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Universitätsgeschichte

1914 als Stiftungsuniversität gegründet, erlangte die Goethe-Universität Frankfurt rasch Anerkennung für progressive Lehre und innovative Fakultätsstrukturen.

Eine Universität der Stadtgesellschaft

Die Goethe-Universität ist eine vergleichsweise junge Universität: Als „Königliche Universität“ mit Genehmigung Kaiser Wilhelms II wurde sie am 10. Juni 1914 gegründet. Die geplante große Eröffnungsfeier wurde wegen des gerade begonnenen Krieges gestrichen, stattdessen fand am 26. Oktober eine schlichte Feier im Jügelhaus statt. Trotz des Namens war die Frankfurter Universität eine rein städtische Gründung.

Historische Aufnahma der Aula im Jügelhaus während der Eröffnungszeremonie der Goethe-Universität

Akademische Versammlung zur Eröffnung der Universität in der Aula des Jügelhauses.

Universitätsarchiv Frankfurt am Main

Das Fundament der Gründung bildeten außer der Stadt Frankfurt: die 1900 errichtete Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, die Senckenbergische Stiftung, die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, der Physikalische Verein, das Stern‘sche medizinischen Institut, das Neurologische Institut sowie die Speyersche und Jügelsche Stiftung – außerdem die Stiftung Carolinum und das Institut für Gemeinwohl.

Gründungsurkunde der Goethe-Universität mit der Aufschrift "Vertrag über die Gründung einer Universität in Frankfurt am Main"

Das Schmuckblatt des Gründungsvertrages mit der Göttin Athene im Zentrum, gestaltet von Otto Linnemann (Städelschule).

Universitätsarchiv Frankfurt am Main

Bürgerliche Mitsprache

Unermüdlich hatte sich der damalige Oberbürgermeister der Stadt Franz Adickes für die Gründung eingesetzt; im Industriellen Wilhelm Merton fand er einen finanzstarken Mitstreiter. Das Frankfurter Bürgertum, darunter viele jüdische Familien, trug diese Idee mit, und so entstand in Frankfurt eine aus privaten Mitteln finanzierte Universität, die erste Stiftungsuniversität Deutschlands.

Die international ausgerichtete und global agierende Handelsmetropole Frankfurt plante eine für die Anforderungen der Moderne ausgestattete Universität, die auf aktuelle Herausforderungen durch Industrialisierung, soziale Frage und Internationalisierung theoretisch fundierte Antworten bieten konnte. Die Verfassung der neuen Hochschule zeichnete sich dadurch aus, dass es neben dem Rektor und den Dekanen der zunächst fünf Fakultäten ein Kuratorium und einen „Großen Rat" gab, in dem Stifterfamilien, Unternehmer und Politiker der Stadt in Kommunikation mit der preußischen Kultusbürokratie den Weg der Universität begleiteten. Diese enge Anbindung an die Gesellschaft prägte den besonders städtisch-bürgerlichen Charakter.

Der damalige Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main, Franz Adickes, und der Industrielle Wilhelm Merton unterhalten sich in einem Garten.

Wilhelm Merton (links) und Franz Adickes, die beiden Gründungsväter der Universität, im Oktober 1909 am Comer See.

Universitätsarchiv Frankfurt am Main

Eine eigene naturwissenschaftliche Fakultät

Lösungen für die Probleme der Gegenwart zu finden – diesen Wunsch verbanden viele in Frankfurt mit der Universitätsgründung. Lehre und Unterricht waren modern organisiert, die Gründer legten Wert darauf, dass neben traditionellen Fächern auch neue und praxisrelevante Disziplinen unterrichtet wurden. Die naturwissenschaftlichen Fächer erhielten eine eigene Fakultät und wurden nicht – wie andernorts noch üblich – in die Philosophische Fakultät integriert. Neben klassischen Fakultäten wie Medizin und Rechtswissenschaft richteten die Frankfurter die erste Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Deutschlands ein. Eine Theologische Fakultät hingegen gab es in Frankfurt zunächst nicht, es sollte sich im Sinne der Stifter um eine weltliche, säkularisierte, liberale Institution handeln, die frei war in ihrer Berufungspraxis.

Durch den Ersten Weltkrieg und die Inflation ging das Stiftungsvermögen fast vollständig verloren; ein Vertrag zwischen Stadt und Staat half jedoch über die Krise hinweg, so dass sich die Hochschule in einer zweiten Gründer- und Aufbruchphase bald gut entwickelte.

Namhafte Gelehrte waren vor 1933 an der Frankfurter Universität aktiv: die späteren Nobelpreisträger Paul Ehrlich (Medizin), Max von Laue, Max Born und Otto Stern (Physik). Auch Martin Buber, Paul Tillich, Friedrich Dessauer, Fritz Neumark und Adolph Löwe, Franz Oppenheimer, Karl Mannheim, Kurt Goldstein, Karl Herxheimer und Max Dehn zählten zum Lehrkörper. Später prominente Persönlichkeiten haben an der Universität Frankfurt studiert: Carl Zuckmayer, Marion Gräfin Dönhoff, Ludwig Erhard, Theodor W. Adorno, Ruth Moufang, Gisèle Freund, Christiane Nüsslein-Volhard, Elisabeth Schwarzhaupt.

Otto Stern steht in einem weißen Kittel in einem Labor und betrachtet seine Versuchskonstruktion. Dabei sind mehrere Gefäße aus Glas mit Schläuchen und anderen Vorrichtungen verbunden. Otto Stern hat eine Zigarre in seinem Mund und mit seiner linken Hand werkelt er an der Konstruktion.

Otto Stern in seinem Labor.

Privatarchiv von Horst Schmidt-Böcking

Aus Anlass von Goethes 100. Todesjahr benannte sich die Universität von der „Königlichen Universität“ 1932 in „Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main“ um als hoffnungsvolles Zeichen für die politische Zukunft mit Reverenz an den „Sohn Frankfurts“ und „Repräsentanten der bürgerlichen Ordnung“, so Thomas Mann in seiner letzten großen Rede in der Weimarer Republik am 18. März 1932 in der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin. Der neue Name konnte indes nicht verhindern, dass die Zeit der liberalen Universität ihrem Ende zuging; schon bei der Umbenennung war der Druck von Seiten nationalistischer Studenten und Dozenten groß.

Universität und Nationalsozialismus

Nach Hitlers „Machtergreifung“ wurden jüdische und politisch unliebsame Wissenschaftler und Studenten aus den deutschen Universitäten vertrieben und auf der Grundlage der neuen Gesetze verfolgt. In Frankfurt verloren im Frühjahr 1933 128 von 351 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihre Lehrbefugnis, das entsprach deutlich mehr als einem Drittel des Lehrkörpers. Die Entlassungen trafen hier mehr Menschen als an jeder anderen deutschen Universität. Als jüdisch gelesene Studentinnen und Studenten wurden zwangsexmatrikuliert und mussten ihr Studium abbrechen. Jüdische Universitätsstiftungen wurden arisiert, andere Einrichtungen wie das Institut für Sozialforschung gingen ins Exil.

Die Frankfurter Universität stand besonders unter Druck: Die städtische NS-Führung setzte sich für den Erhalt der Universität ein, allerdings unter der Bedingung, dass sie an den NS-Ordnungsrahmen angepasst würde. Eine junge Universität ohne lange Tradition, aber mit Potenzial im Hinblick auf die Verwirklichung der NS-Ideologie – sie erschien besonders gestaltbar und aufnahmefähig für Bildungsziele des Dritten Reichs.

Die Aula im Jügelhaus, in der eine Fahne mit Hakenkreuz aufgehängt wurde. Es sind Bombenschäden zu erkennen. Im Hintergrund sind eine Vielzahl auf einen Haufen aufgestellte Stühle zu sehen.

Die Aula im Jügelhaus nach einem Bombenangiff im Jahr 1944.

Universitätsarchiv Frankfurt am Main

Sie sah bald eine NS-Mobilisierung von Ressourcen in Verkehrung des Stifterwillens, in der Umgestaltung von Leitungsgremien und institutionellen Strukturen, die für den Stiftungscharakter standen, der Ausrichtung an kriegsrelevanter Forschung (Kriegs-/Rüstungsforschung), über die Einführung neuer Studiengänge wie Wehrwissenschaft und Völkerkunde bis hin zur Neugründung eines Instituts für Erbbiologie und Rassenhygiene und der Beteiligung an Humanexperimenten.

Aus der weltoffenen und liberalen Frankfurter Universität war eine „gleichgeschaltete" Hochschule geworden.

Wiedereröffnung 1946: „Stunde Null“

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau der zerstörten Gebäude fand die Frankfurter Universität erneut ihren Platz in der deutschen Universitätslandschaft. Die Wiedereröffnung konnte im Februar 1946 stattfinden: Mit der „Stunde Null“ stellte sich die Frage, wie eine Erneuerung der Universität aussehen konnte im Ringen um Demokratisierung, akademische Freiheit, das Verhältnis von Wissenschaft und Universität, Politik und Staat. Die Universität blieb eine städtische Stiftung; allerdings beteiligte sich das Land Hessen nun an den Kosten. Max Horkheimer kehrte aus den USA zurück, war zunächst Rektor der Universität, dann Leiter des ebenfalls zurückgekehrten Instituts für Sozialforschung.

Brennpunkt der Studentenproteste

Die Universität wuchs, neue Fächer kamen hinzu. 1967 wurde die Goethe-Universität zur Landesuniversität. Die fünf Fakultäten wurden in 19 Fachbereiche aufgeteilt. Dass die organisatorische Umgestaltung nicht auch eine Reform der Lehrinhalte und -formen mit sich brachte, belebte die studentischen Proteste der Jahre 1968 und 1969. Die Goethe-Universität wurde neben der Freien Universität Berlin zum Hauptschauplatz der Studentenbewegung. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund benannte die Hochschule symbolisch in „Karl-Marx-Universität“ um, das Rektorat wurde besetzt, in Teach-ins und Sit-ins wurden neue Lehrformen ausprobiert. Studentenvertreter und Adorno-Doktorand Hans-Jürgen Krahl fand sich wegen der Besetzung des Instituts für Sozialforschung vor Gericht wieder. Eine Folge der Proteste war ein erweitertes Mitspracherecht für alle Statusgruppen der Universität.

Historische Aufnahme aus dem Jahr 1968. Studierende haben ein Gebäude der Goethe-Universität mit der Aufschrift "Karl Marx Universität" überklebt und stehen vor dem Eingang des Gebäudes.

Aus der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität wurde im Jahr 1968 vorübergehend die Karl-Marx-Universität.

Universitätsarchiv Frankfurt am Main

Waren es im Kriegswinter 1914/15 rund 600 Studierwillige, die der Rektor jeweils mit Handschlag begrüßte, zählt die Goethe-Universität heute mit mehr als 40.000 Studierenden zu den zehn größten Universitäten in Deutschland. Mit den derzeit fünf Standorten – der ab 2001 bezogene Campus Westend ist inzwischen Sitz der meisten Fächer und der Zentralverwaltung – ist die Goethe-Universität in Frankfurt äußerst präsent, ganz im Sinne der Gründungsidee. Nach wie vor sieht man sich hinsichtlich der Forschungsthemen und des Studienangebots im Dienst der Gesellschaft.

Historische Aufnahme aus dem Jahr 1986. Theodor W. Adorno , Hans-Jürgen Krahl und KD Wolf sitzen auf der Buchmesse 1968 an einem Podium.

Theodor W. Adorno (von links), Hans-Jürgen Krahl und KD Wolf auf der Buchmesse 1968.

Barbara Klemm

Goethe-Universität im 21. Jahrhundert

Seit 2008 knüpft die Goethe-Universität wieder an die Tradition als Stiftungsuniversität an: als autonome Bürgeruniversität, eingebettet in die Stadtgesellschaft und mit einem hohen Maß an gesellschaftlicher Teilhabe und Förderung. Die Frankfurter Universität ist eine international aufgestellte Volluniversität, die sich durch exzellente Forschungsschwerpunkte in sechs interdisziplinären, fachbereichsübergreifenden Profilbereichen ebenso auszeichnet wie durch die Vielfalt ihrer Fächer in Geistes-, Sozial-, Gesellschafts-, Natur- und Lebenswissenschaften und Medizin. Mit der TU Darmstadt und der Universität Mainz bildet sie das Bündnis Rhein-Main-Universitäten (RMU). Sie gehört den „German U15“ an, dem Zusammenschluss der 15 forschungsstärksten medizinführenden Universitäten Deutschlands, und bildet zusammen mit 15 außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Rhein-Main-Gebiet das Wissenschaftsnetzwerk „Frankfurt Alliance“.

Spatenstich für ein neues Gebäude am Campus Riedberg. Sechs Personen stehen in einer Reihe und haben jeweils eine Schaufel in der Hand und werfen damit Erde weg. Unter den Personen ist der Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff und die damalige Wissenschaftsministerin Angela Dorn.

Spatenstich für den Fachbereich Mathematik und Informatik, eines der letzten Gebäude am Campus Riedberg.

Uwe Dettmar

Skulptur Body of Knowledge am Campus Westend

Marc Jaquemin

Leitbild der Goethe-Universität

Die Goethe-Universität ist eine weltoffene Werkstatt der Zukunft mitten in Europa. 1914 von Bürger*innen für Bürger*innen gegründet, hat sie seit 2008 als autonome Stiftungsuniversität wieder an diese Tradition angeknüpft.

Personen bewegen sich vor dem Hörsaalzentrum auf dem Campus Westend

Marc Jaquemin

Unsere Strategie

Damit die Goethe-Universität ihren Auftrag im Sinne ihrer Vision und ihres Leitbilds erfüllen kann, braucht sie eine Strategie. Der Hochschulentwicklungsplan formuliert die nötigen Ziele und Planungen.

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