Unsere Pressemitteilungen informieren Sie über aktuelle Ereignisse aus der Universität. Dazu zählen neue Forschungsergebnisse, universitäre Themen und Veranstaltungsankündigungen. Sie wollen regelmäßig über Neuigkeiten aus der Goethe-Universität informiert werden? Abonnieren Sie unsere Pressemitteilungen.
Die Themenvielfalt reicht von Künstlicher Intelligenz über Herzforschung bis hin zum Kinderbuchautor Otfried Preußler
Mit der Bürger-Universität pflegt die Goethe-Universität jedes Semester den offenen Dialog mit der Stadtgesellschaft. Das aktuelle Programm umfasst ein umfangreiches Angebot aus Vorträgen, Gesprächsrunden, Ausstellungen, Führungen und Universitätskonzerten.
FRANKFURT. Wie können die Arzneimittel der Zukunft gezielt an eine Tumorzelle transportiert werden - und warum werden durch diese Arzneimittel auch gezieltere Therapien für Kinder möglich? Was haben Philosophie, Gesetzgebung und Neurologie zur Diskussion über Künstliche Intelligenz beizutragen?
Für das aktuelle Programm der Bürger-Universität haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Fach- und Landesgrenzen hinweg zusammengetan, um der Frankfurter Stadtgesellschaft Wissen näherbringen. Sie wollen Fragen zu grundlegenden und aktuellen Themen aufgreifen und im offenen Dialog über Lösungswege diskutieren. Etwa mit Gesprächen über die Fragen „Was ist Solidarität“ und „Was ist autoritär“, mit Vortragsreihen zur Rechtsmedizin, zu Herz-Kreislaufforschung und Herzmedizin, zu Klimawandel und Strafrecht, zu politischer Entscheidungsfindung in der Spieltheorie, zur Geschichte der amerikanischen Ureinwohner und zu neuen Perspektiven auf den Erfolgsautor Otfried Preußler.
Neben Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Streitgesprächen und neuerdings einer lockeren Gesprächsrunde in einem Café enthält das Programm auch Informationen über Campusführungen, Dialog-Spaziergänge zu Nachhaltigkeit, Führungen zum Beispiel im Skulpturensaal, Universitätskonzerte sowie Ausstellungen wie etwa die „Von Listen und Lücken“ in der Universitätsbibliothek.
Das Programm der Bürger-Universität liegt an öffentlichen Einrichtungen der Stadt aus und ist im Online-Kalender der Goethe-Universität einsehbar unter: www.buerger.uni-frankfurt.de/
Die erste Bürger-Universität startete im Jahr 2008. In diesem Jahr kehrte die Goethe-Universität zu ihren Wurzeln als Stiftungsuniversität zurück, als die sie 1914 von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern gegründet worden war.
Weitere Informationen
PR & Kommunikation
Goethe-Universität
E-Mail buergeruni@uni-frankfurt.de
www.buerger.uni-frankfurt.de
Redaktion: Pia Barth, Referentin für Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation, Telefon 069 798-12481, Fax 069 798-763-12531, p.barth@em.uni-frankfurt.de
9 Millionen Euro für die Forschungsgruppen HERZBLUT und LawFin
Die Goethe-Universität war in der jüngsten Vergaberunde der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit zwei Forschungsgruppen erfolgreich: Neu eingerichtet wird die Forschungsgruppe 5643 „HERZBLUT“ in der Medizin, die sich mit Mutationen in weißen Blutzellen befasst (Klonale Hämatopoese), welche das Risiko unter anderem von Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs erhöhen. Die Kollegforschungsgruppe 2774 „LawFin“ der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften zum Zusammenspiel zwischen (Finanz-)Märkten und der Rechtsordnung geht in die zweite Förderphase. Die Verbünde werden mit insgesamt rund 9 Millionen Euro gefördert.
FRANKFURT. Der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Enrico Schleiff, gratulierte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der beiden erfolgreichen Forschungsgruppen: „Die Kolleginnen und Kollegen bearbeiten zwei äußerst wichtige gesellschaftliche Themenfelder. In der neuen Forschungsgruppe HERZBLUT zur Untersuchung der Klonalen Hämatopoese gehen wir ein hochwichtiges Gesundheitsthema an, das viele ältere Menschen betrifft und das in enger Verzahnung von Forschung und Therapie untersucht wird, also sowohl vom Forschungslabor zum Patienten, als auch vom Patienten zurück ins Forschungslabor. HERZBLUT verbindet dabei zwei Bereiche, in denen Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt besonders stark sind: Die Herz-Kreislauf- und die Krebsforschung.“
Schleiff führte weiter aus: „Die interdisziplinäre Forschung von Ökonom:innen und Jurist:innen steht auch bei unserer Forschungsgruppe LawFin im Zentrum, die in den vergangenen vier Jahren ein internationales Netzwerk hochkarätiger Fellows aufgebaut hat. In Zusammenarbeit mit den Naturwissenschaften wird sich die Forschungsgruppe der ‚grünen' Transformation der Finanzmärkte hin zur ökologischen Nachhaltigkeit widmen und damit gesellschaftlich unmittelbar relevante Forschungsbeiträge liefern.“
HERZBLUT: Wenn Menschen altern, kann es dazu kommen, dass Klone mutierter Blutzellen wachsen – ein Prozess, der mit schwerwiegenden Krankheitsfolgen einhergehen kann, zum Beispiel mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einer krankhaften Vermehrung von Blutzellen wie bei der Leukämie. Mehr als 20 Prozent der Über-65-Jährigen sind davon betroffen. Welche biologischen Vorgänge liegen dem zugrunde? Welche Gene sind vorwiegend von den Mutationen betroffen? In welchen Fällen leiden auch jüngere Menschen? Diesen Fragen geht die Forschungsgruppe „Klonale Hämatopoese: Pathomechanismen und klinische Konsequenzen im Herzen und Blut (HERZBLUT)“ nach, deren Sprecher Prof. Michael Rieger am Fachbereich Medizin der Goethe-Universität sowie am Universitätsklinikum Frankfurt tätig ist. Forscherinnen und Forscher aus Grundlagenforschung und Klinik möchten gemeinsam verstehen, wie der Prozess genau verläuft und wie er mit verschiedenen Krankheiten zusammenhängt. Ziel ist es, die neuen Erkenntnisse für therapeutische Anwendungen nutzen zu können. Die interdisziplinäre Forschungsgruppe FOR 5643 mit Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität und der Universität Gießen wird für vier Jahre mit 5,7 Millionen Euro von der DFG gefördert.
LawFin: Für eine zweite Förderperiode verlängert wird die interdisziplinäre Kollegforschungsgruppe „Foundations of Law and Finance (LawFin)“. Der von dem Ökonomen Rainer Haselmann und dem Juristen Tobias Tröger gemeinsam geleitete Verbund von Wissenschaftler:innen der Goethe-Universität und des Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE zielt darauf ab, das Verständnis für das Zusammenspiel zwischen (Finanz-)Märkten und der Rechtsordnung als sich dynamisch entwickelndem System zu verbessern. Dabei soll auch aufgezeigt werden, wie die theoretische und empirische Forschung in der Finanzökonomie und der Rechtswissenschaft die gewonnenen Erkenntnisse am besten reflektieren kann. Trotz seiner relativ jungen Geschichte konnte sich LawFin als global sichtbare Institution mit klarem Profil etablieren. In der zweiten Förderphase will man gezielt das Potential und die Defizite „grüner“ Finanzmarktregulierung zur Verwirklichung ökologischer Nachhaltigkeitsziele beleuchten. Der Verbund wird für weitere vier Jahre mit 3,4 Millionen Euro von der DFG gefördert.
Hintergrundinformationen:
Wenn mutierte Blutzellen dem Herzen schaden (Forschung Frankfurt 2.2019)
https://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de/83884119.pdf
Center for Advanced Studies on the Foundations of Law and Finance https://www.lawfin.uni-frankfurt.de/
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Schwiete Cosmochemistry Laboratory ist einziges Labor außerhalb der USA, das den Asteroidenstaub untersuchen wird
Am 24. September ist die Materialprobe eines der ursprünglichsten
Objekte unseres Sonnensystems auf der Erde eingetroffen: Eine NASA-Raumsonde
hat im Vorbeiflug eine Kapsel mit über 200 Gramm Staub des Asteroiden Bennu
abgeworfen, den sie drei Jahre zuvor besucht hatte. Das Material wird im neuen
Schwiete Cosmochemisty Laboratory der Goethe-Universität untersucht werden, das
heute eingeweiht wurde. Kernstück des Labors ist ein hochmodernes
Transmissionselektronenmikroskop (TEM), das die chemische und strukturelle
Analyse winziger Materialproben erlaubt. Die Investition tragen die Dr. Rolf M.
Schwiete Stiftung, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Land Hessen.
FRANKFURT. Aus
dem Staub, der unsere junge Sonne umkreiste, entstanden im Laufe der Zeit nicht
nur die Planeten, sondern auch Millionen Materiebrocken. Rund 800.000 von ihnen
kreisen heute im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter um die Sonne, ein
Teil, die so genannten NEAs (Near Earth Asteroids) kommen gar der Erde immer
wieder recht nahe. Viele Asteroiden haben sich seit ihrer Entstehung kaum
verändert und stellen damit eine Art geologisches Archiv des Sonnensystems dar.
Aus diesem Grund schickte die amerikanische Weltraumbehörde NASA
2016 die Raumsonde OSIRIS-REx zu dem erdnahen Asteroiden Bennu, einem nur 500
Meter großen Himmelskörper, der zu den ursprünglichsten Objekten unseres
Sonnensystems zählt. 2020 entnahm OSIRIS-REx mit einer Art Staubsauger rund
220 Gramm Material von Bennus Oberfläche und kehrte damit zur Erde zurück. Im
Vorbeiflug warf die Sonde am 24. September eine Kapsel mit dem Asteroidenstaub
ab. Wenige Gramm des kostbaren Materials werden Mitte Oktober an der
Goethe-Universität erwartet. Hier wird der Staub in dem heute eingeweihten
Schwiete Cosmochemisty Laboratory untersucht werden. Das Labor an der
Goethe-Universität ist eines von nur vier TEM-Laboren und das einzige außerhalb
der USA, die mit dieser Art der Analyse des Materials betraut wurden.
Zusätzlich nutzt das Team rund um Prof. Brenker noch die Synchrotronstrahler
ESRF in Grenoble und DESY in Hamburg für ihre hoch spezialisierten
Untersuchungen.
Der Nano-Geowissenschaftler Prof. Frank Brenker von der
Goethe-Universität erklärt: „Material von Asteroiden untersuchen zu dürfen, ist
etwas ganz Besonderes. Denn anders als bei Meteoriten, die auf der Erde
einschlagen, hat Asteroidenmaterial keinen Kontakt zur Erdatmosphäre gehabt,
und wir können es in dem Zustand untersuchen, wie es draußen im Weltall
vorliegt. Wir werden in der Materialprobe von Bennu unter anderem die Menge und
die Verteilung sogenannter Seltenerdmetalle bestimmen, was wichtige
Rückschlüsse auf die Entwicklung unseres Sonnensystems und der Erde zulassen
wird.“
Dazu können die Wissenschaftler:innen jetzt ein Hightech-Mikroskop
im neuen Schwiete Cosmochemisty Laboratory an der Goethe-Universität nutzen,
ein sogenanntes Hochleistungs-Transmissionselektronenmikroskop. Der
Stiftungsvorstand der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung, Dr. Jürgen Staiger, sagte
auf der Einweihungsfeier: „Prof. Brenker hat an der Goethe-Universität
Verfahren zur Untersuchung sensibler Proben etabliert, die nur wenige
Wissenschaftsteams weltweit beherrschen. Wir freuen daher, dass wir bei der Anschaffung
des Transmissionselektronenmikroskops maßgeblich unterstützen und auf diese
Weise Spitzenforschung in der Geo- und Kosmochemie fördern konnten. Wir sind
jetzt sehr gespannt darauf, was die Forschungsergebnisse uns über die
Entstehung unseres Planeten verraten werden.“
Hintergrundinformation:
NASA:
Geowissenschaftler der Goethe-Uni wird erneut exklusive Proben von Asteroiden
untersuchen (2022):
https://aktuelles.uni-frankfurt.de/forschung/geowissenschaftler-der-goethe-uni-wird-erneut-exklusive-proben-von-asteroiden-untersuchen/
Schwiete-Stiftung: https://schwiete-stiftung.com/
Bilder zum Download:
https://www.uni-frankfurt.de/143420231
Bildtext: Dr. Jürgen Staiger, Schwiete-Stiftung (l), und Prof. Frank
Brenker, Goethe-Universität, vor dem neuen
Hochleistungs-Transmissionselektronenmikroskop im Schwiete Cosmochemisty
Laboratory der Goethe-Universität. Foto: Uwe Dettmar
Weitere Informationen
Prof.
Dr. Frank Brenker
Arbeitsgruppe NanoGeoscience
Institut für Geowissenschaften
Goethe-Universität Frankfurt
Tel.: (069)-798 40134
f.brenker@em.uni-frankfurt.de
Twitter/X: @goetheuni
Redaktion: Dr. Markus Bernards, Referent für
Wissenschaftskommunikation, Büro für PR & Kommunikation,
Telefon 069 798-12498, Fax
069 798-763-12531, bernards@em.uni-frankfurt.de
Analyse anhand von Bohrkernen zeigt verlangsamtes Wachstum in jüngerer Erdgeschichte
Welche Bedeutung bestimmte Korallenarten für die Riffbildung während der vergangenen 9.000 Jahre hatten, hat jetzt ein Team von Wissenschaftlern der Goethe-Universität Frankfurt sowie Partnern aus Deutschland, den USA und Kanada analysiert. Dazu untersuchten und datierten die Forscher Korallenskelette in Bohrkernen, die den Riffen in Belize entnommen worden waren. Die Ergebnisse zeigen nicht nur, dass bestimmte Korallenarten in der Vergangenheit aufgrund von Klimaveränderungen für längere Zeiträume verschwanden. Die Studie identifiziert zudem eine weitere klimabedingte Gefahr: Neben der Erwärmung und Versauerung der Ozeane bedroht auch der steigende Meeresspiegel die Korallenriffe, deren Wachstumsraten mit der höheren Anstiegsrate nicht mithalten können.
FRANKFURT.
Tropische Korallenriffe könnten zu den ersten Opfern des Klimawandels gehören.
Der Lebensraum dieser Zentren der marinen Vielfalt wird nicht nur durch die
globale Erwärmung, die Versauerung der Ozeane, die Verschlechterung der
Wasserqualität sowie durch Krankheiten von riffbildenden Organismen bedroht.
Zudem sind die Riffe nicht in der Lage, in ihrem Wachstum mit dem
prognostizierten Meeresspiegelanstieg Schritt zu halten. Zu diesem Schluss
kommt ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern des Instituts für
Geowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, der Firma ReefTech Inc.,
des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung, des Department of Earth and
Environmental Sciences der Universität Ottawa und des GSI Helmholtzzentrum für
Schwerionenforschung. Ihre Ergebnisse basieren auf der Untersuchung von 22
Bohrkernen, die aus den Atollen und dem Barriereriff in Belize, dem größten
Riffsystem im Atlantik, entnommen wurden, und anhand derer die
Korallenwachstumsraten der vergangenen 9.000 Jahre, also in der aktuellen
geologischen Epoche des Holozäns, bestimmt und datiert wurden.
Zusammen mit anderen Wissenschaftlern analysierte Prof. Eberhard
Gischler, Leiter der Arbeitsgruppe Biosedimentologie am Institut für
Geowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, die Proben, die er und Dr.
J. Harold Hudson aus Miami zwischen 1995 und 2002 entnommen hatten. Durch die
Untersuchung der Bohrkerne – die zusammen 215 Meter lang sind – „konnten wir
die Umweltbedingungen im Holozän detailliert und systematisch rekonstruieren.
Auf diese Weise konnten wir bestimmen, ob der gegenwärtige Rückgang der
Korallen und Korallenriffe tatsächlich beispiellos ist“, so Gischler. Insgesamt
datierten die Wissenschaftler 127 Korallenfragmente mithilfe von
Radioisotopenmethoden und werteten die Veränderungen der Korallenfauna in der
Zeit mithilfe statistischer Tests aus, basierend auf mehr als 1100 fossilen
Korallen. Durch die Radioisotopen-Datierung kann das Alter eines Materials
anhand der Zerfallsraten der in der Probe enthaltenen radioaktiven Stoffe
bestimmt werden.
Danach ermittelte das Team die räumlichen Abstände zwischen den
Korallen in den Bohrkernen und bestimmte auf diese Weise ihre Wachstumsraten.
Gischler: „Unsere Daten zeigen insgesamt einen Rückgang der
Korallenwachstumsraten in Belize während des Holozäns. Mit 3,36 Millimetern pro
Jahr liegen die durchschnittlichen Wachstumsraten der Riffränder zwar gleichauf
mit denen in anderen Regionen des westlichen Atlantiks, sind allerdings etwas
niedriger als im Indopazifik.“ Dies habe Auswirkungen auf die Zukunft vor allem
tropischer Inselstaaten, die auf Korallenriffen basieren oder von ihnen
geschützt werden, und muss auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel betrachtet
werden, erklärt Gischler. „Die Wachstumsraten liegen am unteren Ende der
Prognosen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten
Nationen für den Anstieg des Meeresspiegels bis 2100.“
Die Forschungsergebnisse bestätigen den drastischen Rückgang
lebender Korallen in der Karibik, wo viele Riffe inzwischen von Algen und unkrautartig
wachsenden, generalistischen Korallenarten dominiert werden. Mit Blick auf die
Entwicklung in der Vergangenheit stellten Gischler und seine Kollegen fest,
dass stressresistente, riffbildende Korallen in den älteren Bohrkernabschnitten
vorherrschen. „Am unteren Ende unserer Bohrkerne, das direkt über älterem,
pleistozänem Riffkalk liegt, sind Pseudodiploria-Gehirnkorallen und
Orbicella-Sternkorallen am häufigsten anzufinden – ein Indikator dafür, dass
Mitglieder der Familie stresstoleranter Arten eindeutig dominieren“, erklärt
Gischler. Sobald der Riffsockel jedoch vollständig überflutet war und sich die
Umweltbedingungen verbesserten, nahm die Häufigkeit dieser Korallenarten ab.
Der Wechsel von Steinkorallen zu Algen und von gewöhnlichen
Riffbauern zu unkrautartig wachsenden Arten unterstreicht laut den Autoren die
zunehmende Bedeutung der Fertilität für die Korallengemeinschaft.
Offensichtlich hilft ihnen genau diese Eigenschaft dabei, mit zunehmendem
Umweltstress fertig zu werden.
Wachstumslücken im Vor-Anthropozän
Ein weiteres interessantes Detail, das die Bohrkerne zutage
förderten, sind drei mehrere Hundert Jahre lange Lücken im Fossilbericht der
schnell wachsenden, kompetitiven „Elchhornkoralle“ Acropora palmata in
Belize – vor etwa 2.000, 4.000 sowie 5.500-6.000 Jahren. Die erste und die
letzte stimmen mit den beiden Acropora-Lücken auf den Jungferninseln und in der
Karibik überein und deuten wahrscheinlich auf Perioden höherer Temperaturen und
vermehrter Sturmaktivität sowie auf eine geringere Nährstoffzufuhr als mögliche
Ursachen hin, so die Forscher.
Im Unterschied dazu überschneidet sich die Lücke von vor rund
4.000 Jahren mit einem möglichen Massensterben weidender Stachelhäuter in der
Region, was zu einem Anstieg des Vorkommens von Algen geführt haben könnte.
Eine weitere mögliche Ursache für das Massensterben, die von den Autoren
aufgeführt wird, ist ein möglicher Zusammenhang mit dem so genannten 4.2
k-Ereignis, einer Klimaveränderung, von der man annimmt, dass sie zu einer
Dürre in den mittleren Breiten Nordamerikas und einer erhöhten
Meeresoberflächentemperatur in den tropischen Ozeanen geführt hat.
Publikation: Eberhard
Gischler, J. Harold Hudson, Anton Eisenhauer, Soran Parang & Michael
Deveaux: 9000 years of change in coral community structure and accretion in
Belize reefs, western Atlantic. Scientific Reports 13:11349 (2023), https://doi.org/10.1038/s41598-023-38118-5
Bilder
zum Download: https://www.uni-frankfurt.de/143126023
Bildtext:
Foto 1: Das
obere UW-Foto zeigt einen Korallenriffsaum in Belize mit schnell wachsenden,
lebenden verzweigten Acropora- (Elchhorn-) und plattenförmigen Millepora-
(Feuer-) Korallen. Das untere UW-Foto zeigt abgebrochene Äste abgestorbener
Acropora-Korallen, die von unkrautartig wachsenden Hügel- und Fingerkorallen
(Porites) sowie Algen überwuchert werden. Foto: Eberhard Gischler
Foto 2: Eberhard Gischler (links; an der Winde), Harold Hudson (Mitte;
auf dem Stativ) und der belizische Assistent Eric Vasquez bei der Entnahme von
Bohrkernen mit einem hydraulischen Rotationsbohrer auf dem Riffdach des
Barriereriffs von Belize. Foto: G. Meyer
Redaktion: Leonie Schultens, Internationales, Büro für PR &
Kommunikation, Telefon 069
798-12473, E-Mail schultens@em.uni-frankfurt.de