Ehemalige Slavistik


Unterricht in slavischen Sprachen

Aus dem Bereich der slavischen Sprachen werden an der Goethe-Universität derzeit Russisch (A1+A2, B1) und Altkirchenslavisch unterrichtet sowie eine Veranstaltung zum Überblick über die slavischen Sprachen angeboten. Hier finden Sie Informationen zum Lehrangebot.


Kontakt

Russisch-Lektorat, Dr. Svetlana Ahlborn
Telefon: +49 (0)69 798-22868
l.ahlborn@em.uni-frankfurt.de
Juridicum, 11. OG, R. 1120, Senckenberganlage 31, 60325 Frankfurt am Main


Bibliotheksbestände

Die folgenden Bücherbestände des Slavischen Seminars sind vom Institut für Empirische Sprachwissenschaft übernommen worden:

  • Russisch (sprachwissenschaftliche Werke)
  • Altrussisch (sprachwissenschaftliche Werke und Primärtexte)
  • Altkirchenslavisch (sprachwissenschaftliche Werke und Primärtexte)
  • Sorbisch (sprachwissenschaftliche Werke, Primärtexte und allgemeine Landeskunde)
  • ältere slavistische Periodica (vor 1920)

Hier gibt es Informationen zur Bibliothek und zur Online-Büchersuche.


Geschichte der Slavistik in Frankfurt am Main

Die Universität Frankfurt am Main (seit Goethes 100. Todestag am 22.3.1932: Johann Wolfgang Goethe-Universität) wurde im Wintersemester 1914/15 mit fünf Fakultäten eröffnet: der juristischen, der medizinischen, der philosophischen, der naturwissenschaftlichen sowie der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen.

Ein russisches Lektorat war vom ersten Semester an in die Philosophische Fakultät integriert, vertreten von Karl Fritzler (1915-1945), der neben der Vermittlung der Sprache auch Übungen zur russischen Literatur und Geschichte vornahm. Slavische Sprachwissenschaft war sporadisch im Angebot der Indogermanistik enthalten. Die Errichtung eines slavistischen Lehrstuhls stieß zu diesem Zeitpunkt auf Ablehnung, wobei mit der westlichen Ausrichtung Frankfurts argumentiert wurde.

Diese Begründung entfiel mit der veränderten politischen Situation nach 1945. Angesichts der großen Gegenwartsbedeutung der slavischen Völker trug die Philosophische Fakultät selbst den Wunsch nach Errichtung eines slavistischen Lehrstuhls vor, dem 1955 schließlich entsprochen wurde. Damit bestand für die Studierenden, die nach der Wiedereröffnung der Universität im Februar 1946 die Russischkurse bei Victor Leontovitsch (1946-1953) und Robert Günther (1947-1960) besucht hatten, die Möglichkeit, ein ordnungsgemäßes Slavistikstudium zu absolvieren. Seit 1957 konnten das Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien im Fach Russisch und die Promotion in Ost- oder West- und Südslavischer Philologie sowie seit 1964 auch das Magisterexamen erlangt werden.

Im Bereich der Osteuropaforschung erhielt die Philosophische Fakultät außer den beiden slavistischen Lehrstühlen noch ein Ordinariat für Osteuropäische Geschichte und einen Lehrauftrag für "Geschichte der orthodoxen Kirchen". Mit Inkrafttreten des Hessischen Universitätsgesetzes von 1970 kam es zur Aufsplitterung der Fakultäten in Fachbereiche. Die Osteuropäische Geschichte schloß sich dem Fachbereich Geschichtswissenschaften, die Slavistik hingegen dem Fachbereich Ost- und Außereuropäische Sprach- und Kulturwissenschaften an. Am 1.4.2000 fusionierte dieser Fachbereich mit dem Fachbereich Klassische Philologie und Kunstwissenschaften. Sie bilden nun den Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften. Die Osteuropäische Geschichte existiert seit 1998 nicht mehr als Fach. Veranstaltungen zur Geschichte der slavischen Länder werden in unregelmäßiger Abfolge vom Historischen Seminar angeboten.

Von 1958 bis 1978 wurde das slavistische Ordinariat an der Philosophischen Fakultät von dem Literaturwissenschaftler Alfred Rammelmeyer übernommen, der zunächst gleichermaßen für die sprach- und literaturwissenschaftliche Ausbildung der Slavisten und der zukünftigen Russischlehrer zuständig war. Unter seiner Leitung begann der Aufbau der slavistischen Bibliothek und der personelle Ausbau des Seminars. So kam es zur Einrichtung eines Polnisch- (1958), Serbokroatisch- (1959), Tschechisch- (1960), Bulgarisch- und Slovenisch-Lektorats (1964). 1965 wurde der neu geschaffene Lehrstuhl "Slavistik II" mit Olexa Horbatsch besetzt, der bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1980 das Gebiet der Slavischen Sprachwissenschaft vertreten hat. Die Nachfolger auf dem Lehrstuhl "Slavistik I" waren Peter Thiergen (1979-1981) und Bodo Zelinsky (1982-1993). Nachfolgerin von 1995 bis 2004 war Gudrun Langer. Nach deren frühzeitigen Tod setzte die Universitätsleitung die Schließung der literaturwissenschaftlichen Abteilung durch. Der Nachfolger auf dem Lehrstuhl "Slavistik II" ist seit 1981 Gerd Freidhof. Nach dessen Pensionierung zum WS 2007 wird der Lehrstuhl aller Voraussucht nach nicht wieder neu besetzt, da im Zuge der hessischen Zentralisierungen der kleinen Fächer alle hessischen Slavistiken in Giessen zusammengezogen werden. PD Dr. Anke Levin-Steinmann wird bis zum SS 2009 die Abwicklung der immatrikulierten Studierenden betreuen.

Seit 1996 war eine neue Magisterstudienordnung in Kraft, nach der Ostslavische und West- und Südslavische Philologie jeweils zusammen als Haupt- und Nebenfach, als Nebenfach oder als zweites Hauptfach in Kombination mit einem nichtslavistischen Fach studiert werden konnten. Die Hauptfachstudien sahen nach vier Semestern eine Zwischenprüfung vor. Die Immatrikulation in die Magisterstudiengänge wurde im Wintersemester 2004/05 eingestellt, da ein Studium in der literaturwissenschaftlichen Abteilung nicht mehr möglich war. Im Wintersemester 2005/06 ging die Frankfurter Slavistik im Rahmen des BA Empirische Sprachwissenschaft ausschließlich sprachwissenschaftlich orientiert an der Start.

Neben den beiden C4-Professuren für Sprach- und Literaturwissenschaft verfügte das Seminar bis 2004 über eine zeitlich befristete C2-Dozentur, die zwischen Literaturwissenschaft und Sprachwissenschaft wechselte. Für beide Bereiche gab es eine wissenschaftliche Mitarbeiter-Stelle (BAT IIa oder C1). Ferner standen dem Seminar sechs Lektorate bzw. Studienrats-Stellen für den Sprachunterricht zur Verfügung, und zwar für Bulgarisch, Polnisch, Russisch, Serbisch/Kroatisch und Tschechisch. Die Zahl der Studierenden belief sich auf ca. 400. Die Seminarbibliothek war mit ungefähr 100.000 Bänden ausgestattet.

Im Frühjahr 2004 beschloss die Goethe-Universität, das Institut für slavische Philologie um die Literaturwissenschaft und zwei slavische Sprachen zu kürzen und in einen neuen Bachelorstudiengang "Empirische Sprachwissenschaft" einzubinden. Zwei Jahrgänge dieses Studiengangs konnten noch die Schwerpunkte Russisch, Tschechisch und Serbisch/Kroatisch studieren. Seit dem Wintersemester 2007/08 ist aber auch hier eine Neueinschreibung nicht mehr möglich.

Auf seiner Sitzung am 21.5.2008 hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs 9 das Unterrichtsende der Slavistik auf das Sommersemester 2010 festgelegt. Seither werden am Institut für Empirische Sprachwissenschaft Russisch und Altkirchenslavisch unterrichtet sowie eine Veranstaltung zum Überblick über die slavischen Sprachen angeboten. Nach einer Vertretung durch Marion Krause hat im Wintersemester 2010/11 Svetlana Ahlborn das Russisch-Lektorat übernommen, sie ist mittlerweile die einzige in Frankfurt verbliebene Mitarbeiterin für Slavische Philologie. Ein vollwertiges Slavistik-Studium ist möglich am Institut für Slavistik der Universität Gießen.


Forschungsschwerpunkte

Von 1959 bis 1979 erschienen am Seminar die "Frankfurter Abhandlungen zur Slavistik" (herausgegeben von Alfred Rammelmeyer). 1972 begründeten Olexa Horbatsch und Gerd Freidhof die Reihe "Specimina philologiae Slavicae" (Mitherausgeber seit 1987 Peter Kosta sowie seit 1997 Holger Kuße und Franz Schindler), in der sowohl Nachdrucke aus der älteren Slavia als auch Monographien und Sammelbände zur modernen slavistischen Sprach- und Literaturwissenschaft erscheinen. Seit 1995 wird im Rahmen der "Specimina" von Gerd Freidhof, Holger Kuße und Franz Schindler die Unterreihe "Slavische Sprachwissenschaft und Interdisziplinarität" herausgegeben (bisher 5 Bände), die v.a. der interdisziplinären Erweiterung slavistischer Linguistik gewidmet ist.

Kontakte unterhält das Seminar besonders zur Russischen Akademie der Wissenschaften (dem Institut für Russische Sprache in Moskau und dem Institut für Sprachwissenschaft in Sankt Petersburg), zum Institut für Tschechische Sprache der Tschechischen Akademie der Wissenschaften sowie zur Karlsuniversität Prag. Mit beiden letztgenannten Institutionen besteht auch ein Partnerschaftsvertrag der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

Die Hauptarbeitsgebiete Gerd Freidhofs lagen zunächst in der Diachronie, der Entwicklung der slavischen Grammatiktheorie und der Kasusgrammatik, sodann in der Terminologie, der Wortspieltheorie und Lexikologie, während in jüngster Zeit Pragmatik, Sprechakttheorie und Dialoganalyse im Vordergrund stehen.

Andrea Meyer-Fraatz widmete sich in erster Linie theoretischen, insbes. gattungspoetologischen Fragestellungen (Theorie des Sonetts, Theorie des lyrischen Zyklus) sowie komparatistischen Fragestellungen (deutsch-slavisch, westeurop.-slavisch, interslavisch), besonders der literarischen Übersetzung (übersetzerische Rezeption). In letzter Zeit beschäftigte sie sich mit der Literatur des 20. Jahrhunderts (Moderne – Avantgarde – Postmoderne), der Autorproblematik und der Utopie. Holger Kußes Interesse galt vornehmlich Problemen der Syntax, Rhetorik und Argumentationstheorie. Die Forschungsschwerpunkte Franz Schindlers lagen in der westslavistischen Sprichwortforschung und im Themenbereich "Kultur und Sexualität". In der Lehre lag der literaturwissenschaftliche Schwerpunkt in der Literaturtheorie, Textinterpretation und Literaturgeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts (ostslavische Philologie) bzw. des 16., 19. und 20. Jahrhunderts (west- und südslavischen Philologie).

Folgende Dissertationen und Habilitationen wurden in den vergangenen 20 Jahren am Slavischen Seminar verteidigt:

  1. Michael Schütrumpf, Die Russische Akademiegrammatik von 1802. Eine Sprachwissenschaftliche Analyse. Diss. München 1984 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 1).
  2. Peter Kosta, Probleme der Švejk-Übersetzungen in den west- und südslavischen Sprachen. Linguistische Studien zur Translation literarischer Texte. Diss. München 1986 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 13).
  3. Marlene Grau, Untersuchungen zur Entwicklung von Sprache und Text bei M.M. Zoščenko. Dargestellt an Kurzgeschichten der 20er Jahre. Diss. München 1988 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 25).
  4. Karen Reitz, Die Entwicklung analytischer Konstruktionen in der russischen Fachsprache der Mathematik seit dem 18. Jahrhundert. Diss. München 1990 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 25).
  5. Gudrun Langer, Kunst-Wissenschaft-Utopie. Die "Überwindung der Kulturkrise" bei V. Ivanov, A. Blok, A. Belyj und V. Chlebnikov. Habil. Frankfurt am Main 1990 (= Frankfurter Wissenschaftliche Beiträge. Kulturwissenschaftliche Reihe. Band 19).
  6. Peter Kosta, Leere Kategorien in den nordslavischen Sprachen. Zur Analyse leerer Subjekte und Objekte in der Rektions-Bindungs-Theorie. Habil. Frankfurt am Main 1992.
  7. Franz Schindler, Das Sprichwort im heutigen Tschechischen. Empirische Untersuchung und semantische Beschreibung. Diss. München 1993 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 35).
  8. Birgit Harreß, Mensch und Welt in Dostoevskijs Werk. Ein Beitrag zur poetischen Anthropologie. Diss. Köln u.a. 1993 (= Bausteine zur Slavischen Philologie und Kulturgeschichte. Reihe A: Slavistische Forschungen. Neue Folge Band 8 (68)).
  9. Andreas Krziwon, Das Komische in Gogols Erzählungen. Diss. Frankfurt am Main u.a. 1994.
  10. Birgit Harreß, Die Dialektik der Form. Das mimetische Prinzip Witwold Gombrowiczs. Habil. Frankfurt am Main 1996.
  11. Yong Fan, Nominale Mehrworttermini der russischen Fachsprache. Diss. München 1996 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 53).
  12. Holger Kuße, Konjunktionale Koordination in Predigten und politischen Reden. Dargestellt an Belegen aus dem Russischen. Diss. München 1998 (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 61).
  13. Anja Grimm, Reformulierungen in der Sprache der Geisteswissenschaften. Untersuchungen zu linguistischen, literaturwissenschaftlichen und rezensierenden russischen Texten. Diss. München 1999. (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 63).
  14. Katrin Unrath-Scharpenack. Illokutive Strukturen und Dialoganalyse. Eine dialogisch begründete und erweiterte Sprechakttheorie basierend auf Untersuchungen zur neueren tschechischen narrativen Prosa. Diss. München 2000. (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 69).
  15. Goletiani, Liana. Kommunikativnaja neudaca v dialoge. Na materiale russkogo a ukrainskogo jazykov. Diss. München 2003. (= Specimina philologiae Slavicae. Supplementband 73).
  16. Katharina Lundenberg. Bewertungen in der Berichterstattung russischer Printmedien. Diss. Frankfurt am Main 2003.
  17. Holger Kuße, Metadiskursive Argumentation. Linguistische Untersuchungen zum russischen philosophischen Diskurs von Lomonosov bis Losev. Habil. München 2004.
  18. Alexandra Hajok, Zur Taxonomie erotetischer Sprechakte im russischen und ukrainischen politischen Presseinterview in der Ukraine. Diss. Frankfurt am Main 2004.
  19. Elena Franzreb, Reformulierungsstrukturen in der russischen Sprache der Wirtschaft und des Wirtschaftsrechts - dargestellt unter besonderer Beachtung von neueren Printmedien. Hamburg 2007. (= Studien zur Slavistik, Bd. 14).
  20. Daniela Bode-Jarsumbeck, Die literarischen Reportagen Hanna Kralls als Medium des Gedächtnisses an die ostjüdische Lebenswelt und die Shoa. Diss. Frankfurt am Main 2007.
  21. Olga Sazontchik, Zur Problematik des Moskauer Textes der russischen Literatur: Versuch einer Bestimmung auf der Basis ausgewählter Werke. Diss. Frankfurt am Main 2007.
  22. Beatrix Kreß, Äußerungsstrukturen bei Konflikten und Konfliktlösungen auf der Grundlage russischer und tschechischer literarischer Texte. Diss. Frankfurt 2007.