Italienisch) einem Rücklauf von 11% entspricht. 50% der Antwortenden waren in einem L3-Studiengang eingeschrieben (vs. 44,17% der Grundgesamtheit) und 25% im Bachelor Hauptfach (vs. 21,3% der Grundgesamtheit).

Die Fächerkombinationen der Befragten variieren stark, aber die Kombinationsfächer konzentrieren sich auf geisteswissenschaftliche und insbesondere philologische Fächer: Die 32 Bachelor-Hauptfach-Studierenden verteilen sich auf mindestens 16 Nebenfächer. 14 Bachelor-Studierende, also fast die Hälfte, belegen im Nebenfach ein anderes philologisches Fach. Die Kombinationsfächer der Studierenden im Lehramt einer romanischen Sprache verteilen sich auf 14 Fächer. Die häufigste Kombination ist diejenige mit einer anderen romanischen Sprache oder mit Englisch (jeweils 17,39% der LA-Studierenden), gefolgt von Sport und Deutsch (mit jeweils 14,49%). Immerhin 17,39% der Antwortenden studieren als zweites künftiges Unterrichtsfach eine Naturwissenschaft (Mathematik, Geographie, Biologie und Physik, in der Häufigkeit der Nennungen).

Weit über 50% der Antwortenden studierten Französisch, was nicht unbedingt den Verhältnissen in der Grundgesamtheit entspricht, sondern zunächst einmal bedeutet, dass mehr Französischstudierende an der Umfrage teilgenommen haben. Insbesondere im Lehramt (L3) war der Rücklauf unter Französischstudierenden deutlich höher (45 Teilnehmende bei 226 in diesem Studiengang eingeschriebenen Personen bedeutet einen Rücklauf von 19,91%) als unter Spanischstudierenden (26 von 249 = 10,44%). Im Hinblick auf die Genderverteilung stellen wir fest, dass 100% der Antwortenden, die Katalanisch studieren, als Geschlecht „weiblich“ angegeben haben, gefolgt von 84,2% der Italienischstudierenden und 81,7% der Studierenden mit Spanisch.

Der Altersmedian liegt bei 23. 90,2% der Antwortenden waren jünger als 30.

  

Geburts- und Wohnorte und Familie

 

83,5% der Antwortenden wurden in Deutschland geboren, die anderen 16,5% (22 Personen) verteilen sich auf 18 Länder. Nur Italien, Ukraine, Peru und Bulgarien wurden zweimal genannt.

Von den 111 Studierenden, die in Deutschland geboren worden sind, kamen über 60% in Hessen zur Welt; jeweils 7,45% in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und 6,38% in Baden-Württemberg. Alle genannten Geburtsorte mit mehr als 3 Nennungen liegen in Hessen (Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Gelnhausen). Auch bei der Frage nach den Orten, an denen die Befragten hauptsächlich aufgewachsen sind, liegen Städte und Gemeinden in Hessen mit 51,9% vorne (unter BA- und LA-Studierenden vergleichbar). 60% der Antwortenden sind nicht weiter als 100km von der Goethe-Universität entfernt aufgewachsen – knapp 50% sogar 50km oder weniger.

9 von 133 Antwortenden gaben an, bereits eigene Kinder zu haben – diese studierenden Eltern verteilen sich proportional über die Studiengänge und Genderangaben. 83,5% der Befragten haben selbst Geschwister (42,9% eins, 24,1% zwei).

92,5% aller Antwortenden beschreiben ihr Elternhaus als Fremdsprachen und fremden Kulturen gegenüber aufgeschlossen. 31,6% der Befragten gaben an, dass es in der Familie besondere Beziehungen zur studierten Fremdsprache gegeben habe. 83,5% hatten vor dem Studium selbst bereits Kontakte zur studierten Sprache. Wichtigste Formen des Kontakts waren dabei Familie oder Freundschaften mit Personen in Ländern, wo die entsprechende Sprache gesprochen wird.

  

Schule: Leistungskurse und Berufsorientierung

 

45,1% der Antwortenden hatten Englisch im Leistungskurs, 42,1% Französisch und 21,8% Deutsch. Die Aufschlüsselung nach Studiengängen zeigt, dass unter L3-Studierenden Französisch der mit Abstand häufigste Leistungskurs war, unter BA-Studierenden Englisch. Die durchschnittliche Abiturnote liegt bei 2,165. Zwischen den Studiengängen unterscheiden sich die durchschnittlichen Abiturnoten (mit 1,9 unter den L3-Studierenden vs. 2,3 im Bachelor-Hauptfach), nicht aber nach Gender.

63,2% haben in der Schule Angebote zur Berufsorientierung erhalten. Die häufigsten Arten waren Studienmessen (bei 16,54% der Antwortenden, gefolgt von Praktika und Angeboten der Arbeitsagentur (9,77%). Auf die Frage, ob sie während der Schulzeit ein Praktikum absolviert haben, antworteten 116 Personen (87,2%) mit „ja“ – folglich hat nur ein geringer Anteil der Studienteilnehmer*innen dies als eine Art der Berufsorientierung empfunden. Am häufigsten fanden diese Praktika im sozialen Bereich statt, gefolgt vom wirtschaftlichen oder kaufmännischen, dem medizinisch-gesundheitlichen und dem Bereich Kultur/Tourismus.

  

Studienentscheidung und Studienbeginn

 

52,6% der Studienteilnehmer*innen geben an, nicht unmittelbar nach dem Abitur das Studium aufgenommen zu haben. Ein Im Vergleich zu LA-Studierenden geringerer Prozentsatz von BA-Studierenden hat unmittelbar nach dem Abitur das Studium aufgenommen. Die 1. Universitätsweite Studierendenbefragung (2013) hatte gezeigt, dass L3-Spanisch-Studierende prozentual deutlich seltener unmittelbar nach der Schule mit dem Studium begonnen haben, als L3-Französisch-Studierende. Die Daten unserer Umfrage zeigen die gleiche Tendenz: 51,1% der Französischstudierenden (alle Abschlüsse zusammen berechnet), aber nur 43,3% der Spanischstudierenden haben unmittelbar nach dem Abitur zu studieren begonnen.

Aus den Antworten auf die Frage, welchen Tätigkeiten die Studienteilnehmer*innen in der Zwischenzeit nachgegangen sind, können wir erkennen, dass die häufigste Beschäftigung eine Form von Lohnarbeit war (23,76% aller Nennungen), gefolgt von Bundesfreiwilligendienst/FSJ (17,82% aller Nennungen), Auslandsaufenthalte und Reisen allgemein (14,85%) und einer Ausbildung (12,87%). 44,55% der Gesamtnennungen enthielten einen Hinweis darauf, dass diese Tätigkeit im Ausland stattgefunden hat. Viele Studierenden haben also bereits vor dem Studium Auslandserfahrungen gesammelt.

42,1% aller Antwortenden haben aus dem Internet Informationen über den Studiengang bezogen. Auf Platz 2 und 3 der wichtigsten Informationsquellen folgen Familienmitglieder und Lehrer*innen. Diese Zahlen unterscheiden sich allerdings zwischen den Studiengängen erheblich. Für fast 60% der BA-Studierenden waren Onlineinformationen entscheidend und Familienmitglieder und Lehrer*innen in jeweils unter 10% der Fälle, dafür waren Freund*innen und Bekannte für immerhin 21,88% wichtige Informationsquellen. Bei den LA-Studierenden waren Onlineinformationen für knapp weniger als 30% der Antwortenden entscheidend, dafür aber in ca. 40% der Fälle Lehrer*innen und Familienmitglieder.

Für die meisten Studierenden war eine Vielzahl bzw. Kombination von Gründen ausschlaggebend für die Entscheidung: Die wichtigsten Gründe waren „Interesse an der Sprache“ (92,5% Zustimmung), „Interesse an Land und Leuten“ (75,9%) und „Begabung/Talent für Sprachen“ (74,4%). Auch in der persönlichen Gewichtung („wichtigster Entscheidungsgrund“) nannten die meisten Antwortenden „Interesse/Spaß an der Sprache“ (65 Personen).

Insgesamt scheinen die Studierenden aus ihrem Umfeld eher Zustimmung zu ihrer Studienwahl erfahren zu haben. Wir haben erfragt, wie Eltern, Großeltern, Geschwister, Freund*innen, Bekannte und Partner*innen auf die Studienwahl reagiert haben. Die Antworten zeigen einerseits, dass unter diesen Personen Eltern sich am häufigsten zur Studienwahl verhalten haben (bei 66,2% der Befragten), am zweithäufigsten Freund*innen mit 47,4%. Außerdem stellen wir fest, dass in keiner der Personengruppe mehr als 4,5% von einem Studium der Romanistik/Lehramt einer romanischen Sprache abgeraten haben. Die Differenzierung des Einflusses von Eltern nach Studiengang zeigt, dass Eltern von L3-Studierenden zu einem deutlich höheren Prozentsatz zur Studienentscheidung Stellung genommen haben, als das bei den BA-Studierenden der Fall war. Sie taten dies überwiegend in zustimmender Weise (bei 73,44% der L3-Studierenden vs. 50% der BA-Studierenden).

Nur etwa 25% der Antwortenden haben sich schon während der Schulzeit für das Studium entschieden, die anderen taten dies erst während oder nach einer anderen Tätigkeit, der sie nach ihrem Abitur nachgegangen sind.

33,8% der Studienteilnehmer*innen haben schon einmal das Studienfach gewechselt. Unter den BA-Studierenden (HF und NF gleichermaßen) betrifft das etwa 44%, im Lehramt etwa 27%. Etwa 58% dieser Wechsel haben nach dem ersten oder zweiten Semester stattgefunden.

75,9% der Studienteilnehmer*innen würden die gleichen Fächer noch einmal studieren. Mit 82,8% ist dieser Anteil unter L3-Studierenden am höchsten, unter BA-Nebenfach-Studierenden mit über 64% am niedrigsten.

 

Berufswünsche und Zukunftsplanung

 

Gefragt nach möglichen Berufsfeldern für Romanistik-Absolvent*innen gaben die insgesamt 133 Teilnehmer*innen insgesamt 301 Antworten. Häufigste Nennung waren Lehrberufe und Berufe im Bildungswesen (genannt von 48,12% der Befragten). 44,36% nannten kein konkretes Berufsfeld, finden aber, dass Romanistikabsolvent*innen auf Grund er im Studium erworbenen Kompetenzen vielfältige Möglichkeiten in unterschiedlichen Berufen haben. Andere häufige Nennungen waren Journalismus und Verlagswesen, gefolgt von Internationalen Organisationen, Tourismus und Forschung und Wissenschaft. Nur 15 Personen gaben keine Antwort oder sagten, sie wüssten keine Berufe für Romanist*innen.

Insgesamt 63,9% der Teilnehmer*innen haben einen konkreten Berufswunsch. Unter den L2-Studierenden waren dies 100%, unter den L3-Studierenden 92,19%. Nur 28,13% der BA-Hauptfach-Studierenden gaben an, einen konkreten Berufswunsch zu haben und mit 36% einige mehr im BA-NF. Insgesamt fast 80% schätzen ihre Berufschancen als gut oder sehr gut ein. Bei den L2- und L3-Studierenden lag dieser Anteil um die 90% und niemand schätzte die Chancen als „sehr schlecht“ ein, unter den BA-Studierenden schätzten jedoch auch fast 70% ihre Chancen als gut oder sehr gut ein.

Für 83,5% der Antwortenden spielt eine eigene Familie für die Zukunftsplanung eine wichtige oder sehr wichtige Rolle. Unter den Lehramts-Studierenden war dieser Anteil noch höher: Alle 7 Antwortenden (100%) im L2-Studiengang gaben an, dass die Familienplanung „sehr wichtig“ ist und für 92,2% der L3-Studierenden „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ist. Im BA-Hauptfach haben etwas weniger, aber insgesamt trotzdem 84,4% angegeben, dass eigene Kinder für die Zukunftsplanung wichtig oder sehr wichtig sind. Unter den weiblichen* Studierenden (ohne Berücksichtigung des Studiengangs) lag der Anteil mit 87,4% höher als unter den männlichen* Studierenden (69,9%).

Nach der Idealvorstellung für Ihre Zukunft gefragt, war die häufigste Antwort „sicherer Job und Verbeamtung“ (24,27% aller Teilnehmenden, bzw. 27,36% derjenigen, die eine Antwort gegeben haben), gefolgt von „abwechslungsreiche berufliche Tätigkeit“ und „Familienplanung“ mit jeweils 18,83% bzw. 21,23%.

 

Der Gesamtprojektbericht mit detaillierten Tabellen und Ergebnissen kann ab Februar 2020 hier heruntergeladen werden: https://gramaticamea.wordpress.com/luftfahrttechnik-landschaftsbau-oder-doch-romanistik//