Der allererste Paul Ehrlich-Preis

Schon der erste Paul-Ehrlich-Preis ehrte einen künftigen Nobelpreisträger. Er wurde am 14. März 1930 im Beisein seiner Stifterin Hedwig Ehrlich in der Aula der Universität Frankfurt verliehen. An Karl Landsteiner, der entdeckt hatte, dass es beim Menschen Blutgruppen gibt, und damit gefahrlose Bluttransfusionen möglich machte. Neun Monate später nahm Landsteiner dafür in Stockholm den Nobelpreis für Medizin entgegen.

Landsteiner, 1868 in Wien geboren, hatte im Jahr 1929 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Er arbeitete seit 1922 am Rockefeller-Institut in New York. Weil er „leider verhindert war, der Feier persönlich beizuwohnen, stellte er das Manuskript eines Vortrages zur Verfügung. Prof. v. Mettenheim, als Dekan der medizinischen Fakultät, stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrates, brachte diesen Vortrag zur Verlesung. Landsteiner schildert darin in seiner bescheidenen Weise, wie er auf Ehrlichs Ideen seine eigenen Forschungen aufgebaut“, heißt es in dem vom Schriftführer der Paul-Ehrlich-Stiftung verfassten Versammlungsbericht . Der Ludwig-Darmstaedter-Preis war damals eine eigenständige Auszeichnung.

Blut aus der eigenen Arbeitsgruppe
In ähnlich bescheidener Weise hatte Landsteiner schon die Beobachtung mitgeteilt, die von großer Bedeutung für die Medizin werden sollte. Als Assistent am Pathologisch-Anatomischen Institut der Universität Wien hatte er sich mit besonderem Interesse der Untersuchung von Blut gewidmet – speziell der Frage, warum es bei Mischungen verschiedener Spender verklumpen kann. In der Fußnote einer Publikation teilte er im Jahr 1900 mit: „Das Serum gesunder Menschen wirkt nicht nur auf tierische Blutkörperchen agglutinierend, sondern öfters auch auf menschliche, von anderen Individuen stammende. Es bleibt zu entscheiden, ob diese Erscheinung durch ursprüngliche individuelle Verschiedenheiten oder durch die erfolgte Einwirkung von Schädigungen etwa bakterieller Natur bedingt ist.“

Zur Entscheidungsfindung nahm Landsteiner zunächst sich selbst und seiner Arbeitsgruppe Blut ab, später auch einigen Patienten, und mischte von jeweils zwei Probanden „ungefähr gleiche Quantitäten Serum und ganz ungefähr 5% Blutaufschwemmung in 0,6%ige Kochsalzlösung“. Insgesamt kreuzte er auf diese Art Serum und Blut aus 22 Proben. Das Ergebnis: „In einer Anzahl von Fällen (Gruppe A) reagiert das Serum auf die Körperchen einer anderen Gruppe (B), nicht aber auf die der Gruppe A, während wieder die Körperchen A vom Serum B in gleicher Weise beeinflusst werden. In der dritten Gruppe (C) agglutiniert das Serum die Körperchen von A und B, während die Körperchen C durch die Sera von A und B nicht beeinflusst werden. Man kann der üblichen Ausdrucksweise zufolge sagen, dass in diesen Fällen zumindestens zwei verschiedene Arten von Agglutininen vorhanden sind, die einen in A, die anderen in B, beide zusammen in C.“

Lebensrettende Transfusionen
Wir wissen heute, dass die Gruppe C Landsteiners der Blutgruppe 0 entspricht. Kurze Zeit später entdeckten zwei Kollegen Landsteiners die weitaus seltenste der vier Blutgruppen, AB, deren Serum keine anderen Blutkörperchen agglutiniert, während ihre Körperchen durch die Sera von A und B beeinflusst werden. Agglutinierend wirken also Antikörper im Serum eines Menschen, die sich gegen Antigene A und/oder B auf der Oberfläche der Erythrozyten eines anderen Menschen richten. Bei der Übertragung von Vollblut sind Menschen mit der Blutgruppe AB demnach Universalempfänger, Menschen mit der Blutgruppe 0 Universalspender. Dank dieser Erkenntnis gelang im Jahr 1907 am Mount Sinai Hospital in New York die erste erfolgreich geplante Bluttransfusion. Zwar waren solche Transfusionen seit dem 17. Jahrhundert immer wieder unternommen, wegen der häufig damit verbundenen Todesfälle in Folge der die Blutgefäße verstopfenden Verklumpungen als therapeutische Option aber nahezu aufgegeben worden. Die Kenntnis der vererblichen Blutgruppen erwies sich zudem in der Kriminalistik und bei Vaterschaftsnachweisen als hilfreich.

Landsteiners wissenschaftliche Leistungen reichen freilich weit über seine wichtigste Entdeckung hinaus. So wies er nach, dass die Poliomyelitis (Kinderlähmung) eine Infektionskrankheit ist, verfeinerte die Diagnostik der Syphilis und beschrieb erstmals Haptene – kleine Moleküle, die erst in Verbindung mit einem Protein zu einem Antigen werden. Mit Weinsäure als Hapten zeigte er dabei erstmals, dass Antikörper in der Lage sind, Stereoisomere zu unterscheiden Als weiteres Erythrozyten-Antigen entdeckte er 1940 den Rhesusfaktor.

Mit prophetischem Gespür
Ein exzellentes Gespür für „wissenschaftliche Großtaten“ mit fast prophetischer Note bewies der Stiftungsrat übrigens bei der Vergabe des Paul-Ehrlich-Preises 1932. Er ging an Oswald Avery, der damals schon, im Alter von 54 Jahren, ein herausragender Bakteriologe war. Unvergänglichen Ruhm erwarb er sich zwölf Jahre später, als er 1944 bewies, dass die Erbinformation nicht von Proteinen, sondern von der Nukleinsäure DNA übermittelt wird. Das widersprach damals so sehr der herrschenden Meinung, dass ihm ein Nobelpreis für diese epochemachende Erkenntnis versagt blieb.

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