Nike mit Opferstier

 

Nike mit Opferstier – Fragment eines Campanareliefs

Inv.-Nr. 11

Höhe 13, 7 cm, Breite 17,2 cm

Datierung: 1. Jh. n. Chr.

Das fragmentierte Terrakotta-Reliefs zeigt eine (bis auf einen von der rechten Schulter herabfallenden Mantel) unbekleidete Frau, die einen Stier mit der linken Hand an den Nüstern fasst und seinen Kopf weit nach hinten biegt. Ikonographische Parallelen zeigen, dass es sich um eine Darstellung der Siegesgöttin Nike bei der Opferung eines Stieres handelt: Mit der rechten Hand sticht sie mit einem Opfermesser zu.

Das Fragment gehört zur Gattung der sogenannten Campanareliefs – rechteckige Tonplatten, die vor allem aus der frühen Kaiserzeit stammen und nur im italischen Raum als Bauschmuck Verwendung fanden. Die Gattung leitet sich von etruskischen Dachterrakotten ab, die primär zum Schutz des hölzernen Gebälks von Tempeln und Sakralbauten vor Witterung dienten. Im Gegensatz dazu wurden die Campanareliefs auch in Profanbauten und im Innenbereich als Dekoration verwendet. Sie sind vor allem aufgrund der Vielfalt ihrer verschiedenen Darstellungen interessant, die einen Einblick in zeitgenössische Vorlieben und Vorstellungen erlauben.

Nike, die einen Stier opfert, ist ein häufig vorkommendes Thema auf diesen Reliefs. Das Motiv geht auf eine Darstellung an der spätklassischen Balustrade des Athena-Nike-Tempels auf der Akropolis in Athen aus dem ausgehenden 5. Jh. v. Chr. zurück. Es lässt sich in vergleichbarerer Form vielfach sowohl in der griechischen als auch der römischen Kunst finden. Auf den Campanareliefs ist das Motiv üblicherweise verdoppelt: So ist um einen mittigen Altar oder Kandelaber links und rechts je eine Nike-Stier-Gruppe angeordnet. Von der ursprünglich vorhandenen reichen Bemalung, die an anderen Beispielen dokumentiert, hat sich auf dem Frankfurter Stück heute nichts mehr erhalten.


Publikationen: P. Hommel, Antike Kleinkunst aus der Sammlung des Archäologischen Instituts der Universität Frankfurt (Frankfurt am Main 1991), 49-49 Nr. 38; H. Mielsch, Römische Architekturterrakotten und Wandmalereien im Akademischen Kunstmuseum Bonn (Berlin 1971); Sammlungen L. Marx, mainz und A. Sieck, München. Auktionskatalog F. X. Weizinger & Co, München 28.-31.10.1918 (München 1918), 85 Nr. 1443, Taf. 50.

Generell zur Gattung: A. H. Borbein, Campanareliefs. Typologische und stilkritische Untersuchungen (Heidelberg 1968); A. Siebert, Geschichte(n) in Ton. Römische Architekturterrakotten. Ausstellungskatalog Hannover (Regensburg 2011); P. Baas – M. Flecker (Hrsg.), Fragmentierte Bilder. Die Campana-Reliefs des Instituts für Klassische Archäologie Tübingen. Ausstellungskatalog Tübingen (Tübingen 2016).

(Annkia Osterodt)