Archäobotanische Untersuchungen zur Rekonstruktion der Landschaft und Vegetation im Umfeld der spätbronzezeitlichen Befestigung von Corneşti-Iarcuri im rumänischen Banat (DFG-Projekt)

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2015-2019

Forschungsziel des archäobotanischen Teilprojekts war die Untersuchung von Vegetations- und Landschaftsveränderungen in der Umgebung von Europas größter bekannter spätbronzezeitlicher Siedlung Corneşti-Iarcuri im rumänischen Banat, begleitet durch systematische Großrestanalysen von Grabungsbefunden zur Klärung der pflanzlichen Ressourcennutzung.

Die Identifikation palynologisch auswertbarer Archive wurde durch die geringe Anzahl heute noch vernässter Auenbereiche, die weitreichende Mineralisierung organischen Materials unter wechselfeuchten Bedingungen und ein überwiegend alkalisches Milieu stark erschwert. Insgesamt drei Bohrkerne aus den ehemaligen Überflutungsbereichen der Flüsse Apa Mare (bei Vinga) und Bega (bei Şustra) wiesen Pollenerhaltung auf; darüber hinaus auch einige Kolluvien aus dem Bereich der Befestigung von Corneşti-Iarcuri (Abb. 1, 2 u. 6). Die Kolluvien wurden zusätzlich sedimentologisch und pedologisch analysiert, um die anthropogene Geomorphodynamik zu erfassen. Fossile Oberböden erlaubten die Ausgliederung verschiedener Erosions- und Stabilitätsphasen. Von insgesamt fünf Grabungen wurden die botanischen Makroreste aus bronzezeitlichen, aber auch kupfer- und eisenzeitlichen Befunden ausgewertet.

 

 Abb. 1: Bohrstandorte sowie Gebiete mit pollenhaltigen Profilen 

Abb. 2: Bohrstandorte und Grabungsflächen in Corneşti-Iarcuri

 

 Abb. 3: Ansichten der ausgewerteten off-site-Standorte (oben: alte Seefläche bei Vinga, Mitte: Standort Vin, unten: Bohrung bei Şustra)

Abb. 4: Pollendiagramm des off-site-Profils Vin (oben regionale, unten lokale Spektren)

Abb. 5: Pollendiagramm des off-site-Profils Sus (oben regionale, unten lokale Spektren)

Die Pollenspektren der off- und on-site Archive (Abb. 4 - 6) sowie die Analyse der prähistorischen Materialverlagerung und der pflanzlichen Großreste im Besiedlungskontext ergaben folgendes differenziertes Bild der Mensch-Umwelt-Beziehungen rund um Corneşti-Iarcuri:
Seit dem Frühen Neolithikum (ca. 6000 cal. BC) wirkte der Mensch nachweislich auf die natürliche Vegetation ein, die aus lichten Lindenmischwäldern bestand. Als Periode markantester anthropogener Veränderungen erwies sich die Späte Kupferzeit (ca. 3000 cal. BC). Dies ist durch mächtige Kolluvien in den Tälern von Corneşti, einen deutlichen Rückgang der Baumpollen sowohl in der Befestigung als auch in den regionalen Archiven in Kombination mit deutlichen Holzkohlepeaks belegt. Die aus dieser Zeit vorliegenden Makroreste sind insbesondere durch die Vorkommen von Federgrasgrannen charakterisiert, die von einer extensiven Beweidung in einer offenen Vegetation zeugen. Als Kulturpflanzen sind Emmer und Einkorn belegt. Offenbar führten gelegentliche Starkregenereignisse im Rahmen eines feuchtkühlen Klimas, zusammen mit Störungen der Vegetationsdecke durch die anthropogene Nutzung zur nachgewiesenen starken Bodenerosion. Dieser Aktivitätsphase folgte insbesondere in der Mittleren Bronzezeit eine Zeit nachlassenden Landnutzungsdrucks. Auch in den off-site Pollenprofilen nehmen die Baumpollen wieder zu und die anthropogenen Indikatoren gehen zurück.

Abb. 6.1:
Pollengehalte des on-site-Bohrkerns Ram-II
(Kupferzeit)

Abb. 6.2:
Pollengehalte des on-site-Bohrkerns LV
(Eisenzeit)

Die im Fokus der archäologischen Untersuchungen stehende Späte Bronzezeit ist durch einen klimatischen Wechsel hin zu arideren Verhältnissen gekennzeichnet, der sich im Untersuchungsgebiet in einem von Sedimenten und Vorherrschen von Hiaten zu dieser Zeit nederschlägt. Archäobotanische on-site-Untersuchungen belegen eine intensive Weidewirtschaft, die unter anderem zur Vernichtung der Stipa-Bestände führte. Dennoch spricht das Fehlen von Kolluvien innerhalb der Anlage dafür, dass die Hangsedimente nun deutlich stabiler waren als in der Kupferzeit. Das Kulturpflanzenspektrum ist deutlich diversifiziert, und neben Emmer, Einkorn, Spelzgerste, Dinkel, und Saat-Weizen erlangte jetzt die Hirse große Bedeutung (Abb. 7). Sie ist zum einen resistent gegen Trockenheit, könnte aber auch kulturhistorische Veränderungen widerspiegeln. Innerhalb der Anlage variierten die Anteile der Hirse außerdem zwischen den einzelnen Siedlungen, was auf eine zugrundeliegende soziale Differenzierung hindeuten könnte. In der Eisenzeit kamen nochmals neue Ackerpflanzen wie Lein und Schlafmohn hinzu, und es setzten erneut sowohl lineare als auch flächenhafte Erosion ein. Der Baumbestand war inzwischen auf ein Minimum gesunken, und die Anteile an Kulturzeigern ähnelten denen des modernen Spektrums. Archäozoologische Studien zeigen, dass nun, ähnlich wie in der Kupferzeit, wieder Rinder dominierten; im Gegensatz zur Späten Bronzezeit, in der die Zahl der Schafe/Ziegen stark erhöht war.

Abb. 7.1: Getreideartenspektrum spätbronzezeitlicher Proben
Abb. 7.2: Stetigkeiten der Getreidearten (in %) in den spätbronzezeitlichen Proben in Corneşti-Iarcuri