Dr. Kevin Bork untersucht die rechtlichen Mechanismen von Rückversicherungsverträgen
FRANKFURT. Haftpflicht, Brandschutz, Unfall – der moderne Mensch sichert sich nach Möglichkeit gegen die Risiken des Lebens ab. Doch was, wenn das Versicherungsunternehmen nicht zahlen kann? Absicherung schafft unter anderem die Rückversicherung. Der Jurist Dr. Kevin Bork hat in seiner Dissertation untersucht, inwiefern der Versicherer auf die Leistung seines Versicherers berechtigterweise vertrauen darf.
Die moderne Zivilgesellschaft ist ohne die durch Versicherung
möglich gewordene Absicherung nicht denkbar. Das System ist jedoch nur dann
funktionsfähig, wenn der Versicherungsnehmer darauf vertrauen darf, dass sein
Versicherer im Schadensfall finanziell in der Lage ist, die vereinbarte
Leistung zu erbringen. In der Praxis wird dies durch umfangreiche
Kapitalreserven der Versicherungsunternehmen gewährleistet, aber auch durch die
„Versicherung der Versicherung“, die sogenannten Rückversicherer.
Dieser Rückversicherungsmarkt unterliegt zwar ebenso der
staatlichen Aufsicht, der Gesetzgeber verzichtet jedoch im Gegensatz zu dem
Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer auf eine gesetzliche
Regelung des Rückversicherungsvertrages mit dem Argument, die Vertragsparteien
bedürften aufgrund ihrer Professionalität keines besonderen Schutzes. Bislang
weitgehend unbeachtet blieb dabei der Umstand, dass die Ausgestaltung des
Rückversicherungsvertrages in seinen Rechten und Pflichten durchaus
Auswirkungen auf das Verhalten des Versicherers gegenüber seinen
Versicherungsnehmern, also den Verbrauchern, hat. Am deutlichsten tritt dieses
Phänomen am Beispiel der sogenannten Folgepflicht auf, nach welcher die
Entscheidungen des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer auch für den
Rückversicherer bindend sind. Die Folgepflicht besagt, dass der Rückversicherer die
Entscheidung des Versicherers, ob und in welcher Höhe er einen Schaden ersetzt,
(in bestimmten Grenzen) gegen sich gelten lassen muss, d.h. nicht noch einmal
die rechtliche Frage der Leistungspflicht des Versicherers bewerten darf. Um
die Grenzen dieser Folgepflicht ranken sich die unterschiedlichsten Legenden.
Die Arbeit räumt hiermit auf und ergründet einen neuen dogmatischen Ansatz für
die Folgepflicht.
Die Grenzen der Folgepflicht sind bis heute nicht klar definiert
oder dogmatisch ergründet – und das trotz Beitragseinnahmen der Rückversicherungsbranche
in Höhe von mehr als 200 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2017. Der
Rechtsanwender wird bislang pauschal auf die englische Rechtsprechung,
vermeintlich bestehende Handelsbräuche und vielsagende allgemeine
vertragsrechtliche Grundsätze verwiesen. Vor diesem Hintergrund führt die
Arbeit die Folgepflicht erstmals einer umfassenden Würdigung zu und ergründet
ein weiteres Verständnis der Folgepflicht auf Basis eines neuen dogmatischen
Ansatzes. Mehr Rechtssicherheit würde, so der Autor, zu einem kalkulierbareren
Rückversicherungsschutz führen und so letztlich nicht nur den Parteien des
Rückversicherungsvertrages, sondern mittelbar auch der modernen
Zivilgesellschaft und ihren Individuen dienen, da sie eine Bewertung durch die
staatliche Aufsicht ermöglicht und so langfristig die Leistungsfähigkeit des
Versicherers sichert.
Publikation: Kevin Bork, Tension of
Reinsurance: die Folgepflicht des Rückversicherers im Licht des
Regulierungsermessens des Erstversicherers (Diss. 2019), XXIII + 406 Seiten,
RuR 67 (Reihe »Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung«, hrsg. von der
Gesellschaft für Rechtsvergleichung e.V.; ISSN: 1861-5449), Mohr Siebeck,
Tübingen; ISBN: 978-3-16-158934-8.
Informationen: Dr. Kevin Bork, Telefon
+49(0)69 798-33770, E-Mail bork@jur.uni-frankfurt.de