Ein kurzer Gesamtbericht von der Exkursion

von Sarah Mohrat, Emily Wollenweber, Fabienne Franz, Sonja Popp und Hanna Kopp (Fotos: Frank Estelmann)

 

Ziel unserer viertägigen Exkursion war der Chemin des Dames, ein Höhenzug zwischen den Städten Soissons, Laon und Reims, der im Süden vom Aisne-Tal und im Norden vom Ailette-Tal begrenzt wird. Der Schwerpunkt unserer Exkursion, die von Herrn Dr. Estelmann in Kooperation mit Herrn Prof. Dr. Müller organisiert wurde, lag auf der Bedeutung des Chemin des Dames während des Ersten Weltkriegs.

Unser erster Programmpunkt führte uns in den ehemaligen Steinbruch von Froidmont in Braye-en-Laonnois, begleitet wurden wir von Gilles Chauwin, dem Präsident der Association „Chemin des dames“. Bei diesem Steinbruch handelt es sich um eine unbekanntere, schwer zugängliche Höhle, die den Soldaten während des Ersten Weltkriegs unter anderem als Wohn- und Rückzugsort diente. An den Wänden befinden sich sogenannte „Graffitis“: Signaturen, Zeichnungen und Bilder von amerikanischen, deutschen und französischen Soldaten, die dort oftmals monatelang gelebt haben. Vor allem gibt es eine Vielzahl an Namen, die darauf hindeuten, dass die Soldaten wussten, sie würden sterben und in Form der „Graffitis“ ihre Namen für die Nachwelt hinterließen. Sehr gut erhaltene Kriegs- und Alltagsgegenstände wie Teile von Granaten, Besteck sowie allerlei Flaschen, bezeugen die Authentizität dieses Erinnerungsortes und hinterließen bei uns Besuchern eine beklemmende Atmosphäre. Gleichzeitig ist es hier möglich, vielerlei Rückschlüsse auf das alltägliche Leben der Soldaten zu ziehen: Hierzu zählen zum Beispiel Nägel in den Wänden, an denen Lebensmittel vor Ratten in Sicherheit gebracht wurden oder die Reste der an den Decken angebrachten Stromleitungen. Durch die begrenzten Höhlengänge fühlte man sich schnell erdrückt, durch die relative Größe der Höhle jedoch auch verloren. Geräusche hallen in den größeren Zwischenräumen, die die Gänge unterbrechen, wider, was auch ein Gefühl der Hilfslosigkeit hervorrief.

Des Weiteren besuchten wir an diesem Tag das Mémorial du Chemin des Dames in Cerny und den gegenüberliegenden Friedhof, auf dem französische und deutsche Soldaten beerdigt wurden. Außerdem besuchten wir das Plateau de Californie. Das dort aufgestellte Denkmal von Haïm Kern zeigt den Umgang mit den Meutereien, die eng mit der Geschichte des Chemin des Dames verknüpft sind, deutlich: Uns wurde berichtet, dass das Denkmal bereits dreimal abgerissen wurde. Das Gelände um das Plateau de Californie zeigt eine nun hundertjährige Kriegslandschaft, deutlich erkennen wir ehemalige Schützengräben und künstlich angelegte Hügel, die wohl zur Deckung dienten. Auf dem Rückweg besichtigten wir Vieux Craonne. Heute bleibt davon nur eine ehemalige Dorfstraße sowie der alte Friedhof mit verschobenen Grabplatten und zerstörten Gedenksteinen. Nur dadurch war noch erkennbar, dass an diesem Platz mal ein Dorf stand, welches während des Ersten Weltkriegs komplett zerstört und anschließend einige Kilometer weiter neu aufgebaut wurde. Diese Plätze und die Zerstörung ganzer Orte selbst zu sehen, führen einem das Bewusstsein und die Grausamkeit des Krieges direkt vor Augen. Dieser Platz erinnert immer noch durch Tafeln an die Zahl der Befehlsverweigerer und die lange Verschwiegenheit, die sich gegen die offene Auseinandersetzung mit der Geschichte richtete.

Am Sonntag besuchten wir gemeinsam das Museum der Caverne du Dragon, ursprünglich eine Höhle, die ebenfalls während des Ersten Weltkriegs eine wichtige strategische Rolle einnimmt. In ihr lebten zeitweise französische und deutsche Soldaten nur durch eine Mauer voneinander getrennt. Als Teilnehmer an einer französischen Führung durch das Museum erfuhren wir von der Bedeutung der Höhle sowie von den Lebensumständen der Soldaten. Später entstand außerdem eine lebhafte Diskussion über den museal aufgearbeiteten Erinnerungsort, der einen deutlichen Gegensatz zu der zuerst besuchten Höhle darstellte.

Nach der Besichtigung der Caverne du Dragon fuhren wir nach Laffaux. Dort waren wir mit dem Bürgermeister Jean-Pierre Leguiel und seiner Frau Sylvie zum Mittagessen in der Mairie verabredet. Während des Aperitifs erzählte er uns zusammengefasst die Geschichte des Ortes, insbesondere während und nach dem Ersten Weltkrieg.

Laffaux war ein wichtiger Kriegsschauplatz und wurde zwischen 1914 und 1918 nahezu vollständig zerstört. Im Versammlungsraum der Mairie lagen dazu viele eindrucksvolle Fotografien aus, die den Ort vor und nach dem Ersten Weltkrieg zeigten. Nach 1918 konnte der Ort mit Hilfe ausländischer Sponsorengelder, unter anderem aus Indochina, teilweise wieder aufgebaut werden. Nach dem Mittagessen unternahmen wir gemeinsam einen Spaziergang durch den neuen und den alten Ortskern von Laffaux, wo, abgesehen von einzelnen Mauerresten, kaum noch etwas zu sehen ist. Im neuen Ortskern von Laffaux wurde eine auf den ersten Blick für den kleinen Ort überdimensional wirkende Kirche erbaut, die einen Ort des Friedens darstellen soll und nach dem Krieg lange für große Gedenkgottesdienste verwendet wurde, heute aber praktisch leer steht und verfällt.

Am Nachmittag besichtigten wir den Jardin de mémoire am Gedenkort Moulin de Laffaux, in der Nähe des Ortes, der erst vor kurzem eingeweiht wurde. Verschiedene Hinweistafeln und Statuen erläutern dort die Kriegshandlungen rund um Laffaux und den Chemin des Dames. Mittelpunkt des Gartens ist das große Nationaldenkmal der Crapouillots. Dieses „Mahnmal“ wurde aufgrund seiner eigenwilligen äußeren Form (ähnelt einer Granate) in der Gruppe kontrovers diskutiert.

Die Bedeutung des Chemin des Dames wurde uns während der Exkursion sehr deutlich, einerseits durch den Besuch der Erinnerungsorte und der Gedenkstätte, aber vor allem durch die aufschlussreichen und informativen Gespräche zwischen den Studierenden, den Dozenten und den Personen vor Ort, durch die wir einen ganz anderen Teil des ersten Weltkriegs wahrnehmen konnten und dadurch um eine Sichtweise bereichert wurden.