Summer School CLAS 2013: Politische Zoologie

In Zentrum der zweiten Summer School zur „Politischen Zoologie“ (23.09-28.09.2013) stand eine politisch-historische Frage: Was sind die politischen und sozialen Funktionen der Tiere? Wie steht es um den Zusammenhang von Politik, Poetik und Geschichte der Tiere?

Tiere sind sowohl Ordnungszeichen als auch Ordnungsinstrumente: Sage mir, an welchen Ort du welche Tiere stellst, und ich sage dir, wie die Kultur funktioniert, in der du lebst. Solche Tierordnungen lassen sich im Rahmen einer Politischen Zoologie erfassen.

Die Analyse politischer Zoologien bezieht sich nicht auf eine gegebene biologische, sondern auf eine entworfene kulturelle Ordnung; unter Einschluss naturwissenschaftlicher Perspektiven bewegt sie sich in biokulturellen bzw. kulturbiologischen Räumen. Sie widmet sich sowohl Theorien (z.B. Evolution) als auch Institutionen (z.B. Zoo) und Praktiken (z.B. Züchtung). Von historischem Interesse ist dabei ein weiter Zeitraum: Frühe Neuzeit, Moderne, Gegenwart. Untersucht wurde soll die politische Zoologie ausgehend von exemplarischen Fallstudien literarischer, zoologischer, philosophischer und juristischer Texte.

Mit zwei Keynote Lectures (Susan McHugh, Maine/USA; Tom Tyler, Oxford/GB) ging die Summer School 2013 Fragen der Repräsentation von Tieren in unserer Kultur nach und befragte anthropozentrische Konzeptionen auf ihre politischen Ordnungsfunktionen.

Der Konstanzer Neurobiologe Christoph Kleineidam debattierte mit dem Literatur- und Kulturwissenschaftler Niels Werber (Siegen) über das „social decision-making“ von Insekten und Menschen. Die Choreographin Antonia Baehr präsentierte mit der Performance „My dog is my Piano“ unmögliche Möglichkeiten der Kohabitation von Tieren und Menschen und diskutierte darüber im Anschluss mit der Berliner Tanzwissenschaftlerin Gabriele Brandstetter. Eine Tierspurensuche führte die TeilnehmerInnen am Exkursionstag an einen prominenten Ort der politischen Zoologie. In Workshops wurde das Thema exemplarisch und theoretisch bearbeitet. In Theorieworkshops (geleitet durch TeilnehmerInnen der Summer School) lasen und diskutierten wir grundlegende theoretisch-methodische Positionen zur politischen Zoologie. In drei parallel laufenden Themen-Workshops konnte das Thema exemplarisch vertieft werden: "Anomalien/Delinquenzen"  (Harald Neumeyer, Antonia Eder), "Völker/Schwärme" (Eva Johach, Martina Munk), "Jagd/Herrschaft" (Roland Borgards, Alexander Kling): Mit der Jagd kreuzen sich zwei Herrschaftsbeziehungen: erstens die zwischen Mensch und Tier und zweitens die zwischen Obrigkeit und Untertanen. Der Workshop befragt die Jagd als kulturelle Praxis in Hinsicht auf ihre ambivalente Funktion für die Formierung menschlicher und nicht-menschlicher Kollektive sowie für die Legitimation politischer Ordnungen. Ausgangspunkt für die Diskussionen im Workshop werden literarische Texte, Jagdtraktate, historische Berichte von Jagdpraktiken und Jagd-Bilder von der Frühen Neuzeit bis in die Moderne sein.

Wir begrüßten NachwuchswissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen und Ländern und nutzten die Summer School als Labor für den Forschungsbereich. Es gab die Gelegenheit zur Vorstellung und Diskussion eigener Projekte ebenso wie Räume zur Vernetzung und Entwicklung.

Dokumentation

Die Würzburg Summer School for Cultural and Literary Animal Studies wurde gefördert von der VolkswagenStiftung.