Ein antikes Industrierevier in der Südeifel

Technik-, Wirtschafts- und Siedlungsarchäologie der römischen Töpfereien von Speicher

 

Bei Speicher, Herforst und Binsfeld befand sich eines der großen Töpferzentren der römischen Nordwestprovinzen. Dieses zu erforschen haben sich das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM), Kompetenzbereich Archäologie, Vulkanologie und Technikgeschichte in Mayen, das Rheinische Landesmuseum Trier und die Goethe-Universität mit der Forschungsstelle Keramik zu einem gemeinsamen Forschungsprojekt zusammengeschlossen, das seit Oktober 2020 von der DFG gefördert wird. Die Federführung liegt beim RGZM (Dr. Holger Schaaff, Dr. Angelika Hunold). Vorarbeiten haben gezeigt, dass auf einer Fläche von etwa 4 km2 mit bis zu 240 Töpferbetrieben zu rechnen ist, die vom 2. bis in das 5. Jh. hinein große Mengen an Keramik für einen weit über den lokalen Markt hinausreichenden Exportraum produzierten. Funde exportierter Speicherer Keramik reichen von der Nordsee bis zur Schweiz. Offensichtlich bestand hier, im Umfeld der Metropole und späteren Kaiserresidenz Augusta Treverorum/Trier, ein römisches Industrierevier.

Eine Kombination aus modernen Prospektionsmethoden, naturwissenschaftlichen Analyseverfahren, geographischen Informationssystemen und archäologischen Studien ermöglicht nun erstmals eine systematische Aufarbeitung des gesamten Töpfereibezirks und seiner Einbettung in die Siedlungslandschaft. Dieser methodisch breit gefächerte Ansatz soll genutzt werden, um die wirtschaftliche Bedeutung Speichers in römischer Zeit zu bewerten. Dabei stehen nach der Rekonstruktion des Töpferzentrums und seiner Organisationsstruktur(en) in Raum und Zeit die Wechselwirkungen zwischen Produktion, Gesellschaft und Umwelt im Mittelpunkt des Projektes.

Im Rahmen von Lehrveranstaltungen werden ab Frühjahr 2021 regelmäßige mehrtägige Feldpraktika für BA-Studierende angeboten. Sie umfassen Prospektionen und Flächenbegehungen (surveys) durch Studententeams sowie Vermessungskurse. Das dabei erhobene Fundmaterial wird an der GU in Übungen erfasst und bestimmt.

In einer Dissertation am Institut für Archäologische Wissenschaften (Abt. II, AGRP) untersucht Bastian Kaiser MA die Strukturen der ländlichen Besiedlung im Umfeld des Industriereviers. Die Kernfragen lauten: in welchem Verhältnis standen z. B. Villen und Vici zu den Töpfereien? Wie verliefen die chronologische und wirtschaftliche Entwicklung; lassen sich z. B. Boom-Phasen bzw. konjunkturelle Entwicklungen fassen? Wie entwickelte sich die Infrastruktur im Untersuchungsraum? Welche Auswirkungen zeitigte die Errichtung der sog. Langmauer in der Spätantike?

 

 

Förderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Projektpartner

Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM), Kompetenzbereich Archäologie, Vulkanologie und Technikgeschichte in Mayen

Rheinische Landesmuseum Trier

Weiterführende Links:

https://web.rgzm.de/forschung/forschungsfelder/a/article/forschungsthema-1-vormoderne-industriereviere/

http://www.zentrum-der-antike.de/unesco-weltkulturerbe/forschung.html